Enders Schatten
Passanten. Aber das war auch egal â niemand würde einem so kleinen Kind etwas geben. Alles, was er bekäme, würde ihm ein anderes Kind sofort wegnehmen. Warum sollte man sich also die Mühe machen? Wenn er überleben wollte, sollte er den Ãlteren folgen und das Einwickelpapier ablecken, das sie zurücklieÃen, nach einem letzten Rest von glänzendem Zucker oder staubigem Mehl auf der Packung suchen, nach irgendetwas, was die, die zuerst gekommen waren, nicht schon abgeleckt hatten. Hier drauÃen hielt die StraÃe nichts für dieses Kind bereit, es sei denn, eine Bande nahm es auf, und Poke würde es nicht aufnehmen. Es würde sie nur belasten, und es ging ihren Kids auch so schon schlecht genug, ohne noch ein nutzloses Maul stopfen zu müssen.
Er wird fragen, dachte sie. Er wird winseln und betteln, aber das klappt nur bei reichen Leuten. Ich muss an meine Bande denken. Er gehört nicht dazu, also interessiert er mich nicht. Selbst wenn er so klein ist. Er ist nichts für mich.
Zwei zwölfjährige Nutten, die normalerweise nicht in dieser Gegend arbeiteten, bogen um eine Ecke und kamen auf Pokes Standort zu. Poke stieà einen leisen Pfiff aus. Die Kids zerstreuten sich sofort. Sie blieben auf der StraÃe, versuchten aber, nicht wie eine Bande auszusehen.
Es half nichts. Die Nutten wussten, dass Poke eine Bande hatte, und schon hatten sie sie an den Armen gepackt, gegen eine Wand gestoÃen und ihren »Anteil« verlangt. Poke versuchte erst gar nicht zu behaupten, dass sie nichts hatte â sie bemühte sich, immer etwas in Reserve zu haben, um hungrige Schläger friedlich zu stimmen. Was diese Nutten anging, so war Poke vollkommen klar, wieso sie hungerten. Sie waren nicht nach dem Geschmack der Pädophilen, die hier vorbeikamen. Dafür waren sie zu hager und sahen zu alt aus. Solange sie also noch keine Rundungen hatten und für die geringfügig weniger perversen Kunden interessant wurden, mussten sie vom Müll leben. Es machte Poke rasend, wenn solche Typen sie und ihre Bande bestahlen, aber es war klüger, ihnen etwas zu geben. Schlugen sie sie zusammen, würde sie schlieÃlich nicht mehr auf ihre Bande aufpassen können, oder? Also brachte sie die beiden zu einem ihrer Verstecke und holte eine kleine Bäckereitüte heraus, in der noch ein halbes Stück Kuchen steckte.
Es war trocken, weil Poke es schon einige Tage für so eine Gelegenheit aufbewahrt hatte, aber die Nutten griffen danach, rissen die Tüte auf, und eine von ihnen biss mehr als die Hälfte ab, bevor sie ihrer Freundin den Rest gab. Genauer gesagt, ihrer ehemaligen Freundin, denn ein solches Beuteverhalten führt zu Streit.
Die beiden fingen sofort an, sich zu zanken, schrien einander an, ohrfeigten einander, kratzten einander mit ihren Klauenhänden. Poke behielt sie genau im Auge und hoffte, sie würden den Rest des Kuchenstücks fallen lassen, aber so viel Glück war ihr nicht vergönnt. Das restliche Kuchenstück wanderte in den Mund desselben Mädchens, das schon den ersten Bissen genommen hatte â und es war auch dieses Mädchen, das den Kampf gewann und das andere in die Flucht schlug.
Als Poke sich umdrehte, stand der kleine Junge direkt hinter ihr. Sie wäre beinahe über ihn gestürzt. Zornig, wie sie war, weil sie diesen StraÃenhuren etwas hatte geben müssen, stieà sie ihn mit dem Knie, und er fiel hin. »Stell dich nicht hinter Leute, wenn du nicht umgeworfen werden willst«, fauchte sie.
Er stand einfach auf und sah sie erwartungsvoll und fordernd an.
»Nein, du kleiner Mistkerl, du kriegst nichts von mir«, sagte Poke. »Für dich nehme ich meinen Leuten nichts weg â es schert mich einen Dreck, ob du vor die Hunde gehst.«
Ihre Bande versammelte sich nun langsam wieder, nachdem die Huren verschwunden waren.
»Warum hast du ihnen dein Essen gegeben?«, fragte der Junge. »Du brauchst das Essen doch.«
»Ach wirklich?«, antwortete Poke. Sie hob ihre Stimme, sodass die Bande sie hören konnte. »Vielleicht solltest du hier der Boss sein. So groÃ, wie du bist, hättest du dir das Essen bestimmt nicht abnehmen lassen.«
»Bestimmt nicht«, sagte der Junge. »Aber ich schere dich doch einen Dreck, schon vergessen?«
»Das habe ich nicht vergessen. Aber du hast es anscheinend vergessen, sonst würdest du die Klappe halten.«
Ihre Bande lachte.
Der
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