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Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Titel: Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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Mann unter seinem Befehle, und diese waren nicht auf das Beste ausgerüstet; dennoch leistete er mit ihnen einen entschlossenen Widerstand gegen Tarek’s Heer und vertheidigte den Paß zu dem Vorgebirge mit großer Tapferkeit. Er sah sich zuletzt genöthigt, sich zurückzuziehen, und Tarek schritt vor und pflanzte seine Fahnen auf dem Felsen von Calpe auf und befestigte ihn als eine starke Brustwehr und einen sichern Punkt, welcher den Eintritt in das Land schirmte und deckte. Zum Andenken seines ersten Sieges änderte er den Namen des Vorgebirges und hieß es Gibel Tarek oder den Berg des Tarek; im Laufe der Zeit aber ging der Name allmählig in den von Gibraltar über.
    Nachdem der patriotische Kriegsführer Theudemir seine zerstreuten Kräfte wieder gesammelt hatte, lagerte er sich mit ihnen auf den Saum der Gebirge und rief das Land ringsum auf, sich unter seine Fahne zu reihen. Er sendete in aller Eile Boten an den König und theilte ihm in kurzen und graden Ausdrücken die Neuigkeit von dem Einfall mit, und bat ihn mit gleicher Offenheit um Beistand.
    »Señor,« sagte er in seinem Schreiben, »die Schaaren Afrika’s sind über uns gekommen; ob sie aber vom Himmel oder aus der Erde kommen, kann ich nicht sagen. Sie schienen aus den Wolken gefallen zu sein, denn sie haben keine Schiffe. Wir sind durch List überfallen, durch die Masse überwältigt und gezwungen worden, uns zurückzuziehen; und sie haben sich gegen uns auf unserm Gebiete befestigt. Sendet uns mit der größten Eile Unterstützung, oder vielmehr, kommt selbst zu unserm Beistande.« [Fußnote:
Conde, part. I. cap. 9.
– Der Verf. ]
    Eilftes Kapitel.
    Maasregeln Don Roderich’s bei der Nachricht von dem Einfalle. – Der Zug Ataulph’s. – Tarek’s Gesicht.
    Als Don Roderich hörte, daß Legionen von beturbanten Schaaren aus Afrika in das Land eingebrochen waren, kamen ihm die Gesichte und Prophezeihungen des Zauberthurms in das Gedächtniß zurück, und großes Bangen bemächtigte sich seines Herzens. War er aber gleich von seiner frühern Kraft und Tugend herabgekommen und durch Weichlichkeit entnervt, und durch ein böses Gewissen entmuthigt und geknechtet, so war er doch entschlossenen Herzens und raffte sich auf, um der drohenden Gefahr entgegen zu gehen. Er hob in der Eile ein Heer von Reiterei und Fußvolk aus, das sich auf vierzigtausend Mann belief; allein nun fühlte man die Wirkung des heimtückischen Rathes des Grafen Julian; denn die besten zum Dienste des Landes bestimmten Truppen zu Fuß und zu Roß waren nach Afrika geschickt worden und dienten jetzt den Absichten der Verräther. Freilich eilten viele Edle mit den prächtigen Schaaren, mit welchen sie auf Turnieren und Kampfspielen zu erscheinen gewohnt waren, dem Heere zu; aber die meisten ihrer Vasallen waren ohne Waffen, und in Lederkürasse oder in fast ganz verrostete Panzer gekleidet. Sie waren ohne Zucht und ohne Feuer, und ihre Pferde, gleich ihnen, durch trägen Frieden verderbt, wenig geeignet, die Hitze, den Staub und die Mühseligkeiten eines langen Feldzugs zu ertragen.
    Don Roderich stellte dieses Heer unter den Befehl seines Verwandten Ataulph, eines Prinzen aus dem königlichen Geblüte der Gothen, von edlem, hochherzigem Charakter; und er befahl ihm, in aller Eile aufzubrechen und dem Feinde entgegen zu ziehen und unterwegs seine Macht durch die Truppen Theudemir’s zu verstärken.
    Mittlerweile hatte Tarek el Tuerto große Verstärkungen aus Afrika erhalten und die Anhänger des Grafen Julian und alle, die mit der Herrschaft Don Roderich’s unzufrieden waren, hatten sich eilig unter seine Fahne gereiht; denn Viele waren durch die Vorstellungen des Grafen Julian getäuscht worden und glaubten, die Araber seien gekommen, ihm die Söhne Witiza’s auf den Thron setzen zu helfen. Von dem Grafen geführt, drangen Tarek’s Schaaren in verschiedene Theile des Landes ein, und verwüsteten Alles, wohin sie kamen, worauf sie, mit reicher Beute beladen, in ihre Veste auf den Felsen Calpe zurückkehrten.
    Der Prinz Ataulph zog mit seinem Heere durch Andalusien, und Theudemir stieß mit seinen Schaaren zu ihm. Er traf auf mehrere Abtheilungen des Feindes, welche das Land plünderten, und hatte viele blutige Gefechte mit ihnen; allein es gelang ihm, sie vor sich herzutreiben, und sie zogen auf den Felsen von Calpe, wo sich Tarek mit der Hauptmacht seines Heeres verschanzt hatte.
    Der Prinz lagerte sich nicht fern von der Bucht, welche sich vor dem Vorgebirge ausdehnt.

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