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Endzeit

Endzeit

Titel: Endzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Jensen
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Ellbogen erscheint. Zwei Männer in meiner Nähe rufen einander etwas zu, rutschen hinüber, ergreifen Arm und Seil und hieven einen Körper herein. Erschöpft liegt der Mann da und stöhnt vor Schmerz, sein Arm ist ausgekugelt. Dann eine Explosion von Rufen und Schreien: unfassbar, es erscheinen weitere Hände an den Türkanten. Der Hubschrauber gerät aus dem Gleichgewicht. Drei weitere Männer, die am Seil hängen, werden hereingezogen. Andere rutschen ab und fallen. Ein einziger entsetzter Schrei, als der Letzte abstürzt.
    Der Bauch des Hubschraubers ist voller Menschen: Sie sitzen auf Bänken oder hocken zwischen Säcken und Koffern auf dem Boden. Kristin hält Bethanys Kopf im Schoß. Ihr Gesicht ist blass |389| und starr vor Konzentration, wie aus Wachs. Hinter ihnen eine winzige, zerbrechliche Gestalt, die ich erst auf den zweiten Blick erkenne. Harish Modak hält sein offenes Ascheglas umklammert, und aus seinem Mundwinkel rinnt grauer Speichel. Er schluckt. Ich versuche, ihm in die Augen zu sehen, doch er bemerkt mich nicht. Sein ganzer Körper wird von Schluchzen geschüttelt. Verlegen rutsche ich zu Kristin hinüber. Sie ruft etwas, das ich nicht verstehe. Der Motor des Hubschraubers gibt ein wildes, metallisches Kreischen von sich. Neben mir erbricht sich ein Mann. Kristin deutet nach draußen. Ich erstarre. Der Himmel ist dunkel und geädert wie Marmor.
    Dann ertönt ein ohrenbetäubendes, überirdisches Dröhnen.
    Es hallt am ganzen Horizont wider und schwillt in einem trägen Crescendo an, als hätte es alle Zeit der Welt. Eine Stimme aus der Tiefe unter dem Meeresboden hat gesprochen. Der Hubschrauber wird von einer ungeheuren Kraft hin und her gerissen. Gegenstände stürzen auf uns herab. Schreiende Menschen klammern sich aneinander fest. Irgendwie gelingt es dem Piloten, den Hubschrauber unter Kontrolle zu bekommen. Doch der Motor hat zu kämpfen.
    Ich schaue aus der Türöffnung. Jenseits des beleuchteten Stadion-Halbmonds weicht das Meer in einem gewaltigen, schaumbedeckten Sog zurück und legt Hektar um Hektar glitzernden Sand und Steine und zuckende silberne Geschöpfe frei, vermutlich Delphine oder Wale, die durch die gewaltige Wasserbewegung gestrandet sind. Dann flackert ein orangefarbenes Licht am Horizont auf und pulsiert unter der Himmelskuppel. Als wir uns weiter nach oben quälen, schwillt das Licht an und verändert die Form, dehnt sich nun flach über dem Meer aus.
    Zuerst sieht es aus, als wäre ein gläserner Gebirgsgrat aus dem Sand gewachsen. Aber es ist eine Wand aus Wasser. Sie verdeckt die Wolken. Unten ist sie dunkel, fast schwarz, und oben von tanzenden, spritzenden weißen Federn gekrönt.
    Die gigantische Welle, die in ihrer Großartigkeit schöner und |390| furchtbarer ist als alles, was ich mir je hätte träumen lassen, rast auf uns zu.
    Erneut ertönen Schreie. Als ich den Grund erkenne, zieht sich alles in mir zusammen. Wir fliegen zu niedrig. Selbst wenn die Welle uns nicht erreicht, wird uns die Luftströmung hinunterziehen.
    »Höher!«, brüllt Ned dem Piloten zu. Der Hubschrauber heult auf und bricht aus, wird von den Schockwellen hin und her geschleudert. Der Pilot schreit eine Antwort. »Werft eine Kiste raus!«, brüllt Ned in die brodelnde Höhle des Innenraums. Der Befehl macht die Runde, und zehn Männer, darunter Ned und Frazer Melville, rappeln sich auf und versuchen, die größte Holzkiste an die Öffnung zu schieben. Kristin hilft ihnen, nachdem sie Bethanys Kopf auf einen Sack gebettet hat. In einem wilden, tierischen Durcheinander stemmen sich alle anderen gegen die Wände des Hubschraubers. Ich muss zu Bethany. Langsam ziehe ich mich in ihre Richtung.
    Wie ein riesiges Rad rollt die Zukunft mit mörderischer Gewalt heran.
    Ich habe Bethany fast erreicht. Sie blinzelt rasch und verzieht kurz den Mund in einer Geste des Erkennens. Ich lege mich neben sie auf den vibrierenden Boden des Hubschraubers. Ihr heißer Atem bläst mir ins Gesicht. Er riecht schwach nach Kaugummi. Mit einer ruckartigen Bewegung legt sie ihre Hand, knochig wie die Klaue eines Vogels, auf meinen Bauch. Solange ich ihren Zorn am Leben erhalten kann, diesen ganz besonderen Bethany-Zorn, wird sie durchhalten. Und solange sie durchhält, halte auch ich durch. Ich lege meinen Mund an ihr Ohr.
    »Ich dachte, wir berühren uns nicht, Bethany«, flüstere ich.
    »Ich berühre nicht Sie, Roller.« Ihre Stimme klingt erstickt, als könnte sie kaum atmen.
    »Was meinst du?«
    »Ich

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