Entsetzliches Gleichmaß
überließ, die außer im Dominion-Krieg keinerlei Erfahrungen mit den Jem’Hadar hatten und in Taran’atar nur einen Todfeind sahen. Vaughn war überzeugt gewesen, nur jemand, der Taran’atar als Individuum kannte, könnte die Mission erfolgreich und objektiv zu Ende bringen und ihn lebend einfangen. Die ganze Jagd hindurch – selbst als er glaubte, Taran’atar habe ihn dazu gebracht, Prynn zu töten – hatte er geahnt, dass mehr dahinter steckte.
Doch obwohl sich diese Ahnung letztlich als richtig erwiesen hatte, hatte die Mission nicht gerade in einem vollen Erfolg geendet.
Hätte ich anders gehandelt, wäre Prynn nicht beteiligt gewesen? Wäre diese Krise dann schon beendet?
Vaughn wandte sich von Kira ab, verließ die Offiziersmesse und fragte sich, ob er langsam zu alt für den Job wurde.
Kapitel 2
»Ich bin es leid, mit Ihnen zu streiten, Lieutenant«, sagte Simon Tarses scharf. »Ihre Physiotherapie hätte gestern beginnen sollen, aber ich ließ Sie vom Haken, weil Sie mir bei Ihrer Offiziersehre schworen, heute zu starten. Sie können die Therapie nicht schon wieder verweigern.«
Ro Laren sah von der riesigen Interface-Konsole auf, die den Raum einnahm, an dem vorher ihr Sofa gestanden hatte. »Wetten?«, sagte sie und widmete sich prompt wieder den Daten, die sie studiert hatte, als Tarses sie unterbrochen hatte.
»Lieutenant, Sie können nicht erwarten, je wieder zu laufen, wenn Sie die nötige Therapie nicht machen«, erklärte Tarses. Er hob eine der mechanischen Beinschienen vom Boden auf, die sie eigentlich tragen sollte. »Ihr Verhalten ist äußerst kontraproduktiv. Warum sitzen Sie im Rollstuhl, wenn Sie die hier benutzen sollten?«
»Die Schienen machen mich langsamer«, erwiderte Ro. »Mit dem Stuhl komme ich hier schneller voran, leichter.«
»Das ist inakzeptabel«, sagte der Arzt. »Ich erteile Ihnen hiermit den direkten, medizinischen Befehl, sofort Ihre …« Tarses duckte sich unter der Schüssel replizierter
Moba
-Scheiben hinweg, die sie nach ihm warf. Die Schüssel zerschellte an der Wand hinter ihm. »Hey! Was haben Sie für ein Problem?«
»Momentan?«, fragte Ro zurück. »Nur eines: Sie. Daher rate ich Ihnen, sich zu verabschieden, bevor ich meinen Gewürzpudding in die Hand nehme.«
»Sie können nicht einfach …« Tarses duckte sich unter dem heranfliegenden Pudding, dessen klebrige Masse sich über Ros Quartiertür verteilte. »Das reicht! Ich habe genug! Vielleicht hat Doktor Bashir bei Ihnen mehr Glück.«
»Darauf würde ich nicht wetten«, knurrte Ro zwischen zusammengebissenen Zähnen.
»Das hier ist noch nicht vorbei, Lieutenant!«
»Ich greife gleich nach meinem Thunfischsalat …«
Tarses verließ ihr Quartier ohne ein weiteres Wort. Ro schüttelte den Kopf.
Ärzte. Die kapieren’s einfach nicht
. Sie würde jemanden vom Reinigungsdienst rufen müssen, der die Sauerei wegwischte. Seufzend widmete sie sich wieder der Aufgabe, die sie sich gestellt hatte.
Agenten des Obsidianischen Ordens, Doppelgänger, Paralleluniversen, gestohlene Artefakte und niedergemetzelte Unschuldige – das alles waren die Elemente einer, besah man sie sich genauer, höchst unwahrscheinlichen Story. Dennoch ahnte Ro, dass sie Teile eines Netzes waren, das irgendjemand gesponnen hatte. Ob dieser Jemand jedoch tatsächlich die lange vermisse Iliana Ghemor war, blieb abzuwarten. Das eigentliche Rätsel bestand ohnehin darin, was der bisher nicht identifizierte Drahtzieher überhaupt zu erreichen versuchte. Welches Muster würde sich ergeben, wenn Ro das Netz schließlich vollständig rekonstruiert hatte?
Die geborgte Interface-Konsole hatte mehrere Verbindungen zum Hauptcomputer der Station, zu den bajoranischen Zentralarchiven und zu Memory Alpha hergestellt. Überall lagen zudem Padds herum – auf der Konsole, dem Teppich, im Replikator und auf dem Sofa, das ans hinterste Ende des Raumes hatte weichen müssen, um Platz für die neue Konsole zu schaffen. Ro hatte Nog überredet, sie zu installieren. Die Padds zeigten geöffnete Dateien über alles Mögliche, von bajoranischen Prophezeiungen bis hin zum Obsidianischen Orden und den Lebensläufen Dutzender Personen – nicht nur Stationsangehörige, sondern auch interessante Leute von Bajor, Cardassia, aus der Sternenflotte und so weiter, lebendig wie tot. Ro erlaubte sich ein grimmiges Lächeln. Tarses mochte die medizinische Autorität besitzen, sie während ihrer Reha vom Dienst zu suspendieren, aber niemand konnte ihr
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