Erzählungen
seine vollkommen taub gemachten Zuhörer im blinden Vertrauen seine oft genug gewagten Harmonien beklatschen würden.
Aber Thomas Pearkop hätte man während dieser ganzen Ceremonie beobachten müssen! Er strahlte; die Augen traten ihm aus dem Kopfe und unartikulirte Töne drangen aus der breiten Brust; ja, es fehlte nicht viel, so hätte er das »Hip! Hip! Hip!« aus Leibeskräften mitgerufen.
Der wackere Mann war so glückselig, daß er vielleicht – ich betone freilich dieses Wort – bevor wir aus dem Hafen liefen, auf jeden ihm unvortheilhaften Vorschlag eingegangen wäre, wenn wir ihm etwa folgendermaßen zugesetzt hätten:
»Pearkop! Das englische Geschwader, Euer Geschwader, auf das Ihr so stolz seid, wird Se. Majestät den König von Dänemark mit dem großen Salut begrüßen. Wir wollen diesem großartigen Schauspiele beiwohnen; da kommt uns aber eben Eure Lootsenrechnung in die Hände – dreißig Pfund ist wirklich etwas gepfeffert – und wir werden Euch nicht auf die Rhede hinaus mitnehmen, wenn Ihr nicht auf der Stelle zustimmt, genannte Forderung auf zwanzig Pfund herabzusetzen, und das ist immer noch anständig genug bezahlt. Weigert Ihr Euch, so werdet Ihr während unseres Ausfluges an’s Land gehen und der Festlichkeit nicht beiwohnen. Nun, entscheidet Euch!«
Darauf würde er, in Anbetracht seiner Vaterlandsliebe und des gerechten Stolzes, der ihn beim Anblick seines Geschwaders erfüllte, sowie der Bewunderung, die er für seine mächtigen Panzer empfand, gezaudert, gefeilscht haben, aber endlich doch wohl fähig gewesen sein… Nein, das sicherlich nicht; zehn Pfund Sterling zu opfern? – Nimmermehr.
Bei dieser Gelegenheit gestatte man mir auszusprechen, daß viele Dänen, hier und in den ehemaligen Herzogthümern, das fast vollständige Fehlen der französischen Flagge in der Ostsee lebhaft beklagen.
England sorgt dafür, sich überall immer wieder in Erinnerung zu bringen. Außer seinen zahlreichen Handelsschiffen, welche die Nord-und die Ostsee durchkreuzen, hat es dieses Jahr (1881) ein Panzergeschwader nach Kopenhagen, Petersburg und Kiel entsendet. Es würde Frankreich ein Leichtes sein, dasselbe, ja vielleicht noch mehr zu leisten, und des wärmsten Empfanges könnte es ohne Zweifel sicher sein. Die englische Flotte, welche auf der Rhede von Kopenhagen erschien, bestand in der That nur aus alten Schiffen ohne großen Werth. Man bemerkte hier den »Warrior«, das erste, von England etwa gleichzeitig mit dem französischen »Gloire« erbaute Panzerfahrzeug. Das einzige modernere Schiff war das Admiralsschiff »Herkules«, doch steht auch dessen Armirung hinter der, der neueren Schlachtschiffe Frankreichs weit genug zurück.
Der König begiebt sich nach seiner Yacht. (S. 399.)
Wollten wir England ausstechen, so genügte die Entsendung einer Flottendivision, unter der sich die »Dévastation« mit ihren Fünfzig-Tonsgeschützen, der »Admiral Duperré«, der »Redoutable« und als Kreuzer der »Duquesne« oder der »Tourville« befänden, welch’ letztere eine Geschwindigkeit von achtzehn bis neunzehn Knoten erreichen.
Freilich könnten uns die Engländer ihr Schiff, den »Inflexible« mit seinen Achtzig-Tonsgeschützen gegenüberstellen. Dieses Fahrzeug aber ist nach den, im englischen Unterhause öffentlich ausgesprochenen Urtheilen keineswegs frei von Fehlern. Es ist nur in der Mitte gepanzert, und man fragt sich mit Recht, was die Folge sein würde, wenn sich seine, von mächtigen Geschossen durchlöcherten Endstücken mit Wasser anfüllten.
XVII.
Unsere schon festgesetzte Abreise von Kopenhagen wurde durch eine Einladung zur Tafel bei dem französischen Ministerresidenten um zwei Tage verzögert. Wir gewannen dadurch Zeit, den herrlichen Park von Frederiksberg, jetzt eine Vorstadt der vergrößerten Residenz, zu besuchen.
Am folgenden Morgen, Sonntags den 26. Juni, schlug der »Saint Michel« nach Ausschiffung unseres Freundes Robert Godefroy, der diese Reise über Malmö, Stockholm und Christiania ausdehnte, von dort aber nach Finnmarken bis Hammerfest und zum Nordcap gehen wollte, wieder den Cours nach Süden ein und ging, nachdem wir nochmals die Eider passirt, vier Tage später auf der Rhede bei den Dünen vor Deal vor Anker.
Wir waren somit wieder in Thomas Pearkop’s Heimat. Hier sollte er im besten Wohlsein, gut gemästet und bereichert um ein weiteres, anerkennendes Zeugniß für die Kenntnisse und Fähigkeiten des
Pilot for the North sea
seiner Familie
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