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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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ausstieß.
    Der Anblick dieses scheußlichen Wesens verursachte uns einen großen Schrecken, und doch wurde er noch durch unser Erstaunen übertroffen, als wir genauer hinsahen und bemerkten, daß es auf seinem Rücken eine große Anzahl anderer Tiere beherbergte, die ungefähr die Größe und Gestalt von Menschen hatten. Nur trugen sie keine Kleidung, wie die Menschen tun, sondern waren, ohne Zweifel von Natur, mit einer häßlichen, unbequemen, fast tuchartigen Bedekkung versehen, die so eng an der Haut anlag, daß sie die bedauernswerten Wesen ganz lächerlich linkisch machte und offenbar sehr belästigte. Ganz auf der Spitze ihres Kopfes befanden sich gewisse viereckig aussehende Kästen, die mir zuerst die Stelle eines Turbans zu vertreten schienen, doch entdeckte ich bald, daß sie außerordentlich schwer und fest waren, und schloß daraus, daß sie wohl ein schlaues Hilfsmittel seien: die Kästen sollten durch ihr großes Gewicht die Köpfe der Tiere sicher und fest auf die Schultern drücken. Um den Hals der Geschöpfe waren schwarze Kragen befestigt (ohne Zweifel Zeichen ihrer Dienstbarkeit), wie wir sie unseren Hunden umhängen, nur waren sie viel weiter und unendlich viel steifer, so daß die armen Opfer unmöglich ihren Kopf bewegen konnten, ohne zugleich den ganzen Körper zu wenden. So waren sie gezwungen, immer ihre Nasen zu betrachten, ein Anblick, der ganz lächerlich, wenn nicht erschreckend stumpfsinnig wirkte.
    Als das Ungeheuer die Küste, an der wir standen, fast erreicht hatte, riß es plötzlich eins seiner Augen weit auf und entsandte aus ihm eine schreckliche Feuergarbe, die von einer dichten Rauchwolke und einem Geräusche, das ich nur mit dem Donner vergleichen kann, begleitet war. Als der Rauch sich verzogen hatte, bemerkten wir, daß eins der seltsamen Menschtiere nahe am Kopfe des großen Ungeheuers stand, eine Trompete in der Hand, durch die es uns in lauten, barschen, unangenehmen Tönen anredete, die wir vielleicht für eine Sprache gehalten hätten, wären sie nicht nur durch die Nase gekommen.
    Es war jedoch offenbar, daß man uns tatsächlich hatte anreden wollen; und ich war nun natürlich in großer Verlegenheit; was ich antworten sollte, da ich kein Wort verstanden hatte. In diesem peinlichen Augenblick wandte ich mich an den Lastträger, der vor Schreck fast ohnmächtig geworden war, und fragte ihn, was für eine Art Untier dies wohl sein möchte, was es wolle, und was er von den sonderbaren Geschöpfen halte, die auf seinem Rücken herumschwärmten. Der Packträger antwortete mir darauf, so gut er vor Zittern konnte, daß er schon einmal früher von diesem Seeungeheuer gehört habe; daß es ein grausamer Dämon sei, mit Eingeweiden von Schwefel und Feuer, ein Dämon, den der Böse geschaffen habe, um der Menschheit Übles zuzufügen, daß die Wesen auf seinem Rücken Ungeziefer seien, wie man es häufig auf den Rücken von Hunden und Katzen fände, nur ein wenig größer und wilder, und daß dieses Ungeziefer seinen Zweck habe, wenn auch einen bösen, denn durch die Pein, die sie dem Untier durch ihr Stechen und Reißen verursachten, werde dieses in jenen Wutzustand hineingestachelt, in dem es brülle und Übles tue und so die rachsüchtige, boshafte Absicht des bösen Geistes erfülle.
    Dieser Bericht veranlaßte mich, Fersengeld zu geben, und ohne nochmals rückwärts zu schauen, rannte ich in voller Eile ins Land zurück und die Hügel hinauf, während der Packträger fast ebenso schnell hinweglief, jedoch fast in entgegengesetzter Richtung, so daß er bald mit meinen Waren verschwunden war. Er behütete sie wahrscheinlich ausgezeichnet, doch kann ich darüber nichts Bestimmtes sagen, da ich ihn niemals wiedergesehen habe.
    Ich wurde jedoch von einem Schwarm des Menschen-Ungeziefers, das in Booten an die Küste gekommen war, so scharf verfolgt, daß es mich bald einholte, an Händen und Füßen fesselte und auf das Ungeheuer schleppte, das sofort wieder auf die See hinausschwamm.
    Nun bereute ich bitter, mein trauliches Heim verlassen zu haben, um in einem solchen Abenteuer mein Leben zu verlieren. Doch jedes Bedauern ist nutzlos, und ich beschloß deshalb, mir meine Lage so erträglich wie möglich zu gestalten, und bemühte mich, das Wohlwollen des Menschentieres zu erlangen, dem die Trompete zugehörte und das eine gewisse Autorität über seine Genossen zu besitzen schien.
    Meine Anstrengungen wurden so rasch von Erfolg gekrönt, daß das Geschöpf mir schon nach

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