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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mehr als eine bloße Provokation. Es war eine Demütigung, wie sie schlimmer kaum sein konnte, und zugleich eine ebenso überhebliche wie unnötige Demonstration von Stärke. Skar beobachtete den Thbarg genau —Gondered wirkte nur äußerlich gelassen und ruhig. Seine Freundlichkeit war nur eine dünne, nicht einmal besonders sorgsam aufgetragene Tünche, und dem Blick seiner dunklen, stechenden Augen schien nicht die winzigste Kleinigkeit zu entgehen. Skar war sicher, daß Gondered die gereizte Stimmung unter den Freiseglern ebenso deutlich bemerkte wie er. Gondered genoß die Situation sichtlich. Wahrscheinlich, überlegte Skar, wartete er nur darauf, seine Stärke und die Feuerkraft seines Seglers demonstrieren zu können.
    Aber der gefährliche Moment ging vorbei, und schließlich zogen sich Gondereds Männer so schnell und unauffällig, wie sie gekommen waren, wieder zurück. Auch der Thbarg und seine beiden Begleiter wandten sich zum Gehen, blieben jedoch kurz vor Erreichen der Laufplanke noch einmal stehen.
    »Ihr könnt weitersegeln, Andred«, sagte Gondered kalt. »Der Wind steht günstig, und wenn Eure Ruderer kräftig auslegen, dann erreicht Ihr Anchor noch vor Sonnenuntergang.« Er nickte, lächelte wieder sein dünnes, humorloses Lächeln und wandte sich noch einmal an Skar. »Auch wir segeln nach Anchor, Bert«, sagte er. »Ihr könnt den Rest der Reise auf unserem Schiff verbringen, wenn Ihr wollt. Ihr gewinnt einen halben Tag.«
    Skar schüttelte den Kopf. »Es lohnt sich nicht mehr«, entgeg-nete er. »Mein Gepäck müßte umgeladen werden, und ich will Euch nicht länger von der Jagd auf Quorrl abhalten als nötig ist. Danke für das Angebot.«
    Gondered zuckte die Achseln. »Wie Ihr wollt. Ich denke, wir sehen uns noch. In Anchor. Guten Wind, Kapitän.«
    »Guten Wind«, erwiderte Andred steif. Mit unbewegtem Gesicht sah er zu, wie Gondered und seine drei Begleiter an Bord des Kaperseglers zurückkehrten und die Laufplanke eingezogen wurde. Ein tiefes, mahlendes Stöhnen ging durch den Rumpf des größeren Schiffes. Der Bug mit dem messerscharfen Rammsporn drehte sich ein wenig von der SHANTAR weg auf die entfernte Küste zu, die Segel wurden gesetzt, und das Schiff nahm wieder Fahrt auf. Andred starrte ihm länger als eine Minute nach, fuhr dann mit einer abrupten Bewegung herum und maß Skar mit einem undeutbaren Blick. »Ich glaube, Ihr seid mir eine Erklärung schuldig, Satai?« sagte er kalt.
    Skar nickte. »Ich —«
    Andred unterbrauch ihn mit einer hastigen Handbewegung.
    »Nicht hier«, sagte er. »In meiner Kabine. Ihr könnt schon hinuntergehen. Ich habe hier noch zu tun, komme aber gleich nach.« Er nickte, ging ohne ein weiteres Wort an Skar vorbei und begann seinen Männern Kommandos und Befehle zuzurufen.
    Skar blieb noch einen Moment an der Reling stehen, ehe er sich ebenfalls umdrehte und langsam zum Achteraufbau der SHANTAR ging. Er hatte gespürt, wieviel Mühe es Andred gekostet hatte, ihn zumindest höflich zu behandeln — es war kein Zufall, daß der Freisegler nach fast zwei Wochen vom vertraulichen Du wieder zum reservierten Ihr zurückgekehrt war, und eigentlich kam es Skar jetzt erst richtig zu Bewußtsein, daß Andred vielleicht nicht nur seine Freiheit, sondern sein Leben und sein Schiff riskiert hatte, als er ihn deckte.
    Er erreichte die Tür, blieb noch einmal stehen und sah dem rasch kleiner werdenden Kapersegler nach. Der Thbarg hatte volle Segel gesetzt und jagte mit großer Geschwindigkeit nach Norden, wie die SHANTAR der Küste folgend, jedoch näher; wahrscheinlich nahe genug, daß man von Deck aus noch das Geschehen auf den Küstenfelsen verfolgen konnte und gleichzeitig durch den gewaltigen schwarzen Schauen der Basaltklippen vor einer Entdeckung von See aus geschützt war. Skar konnte Gondered ein gewisses Maß an Anerkennung nicht versagen. In seinen Augen war der Thbarg nichts als eine Ratte, doch eine intelligente, gefährliche Ratte. Aber im Grunde hätte ihn diese Entwicklung nicht überraschen dürfen. Es war genau dieser Typ Mann, den Vela in ihre Dienste nehmen würde.
    Mit einem entschlossenen Kopfschütteln vertrieb er den Gedanken, drehte sich herum und trat durch die Tür. Andreds Kabine lag am Ende eines langen, fensterlosen Ganges ganz im Heck des Schiffes. Es war der einzige Raum an Bord, der die Bezeichnung Kabine wirklich verdiente — auch er war klein, kaum fünf mal zehn Schritte messend, aber die Decke war wenigstens hoch genug,

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