Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Envy-[Neid]

Envy-[Neid]

Titel: Envy-[Neid] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
Vom Netzwerk:
Offizier begab sich wieder zu Hatchs Hocker. Er hatte ihn neben den Stuhl gestellt, auf dem der Junge mit zusammengesackten Schultern saß. Mehrere Minuten verstrichen bleischwer. Der Offizier schlürfte lediglich in kleinen Schlucken seinen heißen Kaffee.
    Hatch blieb ruhig, obwohl ihn das fast wahnsinnig machte. Das war die Sache der Polizei, nicht seine. Sein Boot war versichert. Es würde zwar Papierkram bis zum Abwinken und Gefeilsche mit einem misstrauischen Sachverständigen im Pepita-Anzug geben, aber auf lange Sicht käme er schon auf seine Kosten. Vielleicht stünde er danach sogar ein bisschen besser da als vorher.
    Was diesen Jungen anbetraf, war er weniger optimistisch. Kein noch so hoher Versicherungsbetrag würde ihm nach diesem Vorfall das Leben erleichtern. Und bezüglich der beiden, die über Bord gegangen waren, hatte Hatch nicht viel Hoffnung. Die Chancen standen eindeutig gegen sie.
    Er hatte ein paar überlebende Schiffbrüchige gekannt, die später davon berichten konnten, allerdings nicht viele. Wenn man ins Wasser fiel, stellte der Tod durch Ertrinken vermutlich noch die gnädigste Variante dar. Den Elementen ausgesetzt zu sein, dauerte viel länger. Und für die Raubfische war man sowieso nur eine weitere Nahrungsquelle.
    Der Offizier der Küstenwache hielt den angeschlagenen Kaffeebecher zwischen den Händen und schwenkte den Inhalt. »Warum hast du denn nicht über Funk Hilfe geholt?«
    »Hab ich doch. Ich meine, ich hab’s versucht. Ich hab das Radio nicht angekriegt.«
    Der Offizier starrte in seinen Kaffeewirbel. »Ein paar andere Boote haben dein SOS gehört. Haben versucht, dir zu sagen, du sollst bleiben, wo du bist. Hast du nicht gemacht.«
    »Ich hab sie nicht gehört. Wahrscheinlich…« Hier schaute er verstohlen zu Hatch hinüber. »Ich hab wohl nicht besonders aufgepasst, als er uns den Umgang mit dem Funkgerät erklärt hat.«
    »Teurer Fehler.«
    »Ja, Sir.«
    »Könnte man sagen, dass du kein erfahrener Seemann bist?«
    »Erfahren? Nein, Sir. Trotzdem habe ich diesmal zum ersten Mal Probleme gehabt.«
    »Mhmm. Erzähl mir von der Rauferei.«
    »Rauferei?«
    Diese Rückfrage ließ den Offizier die Stirn runzeln.
    »Halt mich jetzt nur nicht für dumm, mein Freund. Dein Auge ist völlig zugeschwollen. Du hast eine blutige Nase, aufgeplatzte Lippen und aufgeschürfte, blau geschlagene Fingerknöchel. Ich weiß, wie ein Faustkampf aussieht, ja? Also treib keine Spielchen mit mir.«
    Die Schultern des jungen Mannes fingen zu zittern an. Seine Augen liefen über. Trotzdem versuchte er nicht einmal, gegen die Tränen anzukämpfen, oder sich die laufende Nase abzuwischen.
    »War es wegen des Mädchens?«, fragte der Offizier etwas rücksichtsvoller. »Mr. Walker hier meint, sie sei ein echter Hingucker gewesen. Ein Partygirl, soweit er das beurteilen konnte. Gehört sie zu einem von euch?«
    »Sie meinen, wie eine Freundin? Nein, Sir, sie ist nur eine Bekannte.«
    »Und du hast dich mit deinem Kumpel um ihre Gunst geprügelt?«
    »Nein, Sir, nicht… nicht direkt. Ich meine damit, dass sie nicht der Grund dafür war.«
    »Und was war’s dann?«
    Der Junge schniefte, blieb aber stumm.
    »Kannst es mir genauso gut jetzt erzählen«, sagte der Offizier, »denn egal, was wir dort draußen finden, wenn wir soweit sind, werden wir dich in die Enge treiben, bis wir die Wahrheit erfahren.«
    »Wir waren betrunken.«
    »Mhmm.«
    »Und… und…« Der Junge hob den Kopf, schaute zu Hatch hinüber und dann wieder zu dem Offizier zurück und sagte: »Er ist mein bester Freund.«
    »Schön. Was ist also passiert?«
    Er leckte sich die Oberlippe. »Er hat durchgedreht. Wie irre. So habe ich ihn noch nie erlebt.«
    »Wie?«
    »Verrückt. Gewalttätig. Als wäre ihm der Faden gerissen oder so was.«
    »Der Faden.«
    »Ja, Sir.«
    »Was hast du denn gemacht, dass er die Schnauze voll hatte? Was war der Grund für den Fadenriss?«
    »Nichts! In der einen Minute war er noch mit ihr unter Deck. Ich hab sie ein bisschen in Ruhe gelassen. Verstehen Sie?«
    »Wegen Sex? Die haben miteinander geschlafen?«
    »Jaaa. Ich meine, mal so richtig einen draufmachen und sich amüsieren. In der nächsten Minute war er dann wieder an Deck und ging auf mich los.«
    »Ohne jeden Grund? Einfach so?«
    Der Kopf des Jungen wackelte auf und ab. »Es sollte eine Sause werden. Etwas zum Feiern. Ich kapier nicht, wieso das so schnell außer Kontrolle geraten ist. Ich schwör bei Gott, dass es so ist.« Er senkte sein

Weitere Kostenlose Bücher