Engelsbann: Dunkle Verlockung Teil 2 (German Edition)
ebenholzfarbene Locken schimmerten tiefblau im Licht des Sonnenaufgangs, während der Engel Mimosa streichelte. »Ich werde dich heute offiziell meinen Vertrauten vor…«
»Ich würde es vorziehen, sie auf eigene Faust kennenzulernen«, fiel er ihr ins Wort.
Bei dieser Unterbrechung zog Nimra eine Braue in die Höhe, das erste Anzeichen echter Arroganz, das er an ihr bemerkte. Es war auf seltsame Weise beruhigend. Engel von Nimras Alter und Stärke waren es gewohnt, Macht auszuüben und ständig die Kontrolle zu haben. Es wäre ihm verdächtiger vorgekommen, wenn sie die Unterbrechung und den Widerspruch mit der gleichen gelassenen Ruhe hingenommen hätte, die sie bisher gezeigt hatte.
»Warum?« Die fordernde Frage einer Unsterblichen, die ihr Herrschaftsgebiet in eisenhartem Griff hielt.
Doch Noel hatte nach Monaten in undurchdringlicher Dunkelheit wieder auf seinen Weg zurückgefunden und würde niemandem gestatten, ihn aus der Bahn zu werfen. »Wenn es einen Verräter gibt, ist es zwecklos, deinen gesamten Hof zu verstimmen«, gab er zu bedenken. »Und das würde leicht geschehen, wenn du Wert darauf legst, allen deinen neuen … Zeitvertreib vorzustellen.«
Unverwandt blickte sie ihn aus ihren machterfüllten Augen an.
Einen anderen Mann hätte das vielleicht eingeschüchtert, aber Noel war von ihren verschiedenen Facetten fasziniert, mochten sie nun eine Illusion sein oder die Wirklichkeit. »Sind deine Leute wirklich so begriffsstutzig«, fragte er, »dass sie diese Geschichte noch glauben, wenn du deutlich machst, wie wichtig ich dir bin?«
Nimras Hand verharrte auf dem Fell des Tieres. »Sei vorsichtig, Noel.« In ihrer leisen Stimme vibrierte die wahre Kraft, von der ihr kleiner Körper erfüllt war. »Ich herrsche nicht über dieses Land, indem ich zulasse, dass mir andere Leute auf der Nase herumtanzen.«
»Daran«, sagte er und hielt ihrem hitzigen, warnenden Blick stand, »habe ich nie gezweifelt.« Er vergaß niemals, dass man der Unsterblichen hinter diesem zierlichen Körperbau und der femininen Schönheit eine solche Grausamkeit nachsagte, dass sogar ihresgleichen vor Angst das Mark in den Knochen gefror.
3
Der Erste, dem Noel begegnete, als er das große Zimmer an der Vorderseite des Hauses betrat, war ein hochgewachse ner Engel mit d unklen Haaren, dunklen Augen und jener arroganten Ausstrahlung, die Noel von Engeln jenseits einer bestimmten Machtebene kannte, die hier jedoch mit einer Prise Herablassung gewürzt war. »Christian«, sagte der Engel. Seine cremeweißen Flügel waren von einigen scharf umrissenen schwarzen Fasern durchzogen … dieselben Flügel, die Noel an diesem Morgen von seinem Schlafzimmerfenster aus gesehen hatte.
Mit einem Nicken sagte er: »Noel«, und streckte ihm die Hand entgegen.
Christian ignorierte sie. »Du bist neu am Hof.« Ein Lächeln, so schneidend wie ein Messer. »Wie ich höre, kommst du aus der Zufluchtsstätte.«
Die unausgesprochene Botschaft entging Noel nicht – Christian wusste, was man ihm angetan hatte, und der Engel würde dieses Wissen nach Belieben nutzen, um Salz in die Wunde zu streuen. »Richtig.« Noel lächelte, als hätte er weder die Warnung noch die implizite Drohung bemerkt. »Nimras Hof ist ganz anders, als ich erwartet hatte.« Weder gab es zur Schau gestellten Luxus, noch hing der Pesthauch von Angst in der Luft.
»Lass dich nicht täuschen«, sagte Christian, dessen Augen so hart wie Diamanten waren, wenngleich er seine Fassade arktischer Höflichkeit nie fallen ließ. »Es hat seinen Grund, dass die Leute ihre Zähne fürchten.«
Lässig verlagerte Noel das Gewicht auf die Fersen. »Gebissen worden?«
Die Flügel des Engels entfalteten sich ein winziges Stück, um sich dann abrupt eng zusammenzulegen. »Unverschämtheiten wird sie nur so lange dulden, wie du ihr Bett wärmst.«
»Dann sollte ich es wohl sehr lange wärmen.« Noel beschloss, seine Rolle noch weiter auszureizen, und bedachte Christian mit einem großspurigen Grinsen.
»Macht Christian dir das Leben schwer?« Die Frage kam von einer langbeinigen Frau in einem engen, schwarzen Rock und einer weißen Bluse, die ihre schlanke, mit anmutigen Rundungen versehene Figur umspielte. Mit diesen Beinen sowie den schräg nach oben geneigten Augen in einem unglaublichen Türkis gab sie einen atemberaubenden Anblick ab. Ihre blauen Augen kontrastierten mit ihrer sonnengebräunten, golden schimmernden Haut. Sie war kein Engel, aber als Vampir alt genug, um den
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