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Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Titel: Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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grellen abergläubischen Ansichten der Kirche von Rom fern gehalten worden war; und diese Glaubenseinheit trug mehr als alles Andere dazu bei, daß diese zwei Stämme in einen verschmolzen und sich verbanden. Die Bischöfe, so wie die übrigen Geistlichen, befleißigten sich eines musterhaften Lebens und halfen den Einfluß der Gesetze erhöhen und das Ansehen der Regierung erhalten. Die Früchte einer regelmäßigen und gesicherten Verwaltung äußerten sich in dem Erblühen des Ackerbaues, des Handels und der Künste des Friedens, so wie in erhöhtem Reichthum, Luxus und geistiger Bildung; aber man bemerkte auch den allmähligen Verfall der einfachen, kräftigen und kriegerischen Sitten, welche die Nation in ihren halb barbarischen Zeiten ausgezeichnet hatten.
    Dieser Art war der Zustand Spaniens, als in dem Jahre der christlichen Zeitrechnung 701 Witiza zum Könige der Gothen erwählt wurde. Der Anfang seiner Regierung erfüllte Spanien mit der Hoffnung glücklicher Tage. Er half Beschwerden aller Art ab, ermäßigte die Abgaben seiner Unterthanen und verband in der Handhabung der Gesetze Kraft und Milde auf eine seltene Weise. Nach kurzer Weile warf er aber die Maske ab und zeigte sich ganz seinem Charakter gemäß – grausam und üppig.
    Zwei seiner Verwandten, Söhne des vorigen Königs, weckten seinen Argwohn in Bezug auf die Sicherheit seines Thrones. Einen derselben, Namens Favila, Herzog von Cantabrien, ließ er umbringen und hätte seinen Sohn Palavo dasselbe Schicksal theilen lassen, hätte er des Jünglings, den die Vorsehung zum künftigen Heile Spaniens aufbewahrt hatte, habhaft werden können. Der andere Gegenstand seines Argwohns war Theudofred, welcher vom Hofe entfernt lebte. Witiza’s ungestüme Gewalt erreichte ihn sogar in seiner Zurückgezogenheit. Die Augen wurden ihm ausgebohrt, und man mauerte ihn in einem Schlosse zu Cordova ein. Roderich, Theudofred’s junger Sohn, entfloh nach Italien, wo er bei den Römern Schutz fand.
    Als Witiza sich nun auf dem Throne sicher glaubte, ließ er seinen ausschweifenden Leidenschaften freien Zügel und erhielt bald, in Folge seiner Tyrannei und Sinnlichkeit, den Namen Witiza der Gottlose. Die alte gothische Enthaltsamkeit verachtend und sich dem Beispiele der Sekte Mahomet’s zuneigend, welche seinem lüsternen Temperament mehr zusagte, erlaubte er sich die Verbindung mit mehreren Weibern und Beischläferinnen und ermuthigte auch seine Unterthanen, dasselbe zu thun; er suchte sogar für seine Ausschweifungen die Genehmigung der Kirche zu erhalten, indem er ein Gesetz ergehen ließ, demzufolge die Geistlichen ihres Gelübdes der Ehelosigkeit entbunden und ihnen erlaubt wurde, sich zu verheirathen und Liebschaften zu unterhalten.
    Der Pabst Constantin drohte, ihn abzusetzen und in den Bann zu thun, wenn er dieses ruchlose Gesetz nicht aufhöbe; allein Witiza bot ihm Trotz und drohte, wie sein gothischer Vorgänger Alarich, ihn in der ewigen Stadt mit seinem Heere anzugreifen und die dort angehäuften Schätze als Beute wegzuführen. [Fußnote: Chron. von Luitprand . 709. –
Aborca , Anales de Aragon (el Mahometismo.) fol. 5.
– Der Verf. ] »Wir wollen,« sagte er, »Unsere Fräulein mit den Juwelen Rom’s schmücken und Unsere Koffer aus der Münze des h. Petrus füllen.«
    Ein Theil der Geistlichkeit widersetzte sich dem neuerungssüchtigen Geiste des Monarchen und war von der Kanzel herab bemüht, das Volk zu den reinen Lehren ihres Glaubens zurückzuführen; aber sie wurden ihrer geistlichen Aemter entsetzt und als aufrührerische Unruhestifter verbannt. Die Kirche von Toledo bewies sich fortwährend widerspenstig: der Erzbischof Sindared war allerdings nicht sehr abgeneigt, sich in die Verderbniß der Zeiten zu fügen und zu finden; aber die Domherrn kämpften unerschrocken gegen die neuen Gesetze des Monarchen und vertheidigten das von ihnen abgelegte Gelübde der Keuschheit mannhaft. »Da sich die Kirche von Toledo Unserem Willen nicht fügen will,« sagte Witiza, »so soll sie zwei Männer haben.« Indem er das sagte, bestimmte er seinen eigenen Bruder Oppas, der damals Erzbischof von Sevilla war, mit Sindared auf dem bischöflichen Stuhle von Toledo zu sitzen, und machte ihn zum Primas von Spanien. Er war ein Priester nach seinem Herzen und unterstützte ihn in all seinem schmählichen sittenlosen Treiben.
    Vergebens drohte der römische Stuhl mit seinen Blitzen; Witiza sagte dem römischen Pabste den Gehorsam gänzlich auf und bedrohte alle

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