Engel auf Probe (German Edition)

Dann nahm sie sich zusammen, atmete tief ein und zwang sich, Reed in die Augen zu sehen. “Du hast mir einmal gesagt, dass ich das nie wieder zu tun bräuchte und einen Weg ins Innere finden könnte.”
    Reeds Gesichtsausdruck veränderte sich, wurde ganz freundlich, und ein kleines Lächeln umspielte seinen Mund. “Du musst nur eine ganze Kleinigkeit tun, Angie. Wenn man es zum ersten Mal versucht, ist es immer irgendwie hart, aber es lohnt sich. Und ich bin sicher, dass du es kannst, Liebling.”
    ‘Du brauchst einfach nur zu fragen’, hatte Reed ihr an jenem Sonntag am See erzählt. Aber noch nie war ihr etwas so schwergefallen und gleichzeitig so lebenswichtig vorgekommen. “Bitte, Reed, ich möchte nicht mehr draußen vor der Tür stehen.”
    “Dann komm rein! Joel braucht eine Schwester, Becca eine Mutter und ich … du liebe Güte, Liebling, ich sehne mich ganz verzweifelt nach einer Ehefrau.”
    Aber Angie zögerte immer noch. “Ich kann noch nicht reinkommen.”
    “Warum nicht?” Angst schwang in Reeds Stimme mit.
    “Ich habe Joel versprochen, dass er auch ein Wörtchen mitzureden hat, was deine Frau angeht.”
    “Joel, komm mal her!”
    Innerhalb von Sekunden war Joel da, als hätte er nur darauf gewartet, dass Reed ihn herbeirief. Als er Angie sah, fragte er beinahe vorwurfsvoll: “Wo zum Teu…
Geier
bist du gewesen?”
    “Das ist eine lange Geschichte.”
    Nun kam auch die kleine Becca auf die Veranda getapst. Als sie Angie sah, quietschte sie vor Freude und versuchte, auf Angie zuzutorkeln. Bevor die Kleine die Treppe erreichte, nahm Reed sie hoch und sagte zu Joel: “Angie hat mir gerade erklärt, dass sie mich nur heiratet, wenn du einverstanden bist. Weil sie es dir versprochen hat.”
    “Stimmt. Engel dürfen ihre Versprechen nicht brechen.”
    Erstaunt sah Reed Joel an. “Woher weißt du denn, dass sie ein Engel ist?”
    “Scratch hat’s mir erzählt.”
    Angie seufzte. “Ich habe immer gewusst, dass dieser Hund zu viel redet.”
    “Joel, willst du hier noch die ganze Nacht stehen und wie ein Idiot grinsen, oder lässt du Angie jetzt rein?”
    “Gib mir noch eine Minute, Reed, ich denke nach.”
    Reed machte einen gespielt bedrohlichen Schritt auf seinen Bruder zu, und Joel lachte laut und hob abwehrend die Hand, bevor er zu Angie hinüberrief: “Bist du sicher, dass du diesen Kerl heiraten willst?”
    “Ich weiß, ich weiß, er ist ein ziemlicher Holzklotz, aber ich schnitze ihn mir schon zurecht. Das heißt, wenn du einverstanden bist.”
    “Scheiß…
Scheibenkleister
, das bin ich!”
    Reed reichte Becca zu Joel hinüber und hielt Angie die Arme auf. “Komm her, Liebling. Komm zu mir.”
    Daraufhin flog Angie regelrecht den Gartenweg hinauf, und Reed fing sie auf und schwenkte sie glücklich herum. Die Lippen ganz dicht an ihren, sagte er dann: “Und verlass mich nie wieder, hörst du? Ich liebe dich nämlich mehr, als ich es für möglich gehalten hätte.”
    “Und ich liebe dich, Reed. Nun bleibe ich für immer bei dir.” Dann besiegelten sie ihr Versprechen mit einem langen Kuss.
    Erst nachdem sich Joel mehrmals ein wenig verlegen neben den beiden geräuspert hatte, lösten sich Angie und Reed voneinander und gingen gemeinsam mit Becca und Joel ins Haus. Doch bevor Reed die Tür schließen konnte, huschte noch ein schwarz gepunkteter Schatten durch den Garten und zwängte sich hinter ihnen durch den Türspalt.
    Reed verdrehte die Augen, aber Angie lächelte nur. Schutzengel mochten ja so manchen Trick auf Lager haben, aber sie waren eine willkommene Bereicherung jeder Familie.
    Dann schloss sich die Tür, und Angie war endlich zu Hause.
    – ENDE –