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Emily, allein

Emily, allein

Titel: Emily, allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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gerichtet. Ihr Mund stand offen und bewegte sich nicht.
    «Aaah waaah», sagte sie. «Aaah laaah.»
    In dem Augenblick, bevor Arlene nach vorn kippte, wich Emily reflexartig einen Schritt zurück, als wollte sie ihr für den Sturz Platz machen, obwohl sich zwischen ihnen das Buffet befand. Ihren Teller noch immer umklammernd, stürzte Arlene und prallte mit dem Gesicht auf den Niesschutz.
    Erst da reagierte Emily, ließ ihren eigenen Teller fallen und lief um das Buffet herum. Arlene lag auf dem Boden, ringsum war alles mit Obst übersät. Zusammengerollt lag sie auf der Seite, versuchte noch immer zu sprechen, und aus einer Risswunde über ihrem Auge floss Blut.
    Die Leute in den Fensternischen saßen da und starrten herüber.
    «Um Gottes willen», rief Emily, die auf allen vieren hockte, «helfen Sie uns doch bitte!»
     
    Nur zu Besuch
     
    Es sei bloß einer ihrer Schwächeanfälle gewesen, beteuerte Arlene. Die bekomme sie immer bei zu niedrigem Blutdruck. Sie wirkte nicht überrascht. Die Schnittwunde an ihrer Stirn, deren bläuliche Ränder durch eine faltige Naht zusammengehalten wurden, schien ihr mehr auszumachen. Nach diesem Geständnis stellte sich Emily vor, wie Arlene in ihrer Wohnung oder, noch beängstigender, hinter dem Lenkrad in Ohnmacht fiel. Arlene verstand nicht, was der ganze Wirbel sollte. Es war ihre eigene Schuld. Sie hätte etwas essen müssen.
    Weil die Ärzte das anders sahen, behielten sie Arlene da, um weitere Untersuchungen vorzunehmen, und verlegten sie in ein durch Vorhänge unterteiltes Patientenzimmer mit Blick auf die Reihenhäuser von Bloomfield. Zumindest hatten sie hier einen Fensterplatz. Die Wolken trieben über die Brücke hinweg, die das Tal überspannte und in den Bigelow Boulevard mündete. Die fünf Stockwerke tiefer liegenden, regennassen Straßenzüge sahen grau aus, die Ampeln in der Liberty Avenue die einzigen Farbtupfer.
    Als die Rettungssanitäter Arlene aus dem Eat ‘n Park schoben, hatte Emily gefragt, ob sie mitkommen könne. Nein, das sei gegen die Vorschriften, aber sie könne hinter ihnen herfahren, darum hatte sie in Arlenes Handtasche nach den Schlüsseln gekramt und den rutschigen Straßen die Stirn geboten. Sie hatte keine Angst gehabt, vermutlich wegen des freigesetzten Adrenalins. Doch als die Krankenschwester vorschlug, sie solle ein paar Sachen aus Arlenes Wohnung holen, damit sie es behaglicher habe, hätte Emily am liebsten gesagt, das Ganze sei eine einmalige, nicht wiederholbare Angelegenheit gewesen. Sie könnten den Wagen abschleppen lassen, und Emily würde mit einem Taxi nach Hause fahren.
    «Kümmerst du dich um meine Handtasche?», fragte Arlene.
    «Natürlich», erwiderte Emily.
    «Sie wollen bestimmt Ihren Morgenrock und Ihre Hausschuhe haben», warf die Schwester ein. «Die meisten Leute tragen lieber ihre eigenen Schlafanzüge als unsere.»
    «Wenn du mir mein Buch mitbringen könntest. Es müsste auf dem Nachttisch liegen. Entweder da oder auf dem Beistelltisch neben dem Sofa. Und könntest du bitte die Fische füttern? Die brauchen nur drei Prisen Trockenfutter. Das steht neben dem Aquarium.»
    Emily verließ das Zimmer mit einer Liste und einem klaren Auftrag. Sie würde den Taurus bei Arlene stehenlassen, ihre Sachen holen und mit einem Taxi zurückkommen. Ihr größtes Problem wäre, auf der Straße zu parken. Hoffentlich gab es am Bordstein eine große Parklücke, in die sie einfach vorwärts hineinfahren konnte. Die musste nicht direkt vor der Tür liegen. Sie hatte keine Bedenken, ein paar Häuser weiter zu parken. Sie selbst fand die Gegend nicht besonders sicher, ein Puffer zwischen Wilkinsburg und Swissvale, doch Arlene ließ den Wagen jede Nacht draußen stehen.
    Sie fuhr die unkomplizierteste Strecke, durch Shadyside, um den Penn Circle zu meiden. Es nieselte und war dunstig. Vielleicht traute sich bei dem Regen kaum jemand vor die Tür, denn in der Fifth Avenue war nicht viel los. Als sie am Arts Center und dem Grün des Mellon Parks vorbeikam, schätzte sie sich schon glücklich. Sie passte sich der Geschwindigkeit des Verkehrs an, achtete auf vor ihr aufleuchtende Rücklichter und bremste, wenn nötig. Niemand klebte ihr an der Stoßstange, niemand hupte. Es war schon eine Ewigkeit her, seit sie zum letzten Mal Auto gefahren war, doch an diesem Morgen stellte sie fest, dass sie hinterm Lenkrad viel weniger Angst hatte, als wenn sie neben Arlene saß.
    Sie hatte sich ohne Grund Sorgen gemacht. Zu dieser Tageszeit lag

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