Erfuellung
Angesichts seiner verschlossenen Miene flippte ich aus. »Gideon! Hast du es dir etwa schon angesehen?«
Sein Kinn arbeitete. »Nur ein oder zwei Minuten. Keine eindeutigen Szenen. Gerade so viel, um zu überprüfen, ob es sich auch wirklich um das bewusste Filmmaterial handelte.«
»O mein Gott. Versprich mir, dass du es dir nie ansehen wirst.« Meine Stimme wurde laut und schrill, weil mich Panik erfasste. »Versprich es mir!«
Seine Hände umfassten meine Handgelenke und drückten heftig genug zu, dass ich den Atem anhielt. Ich sah ihn mit großen Augen an, verwirrt von der plötzlichen Aggression.
»Beruhige dich«, sagte er leise.
Eine seltsame Wärme breitete sich von der Stelle aus, wo er mich berührte. Mein Herz schlug schneller, aber auch gleichmäßiger. Ich starrte auf unsere Hände, sein Rubinring zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Rot. Wie die Handschellen, die er mir gekauft hatte. Ich fühlte mich gefangen und gefesselt, und es beruhigte mich auf eine Weise, die ich nicht verstand.
Aber Gideon tat es offenbar.
Mir wurde klar, dass ich deshalb solche Angst davor gehabt hatte, ihn so schnell zu heiraten. Er nahm mich mit auf eine Reise mit unbekanntem Ziel, und ich hatte mich einverstanden erklärt, ihm blindlings zu folgen. Es ging nicht darum, wie wir als Paar enden würden, denn das stand nie infrage. Wir waren voneinander besessen, voneinander abhängig, so erbarmungslos wie Süchtige. Aber ich wusste nicht, wo ich am Ende stehen würde, wer ich schließlich sein würde.
Gideons Verwandlung war fast gewaltsam vor sich gegangen. Sie war in einem Augenblick scharfer Erkenntnis erfolgt, als er verstanden hatte, dass er nicht ohne mich leben wollte und konnte. Meine Veränderung fand eher langsam statt, in so winzigen Schritten, dass ich geglaubt hatte, mich überhaupt nicht ändern zu müssen.
Aber ich irrte mich.
Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter und sprach mit festerer Stimme. »Gideon, hör mir zu. Was immer auf diesem Video zu sehen ist, es ist nichts im Vergleich zu dem, was du und ich miteinander teilen. Die einzigen Erinnerungen, die du meiner Meinung nach haben solltest, sind diejenigen, die wir uns schaffen. Was wir zusammen haben … das ist das Einzige, was real ist. Das Einzige, was zählt. Also bitte … versprich es mir.«
Er schloss für einen kurzen Moment die Augen, dann nickte er. »Na gut. Ich verspreche es.«
Ich atmete erleichtert aus. »Danke.«
Er hob meine Hände an die Lippen und küsste sie. »Du gehörst mir, Eva.«
In stillem, gegenseitigem Einvernehmen nahmen wir davon Abstand, uns in der Limousine noch einmal durcheinanderzubringen, bevor wir uns zum ersten Mal als verheiratetes Paar in der Öffentlichkeit präsentierten. Ich war nervös. Ein oder zwei Orgasmen hätten die Anspannung zwar lindern können, aber nicht perfekt auszusehen, hätte sie wiederum nur noch gesteigert. Außerdem hätten die Leute es bemerkt. Mein silbernes Kleid war schon sehr auffällig mit seinem seidigen Schimmer und der kurzen Schleppe, aber mein Begleiter und Ehemann war ein Accessoire, das man unmöglich übersehen konnte.
Alle Aufmerksamkeit würde sich auf uns richten, und Gideon schien entschlossen zu sein, dass das auch so blieb. Er half mir aus der Limousine, als wir in der Fifth Avenue am Central Park South angelangt waren, und nahm sich einen Augenblick Zeit, um mit seinen Lippen meine Schläfe zu berühren. »Dieses Kleid wird auf dem Schlafzimmerboden umso atemberaubender aussehen.«
Ich lachte über diesen kitschigen Spruch, was er auch beabsichtigt hatte, und prompt setzte das blendende Blitzlichtgewitter der Kameras ein. Als er sich von mir abwandte, wich alle Wärme aus seinem Gesicht, und seine schönen Züge nahmen einen verschlossenen Ausdruck an. Er legte mir die Hand ins Kreuz und führte mich über den roten Teppich ins Cipriani’s.
Drinnen fand er bald ein geeignetes Plätzchen für uns, und dort blieben wir etwa eine Stunde lang stehen, während sich Geschäftspartner und Bekannte um uns scharten. Er wollte mich an seiner Seite haben und sich zugleich an meiner Seite zeigen, wie er mir nach einiger Zeit bewies, als wir uns auf die Tanzfläche begaben.
»Stell mich vor«, sagte er einfach, und ich folgte seinem Blick. Dort standen Christine Field und Walter Leaman von Waters Field & Leaman lachend mit einer Gruppe anderer Leute zusammen. Christine strahlte zurückhaltende Eleganz aus in ihrem perlenbesetzten und bodenlangen schwarzen Kleid,
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