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Ernteopfer

Ernteopfer

Titel: Ernteopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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sein, dass der Kauz etwa doch telefo nierte? Wie auch immer, hier gab es noch reichlich Auf klärungsbedarf.
    Ich stieg in meinen Wagen. Mein nächster Weg wäre nun eigentlich die Fahrt zur Kriminalinspektion Schifferstadt gewesen, um dort die nächsten Schritte zu planen und alles Weitere zu organisieren. Normalerweise wäre mein Arbeitsplatz bei der Kriminaldirektion in Ludwigshafen. Doch wegen baulicher Mängel und weil einfach zu wenig Platz vorhanden war, hatte man eine zusätzliche Kriminal inspektion nach Schifferstadt ausgegliedert. Mir kam das persönlich sehr zugute. Wir waren erst vor zwei Jahren nach Schifferstadt ins Neubaugebiet gezogen. Ich war in Schifferstadt aufgewachsen, hatte dort aber über viele Jahre nicht gewohnt. Nun gehörte uns eine schöne Doppelhaus hälfte mit fast 140 Quadratmetern Wohnfläche. Paul und Melanie bekamen endlich ihre eigenen Kinderzimmer und für mich wurde der Traum eines kleinen Arbeitszimmers wahr. Die schöne Zeit hielt nur sechs Monate. Dann zog Stefanie mit den Kindern wieder aus. Vielleicht nicht end gültig, wie sie damals sagte. Eineinhalb Jahre war das jetzt her. Eine Scheidung stand zwar noch nicht zur Debatte, doch wenn es dazu kommen sollte, wäre das Haus futsch. Die Darlehen bedienen und gleichzeitig Unterhalt zahlen, das war mit meinem Beamtengehalt nicht möglich.
    Automatisch fuhr ich am Wasserturm vorbei, um kurz darauf ins Neubaugebiet abzubiegen. Schließlich hielt ich vor meinem Haus, blieb aber im Wagen sitzen. Ich wusste nicht, ob ich reingehen sollte oder nicht. Selbst die Briefe, die aus dem Briefkasten neben dem Eingang lugten, konn ten mich nicht dazu bewegen. Ich atmete tief durch. Die Wertstoffsäcke, die abholbereit auf dem Gehweg lagen, stanken zum Himmel. Es machte für mich keinen Sinn, leere Joghurtbecher auszuspülen.
    Ich holte mir mein Privathandy aus dem Handschuh fach und drückte die erste Kurzwahlnummer. Besetzt. Ich wiederholte erfolglos die Prozedur und pfefferte dann das Handy wieder in das Fach.
    Stefanie würde mich umbringen. Das war das Mindeste, was mich erwartete. Vielleicht sollte ich doch den Beruf wechseln. Doch es gibt für mich so was wie eine eher ne Regel: einmal Polizist, immer Polizist. Wo sollte ich mit meinen 45 Jahren hin? Geldtransporte fahren und be wachen? Mich als Privatdetektiv niederlassen? Nein, das überließ ich lieber Typen wie Thomas Magnum. War der eigentlich verheiratet?
    Mir blieb nun nichts anderes übrig, als doch ins Haus zu gehen. Ich musste dringend aufs Klo und zog beim Reinge hen zwei Briefe und etwas Werbung aus meinem Posteingangssammelbehälter. Eine Direktbank bot mir mal wieder einen Superzins für mein Sparguthaben, das ich nicht hatte. Die Thüga meldete sich mit der Jahresabrechnung für die Gasbelieferung. Ich öffnete den Brief vorsichtshalber nicht, sondern legte ihn auf den Wohnzimmertisch. Direkt neben die Internetausdrucke vom Holiday Park mit den Wochen endöffnungszeiten und den Eintrittspreisen. Eine Wolke wirbelte auf. Staubwischen wäre mal wieder dringend an gesagt. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das das letzte Mal gemacht hatte. Mal schnell mit dem Staubsauger über die freien Flächen gesaugt, das ja. Aber sonst?
    Auf dem Küchentisch lagen nur zwei Bananen, die mich sofort an Dr. Metzger erinnerten. Ich ließ sie liegen und trank stattdessen etwas Leitungswasser. Der Kühlschrank war leer, erinnerte ich mich heute nicht zum ersten Mal.
    Eine Viertelstunde später war ich auf der Dienststelle im Waldspitzweg. Auf dem Weg ins Obergeschoss zog ich mir noch schnell eine Cola aus dem Automaten. Natürlich polterte wieder eine Diätlimonade heraus. Ein Beamter der Verkehrspolizei ging grinsend, aber wortlos an mir vorbei. Ich ließ die Büroklammer, die die Auswahltaste blockierte, stecken.
    Gerade als ich dabei war, meine Bürotür am Fluren- de aufzuschließen, kam mein Kollege Gerhard Steinbei ßer vorbei. Er war gut zehn Jahre jünger als ich und eine sportliche Erscheinung. Seit Jahren gehörte er zu den bes ten 100 Läufern beim Mannheimer Marathonlauf. Sein männlichstes Problem war allerdings der bereits deutlich zurückweichende Haarwuchs, dessen Kranz sich vorne bereits zu öffnen gewagt hatte. Als bekennender Single schien das aber nicht wirklich ein Hindernis bei seinen ständig wechselnden Partnerinnen zu sein. Gerhard ge noss sein Leben in vollen Zügen.
    Er war einer meiner Lieblingskollegen, seinem Namen wurde er aber auf keinen Fall gerecht.

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