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Endithors Tochter

Titel: Endithors Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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nach hinten geworfen wurde oder kippte – und dann verschlang die Dunkelheit sie völlig.
    Sonja raste los und zog im Laufen das Schwert. Es kratzte gegen die Wand des Ziegelhauses, als sie es aus der Scheide gerissen hatte, und Funken sprühte. Der Schatten war auf Sonja aufmerksam geworden und bewegte sich.
    »Lass sie los, verdammt!« brüllte Sonja. »Lass sie los!«
    Sie hatte bereits die Hälfte der Gasse zurückgelegt, und ihre Schritte hallten in der Nacht, doch ehe sie viel weiterkam, wich der schattenhafte Angreifer zurück. Er ließ die Frau fallen. Sie war bleich und schlaff, und als sie auf das Pflaster stürzte, schlug ihr Kopf hörbar krachend auf.
    Sonja schwang das Schwert und griff an. »Friss den Stahl, verdammt!« brüllte sie.
    Der Schatten sprang zurück, ein großer schwarzer Schatten war es, ohne genau bestimmbare Form. Deutlich erkennbar waren lediglich zwei gespenstisch glühende, fast lampengleiche Augen. In einem Moment der Unwirklichkeit breitete sein seltsam waberndes Schwarz sich aus, schien sich zu einer Rauchwolke aufzulösen – und verschwand.
    Er hinterließ nicht die geringste Spur!
    »Götter!« krächzte Chost, noch weit hinter Sonja.
    Ohne im Laufen innezuhalten, sprang Sonja über die reglos liegende Frau und hieb auf die Luft ein, wo der Schatten sich soeben noch befunden hatte. Wenn er sich nur unsichtbar gemacht hatte, konnte Stahl ihm möglicherweise etwas anhaben … Doch ihre Klinge sauste durch leere Luft und ihren wütenden Hieben bot sich kein Widerstand.
    »Erliks Höllen!« fluchte sie. Sie raste zum Ende der Gasse und schaute die Querstraße auf und ab. Doch nichts rührte sich dort.
    Kein Schatten.
    Vor Wut bebend kehrte sie zu der Frau zurück.
    Chost kniete bereits neben ihr. Im Licht der Wandfackel sah Sonja nun, dass sie sehr einfache Kleidung und billige Holzschuhe trug. Ihr Gesicht war weiß – leichenblass – und lag von dunklem rotbraunem Haar umgeben in einer wachsenden Lache Blut.
    Verdammt! dachte Sonja. Er hat ihr den Hals gebrochen!
    Chost, der sich tief über die Frau beugte und spürte, wie ihr Blut über seine Finger rann, blickte plötzlich mit Augen weit vor Furcht zu Sonja hoch.
    »Sonja …«
    »Sie ist tot, Chost.«
    »Seht doch, Sonja …« Seine Stimme zitterte.
    Sonja kauerte sich nieder und folgte Chosts deutendem Finger. Der Junge hatte einen großen Teil des Blutes vom Hals abgewischt, und nun, da er nur noch leicht blutete, sah sie die Wunden. Der Hals der Frau war nicht gebrochen, er war auch nicht aufgeschnitten, jedenfalls nicht von einem Messer oder sonst einer Klinge, sondern wies zwei hässliche tiefe Wunden auf, wie von einem Paar scharfer Reißzähne, und rundum waren die leichten Abdrücke anderer Zähne.
    »Erlik!« hauchte Sonja, und es rann ihr kalt über den Rücken.
    Chost weinte fast vor Angst. »Sie ist nicht die erste«, flüsterte er verzagt. »Während der letzten Monate wurden mehrere auf diese Weise getötet. Kaum jemand spricht davon, aber wir wissen es – meine Freunde und ich. Immer mehr sterben so.« Und dann murmelte er mit so schwacher Stimme, dass sie nur mit Mühe zu vernehmen war, das Wort, an das auch Sonja dachte – die einzige Erklärung für das, dessen Zeuge sie gewesen waren: »Ilorku!«
    Ilorku – ursprünglich aus dem Stygischen, wie Sonja wusste, doch längst Teil jeder Sprache aller Rassen und Nationen auf der Welt. Ilorku.
    Vampir!
    Sofort ihre Schlüsse ziehend, fragte Sonja sich, womit Kus Nalor in der Hand hatte, und welche Schrecken der Hexer auf die Stadt herabbeschwor …

 
4
     
    Aus ihres Vaters Tagebüchern hatte Areel nicht nur erfahren welche Art von Magie ihr Vater gelernt hatte, sondern auch wo und von wem.
    Es gab offenbar eine alte Hexe namens Osumu im Mietshausviertel von Shadizar. In seinen Tagebüchern beschrieb Endithor sie in allen Einzelheiten, auch wo sie zu finden war, was sie ihm gesagt hatte, und er zählte all die Dinge auf, die sie ihm gegeben hatte, wie die, die sie noch besaß -Dinge, die sie für ihr Gewerbe, ihre Künste, brauchte. Seinem pedantischen Wesen gemäß hatte Endithor alles mit seiner feinen Schnörkelschrift niedergelegt.
    Also war es die Hexe Osumu – allein dieser Name ließ an zamorianische Worte für Finsternis und Fremdartigkeit denken –, an die Areel sich wenden musste, wollte sie Vergeltung üben. Schon jetzt hatte sie das Gefühl, genug zu wissen, um kleine Zauber durchführen zu können. Zauberei – Magie – war auch nichts weiter

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