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Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Enwor 4 - Der steinerne Wolf

Titel: Enwor 4 - Der steinerne Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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lang zweifelnd an und wandte sich dann wieder an Skar. »Ihr werdet in Anchor keine guten Geschäfte machen«, sagte er. »Die Stadt steht in Waffen, und die Menschen haben anderes zu tun, als Geschäfe abzuschließen.«
    »Gegessen wird immer«, gab Skar mit gespieltem Gleichmut zurück. »Und wo ein paar Goldstücke zu verdienen sind, da ist auch der Krieg rasch vergessen.«
    »Was soll das heißen, die Stadt steht in Waffen?« fragte Andred hastig.
    Gondered bedachte ihn mit einem beinahe mitleidigen Blick.
    »Ihr seid lange nicht mehr in diesem Teil Enwors gewesen, wie?« fragte er. »Das ganze Drachenland ist zu den Waffen geeilt, Kapitän, aus dem gleichen Grund, aus dem wir hier patrouillieren.« »Quorrl?« fragte Skar.
    Der Thbarg nickte. »Die Ehrwürdige Mutter ist endlich zur Besinnung gekommen und tut, was schon vor Jahrzehnten hätte getan werden sollen. Ein Heereszug der Quorrl hat die Grenzen überschritten und eine Stadt geschleift. Und jetzt jagen wir sie zur Hölle.«
    Skar runzelte die Stirn. »Ihr sprecht sehr respektlos von Eurer Dienstherrin, Kapitän«, sagte er leise.
    »Elay ist weit«, antwortete Gondered achselzuckend. »Und wie Ihr schon so richtig bemerkt habt,
Bert« —
er betonte den Namen auf so seltsame Weise, daß Andred erneut zusammenfuhr —, »verkaufen wir Thbarg uns nicht. Wir erfüllen nur unsere Aufgabe.
    Aber das gründlich, mein Wort darauf.«
    Skar verbiß sich die böse Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag. Gondered wußte — oder ahnte zumindest —, daß er alles andere als ein harmloser Kauffahrer war, und wollte ihn provozieren. Skar mußte zugeben, daß Gondered nahe daran war, sein Ziel zu erreichen. Vielleicht hatte die Reise an Bord der SHANTAR zu lange gedauert. Nach der ununterbrochenen Anspannung, unter der Skar seit seinem ersten Aufbruch aus Ikne gestanden hatte, ließen ihn die zwei Wochen Ruhe an Bord des Seglers nicht nur müde, sondern auch unvorsichtig werden.
    »Seit wann treiben sich Quorrl auf dem offenen Meer herum?« fragte Andred, bevor Skar vollends einen Streit mit dem Thbarg beginnen konnte.
    Gondered zuckte mit den Achseln, als interessiere ihn die Antwort auf diese Frage überhaupt nicht. »Sie sind überall«, sagte er. »Das Heer wurde zerschlagen, aber die Überlebenden haben sich zu kleinen Banden zusammengeschlossen und ziehen plündernd durch das Land. Vor zwei Wochen haben sie einen Küstensegler gekapert und versucht, mit ihm das freie Meer zu erreichen.« »Und?« fragte Skar.
    Gondered lächelte häßlich. »Unsere Katapulte schießen sehr weit«, sagte er. »Und sehr genau, Bert. Die Quorrl haben das nicht geglaubt, aber wir haben es ihnen demonstriert.« Er wurde übergangslos wieder ernst. »Ihr solltet auf der Hut sein, Bert, wenn Ihr Anchor verlaßt und weiter durch das Land zieht.«
    Skar lächelte böse. »Solange es Männer wie Euch gibt, Gondered, fürchte ich mich nicht vor Quorrl.«
    Gondereds Hand schloß sich um den Schwertgriff unter seinem Mantel. Der Stoff bewegte sich raschelnd, und Skar sah, daß Gondered darunter ein glitzerndes Panzerhemd trug. Auch die letzte Spur von Freundlichkeit verschwand aus Gondereds Gesicht.
    »Das braucht Ihr auch nicht, Bert«, sagte er dumpf. Er fuhr mit einer abrupten Bewegung herum, entfernte sich ein paar Schritte und begann seine Leute anzubrüllen und zur Eile anzutreiben.
    Skar und Andred sahen schweigend zu, wie die Thbarg das Schiff untersuchten. Es war alles andere als ein flüchtiger Blick, wie Gondered angekündigt hatte. Sie brauchten weniger als eine halbe Stunde, aber es mußten an die hundert Mann sein, die nach und nach auf das Deck der SHANTAR herunterstiegen, unter Deck gingen und jeden Winkel und jede Ecke durchstöberten. Skar spürte, wie sich die Stimmung unter den Freiseglern mehr und mehr zuspitzte. Es war nicht viel, was er über das Volk der Freisegler wußte — er war den Männern während der letzten vierzehn Tage aus dem Weg gegangen, soweit dies in einer so beengten Umgebung wie einem Schiff möglich war; und sie ihm auch —, aber der Stolz dieser seefahrenden Händler war überall auf Enwor zur Genüge bekannt. Es gehörte nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, was jetzt hinter den scheinbar unbewegten Gesichtern der Männer vorging, und er sah mehr als eine Hand, die mit einer unbewußten Geste nach Säbel, Tau oder Enterhaken tastete. Im stillen bewunderte er die Disziplin, die Andreds Männer an den Tag legten. Gondereds Verhalten war

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