Ephraim Kishon fur Manager
in meinen Ordnungsbemühungen gestört. »Um Himmels willen«, zischte die beste Ehefrau von allen. »Kümmere dich doch um unsere Gäste!«
Ich postierte mich neben Amir, der den jetzt schon etwas spärlicher eintreffenden Gästen mit dem lüsternen Blick eines Wegelagerers entgegensah und sie erstaunlich richtig einzuschätzen wußte. »Höchstens achtzig«, flüsterte er mir zu; oder, verächtlich: »Taschenmesser.«
Gegen zehn Uhr vertrieb er alle Familienmitglieder aus dem Abstellmagazin und versperrte die Türe. »Hinaus!« rief er. »Das gehört mir!«
Als er auf Seeligs Plastikboot ein Preisschildchen mit der Aufschrift »Shekel 7.25« entdeckte, ließ er sich's nicht verdrießen, den Spender in der Menge ausfindig zu machen, und spuckte ihm zielsicher zwischen die Augen.
Rätselhaft blieb uns allein ein Transistor mit Unterwasser-Kopfhörern, der keinen Herkunftsvermerk trug. Von wem stammte er? Wir gingen rasch das von meiner Tochter Renana angelegte Namensverzeichnis der Anwesenden durch. Es kamen nur zwei in Betracht, die auf der Geschenkliste nicht erschienen: unser Zahnarzt und ein Unbekannter mit knallroter Krawatte. Aber welcher von beiden war es? Die Ungewißheit wurde um so quälender, als wir uns bei dem einen bedanken und den anderen maßregeln mußten. Da bewährte sich Amirs Instinkt aufs neue. Er machte sich an den Zahnarzt heran und trat ihm ans Schienbein. Der Zahnarzt nahm das widerstandslos hin. Kein Zweifel: Die edle Spende stammte vom Krawattenträger. Heftigen Unmut rief bei uns allen die Festgabe eines Frankfurter Juden namens Jakob Sinsheimer hervor, die aus einer Holzschnittansicht seiner Geburtsstadt bestand. Was uns erbitterte, war nicht die Wertlosigkeit des Blattes, sondern die auf der Rückseite angebrachte Widmung: »Meinem lieben Kobi zur Bar Mizwah von seinem Onkel Samuel.« Wir gössen ein wenig Himbeersaft über Herrn Sinsheimers Anzug und entschuldigten uns. Inzwischen begrüßte Amir die letzten Gäste. »He!« rief er. »Wieviel?«
Er hatte sich zu einem richtigen Monstrum ausgewachsen, seine blutmterlaufenen Augen lagen tief in den Höhlen, seine Krallenhände zitterten vor Gier, sein ganzer Anblick war so abscheulich, daß ich mich abwandte und in den Lagerraum flüchtete, wo ich die beste Ehefrau von allen in flagranti erwischte, wie sie sich mit Golda Meirs Lebenserinnerungen aus dem Staub machte. Allein geblieben, befeuchtete ich Daumen und Zeigefinger und begann die Schecks zu zählen. Guter Gott, welch eine Verschwendung! Soviel Geld in einem so armen Land wie dem unsern! Der Gedanke, daß mein mißratener Sohn über all diese Summen verfügen könnte, hatte etwas höchst Beunruhigendes an sich. Ich ließ ihm ein paar auf kleinere Beträge lautende Schecks zurück und barg die anderen an meiner väterlichen Brust.
Nein, ich hatte kein schlechtes Gewissen. Es war nur recht und billig, was ich tat. Hatte ich nicht in seine Erziehung eine Menge Geld investiert? Und wer hatte für diesen kostspieligen Festempfang gezahlt? Ich oder er? Na also. Er soll arbeiten gehen und Geld verdienen. Schließlich ist er heute zum Mann geworden.
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Der Fall des Großindustriellen K.
(sehr frei nach Franz Kafka)
Als der Großindustrielle K eines Morgens erwachte, fand er sich in ein riesiges Insekt verwandelt.
»Was ist da passiert?« fragte er sich entsetzt. Dann rief er sich die Ereignisse des vorangegangenen Tages, die zweifellos an seiner peinlichen Lage schuld waren, ins Gedächtnis zurück.
Er erinnerte sich genau an die sachliche, unbeteiligte Stimme, mit der ihm sein Buchhalter am Vortag mitgeteilt hatte, daß sein, K-'s, Unternehmen - eine florierende Import-Export-Gesellschaft - das laufende Geschäftsjahr mit einem Gewinn von einer halben Million Shekel, in Ziffern 500000, abgeschlossen hatte.
Das bedeutete nach den geltenden Steuergesetzen, daß die Firma bzw. Herr K. nach Bezahlung der Körperschaftsteuer, der Investitionsanleihe, der Krankenversicherung, der Pensionsversicherung und einer Reihe anderer Abgaben dem Staat eine Gesamtsumme von 106,3% des erwirtschafteten Profits schuldete, in Ziffern 531 500, ein ansehnlicher Betrag, über den K. nicht verfügte.
»Das darf nicht wahr sein«, stellte K. in Gedanken fest. Es wollte ihm nicht in den Kopf, daß die Steuer, die er zahlen sollte, die Höhe seiner Einnahmen überstieg. Mittlerweile hatte er sich wieder in den loyalen, furchtsamen Bürger zurückverwandelt, der er war. Er
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