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224 - Im Turm des Warlords

224 - Im Turm des Warlords

Titel: 224 - Im Turm des Warlords Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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Jenseits der dunkelblauen Fluten des Kanals von Mosambik breiteten sich die Hochebenen Madagaskars unter uns aus. Ausgedehnte grüne Flächen beherrschten das Bild; dazwischen vereinzelte braungraue Flecke, die darauf hinwiesen, dass die riesige Insel auch sehr steinig sein konnte. Vom Meer aus gesehen stieg das Land sanft an, doch vor über fünfhundert Jahren hatte ich gelernt, dass es auf der östlichen Seite zum Indischen Ozean hin steil abfiel.
    Vor dem Weltuntergang hatte ich keine Gelegenheit gehabt, mir dieses Fleckchen Erde näher anzusehen. Auch bei meinem ersten Besuch vor mehreren Monaten hatte mein knapper Terminplan mir keine Zeit gelassen, den Blick länger als ein paar Sekunden auf Naturschönheiten zu richten.
    Diesmal, so nahm ich an, würde ich mehr Zeit haben: Unsere Widersacher – darunter mein eigener Sohn, den die Daa’muren zu einer Bestie gemacht hatten – waren geschlagen und saßen in einem ausbruchssicheren Verlies. Leider gab es dazu keine Alternative; man konnte ihn nicht wieder auf die Menschheit loslassen. De Rozier hatte mir aber versichert, dass man Daa’tan kein Leid antun würde.
    Mein Blutsbruder Rulfan war außer Gefahr und ging an der Seite seiner Gefährtin Lay in den Dschungeln westlich des Victoriasees seinen Interessen nach. Niemand hetzte mich, unser Ziel – den Marianengraben – an einem bestimmten Tag zu erreichen.
    Das Ende der Welt stand nicht unmittelbar bevor.
    Doch wie das Leben so spielt: Kaum kommt der Mensch zur Ruhe, denkt er über alle Probleme nach, die er in der Phase der Unruhe als zweitrangig eingestuft hat. Auf mich bezogen hieß dies konkret: Ich machte mir Sorgen über eine Gefahr, von der wir alle wussten, dass sie der Erde irgendwann drohen würde.
    Ich vermutete, dass die unbekannte Macht, die sich Streiter nannte, längst in unsere Ecke des Weltraums unterwegs war, um das zu tun, was ihr Name versprach. Ich hielt diese Macht für eine Waffe, der die in die Barbarei zurückgefallene Menschheit nichts entgegensetzen konnte.
    Niemand wusste, wozu der Streiter wirklich fähig war. Wir wussten nicht einmal, ob er ein organisches Lebewesen oder eine rechnergesteuerte Kampfmaschine war. In einer Vision hatte ich ihn bei der Vernichtung eines anderen, fernen Planeten gesehen, und die bloße Erinnerung daran jagte mir kalte Schauer über den Rücken.
    Fest stand nur, dass die »Zivilisation« unseres von einer langen Eiszeit gebeutelten Planeten sich nicht gegen den Streiter wehren konnte. Wir hatten nichts, das wir gegen die Technik einer außerirdischen Zivilisation in Stellung bringen konnten.
    Dass auf der Erde noch Waffen existierten, die einer feindlichen Großmacht trotzen konnten, war aber nicht ausgeschlossen: Unsere beiden körperlosen Begleiter glaubten durchaus, dass sich in Gilam’esh’gad, der geheimen unterseeischen Feste ihres amphibischen Volkes, Waffen finden ließen – oder Pläne zu deren Bau –, die ganze Welten aus den Angeln heben konnten.
    Dies war, ich muss es gestehen, der ausschlaggebende Punkt für mich gewesen, mich der Expedition anzuschließen. Solche Waffen würde die Menschheit brauchen, wollte sie sich nicht zum Spielball außerirdischer Entitäten machen lassen.
    Seit dem Tag, an dem eine von außerirdischen Lebensformen hervorgerufene Katastrophe die Erde aus den Angeln gehoben und ihre Achse im wahrsten Sinne des Wortes »verbogen« hatte, wollte ich wissen, welche kosmischen Mächte mit unserer Existenz spielten.
    Zwar stand ich seit dem Tag, an dem es mich ins Jahr 2516 verschlagen hatte, nicht mehr im Dienst einer Regierung, doch die neue Welt übte großen Reiz auf mich aus. Ich war gern bereit, mich für sie und ihre Menschen zu engagieren: Schon als Kind war mir klar gewesen, dass das Gute an sich nicht existiert – es sei denn, man tut es. Manchmal tut man sogar Gutes, wenn man jemandem, der im Begriff ist, einen Schwächeren zu beißen, die Zähne einschlägt.
    Beim Anblick des näher kommenden Vogelschwarms fragte ich mich sogar, ob in manchen Fallen nicht noch härtere Mittel angebracht waren: Ballonhüllen und Krallen sind natürliche Feinde. Vögel können auch dem tierliebendsten Flieger den Spaß am Beruf verderben.
    Da ich keine Lust hatte, im madagassischen Hochland zu havarieren, trat ich an die offene Luke und zog den Revolver, den Seine Majestät mir zum Abschied geschenkt hatte, nachdem der Hüne Mombassa meine Kalaschnikow in ihre Einzelteile zerlegt hatte – und anschließend das Opfer

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