Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
Vom Netzwerk:
kalten Steinböden und -wände, die zu einem monumentalen und – unter dem Gesichtspunkt des Heizwerts – völlig überflüssigen Kamin führten, der von Wappenschildern eines ausgestorbenen Adelsgeschlechts flankiert wurde, das sich noch damit begnügt hatte, jeden unfreundlichen Morgen nach draußen zu schlurfen und den natürlichen Bedürfnissen in kalten Außentoiletten nachzugeben.
    Ein so großes und geräumiges Haus erforderte ein großes Heer von Bediensteten, und für die Überwachung ihrer Aktivitäten brauchte man wiederum einen Hausmeister und Verwalter, denn wie ich schon oft festgestellt habe, je weiter man auf der Gehaltsskala nach unten geht, desto nötiger ist es, einen hochbezahlten leitenden Angestellten zu engagieren, damit das Gehalt auch wirklich verdient wird.
    Ich kann nicht behaupten, daß ich es je gelernt habe, den einen vom anderen Bediensteten zu unterscheiden, abgesehen natürlich von meinem persönlichen Leibdiener und dem Chefbutler Burlet, den ich dem Marquis von Arpers direkt vor der Nase wegengagiert hatte – Seine Lordschaft waren nicht in der Lage, soviel zu bieten. Aber trotz der Verwirrung, die eine solche Vielzahl von Dienern schaffte, bemerkte ich eines Tages einen Gartengehilfen, dessen Gesicht mir merkwürdig bekannt vorkam. Er berührte ehrerbietig seine Kappe, als ich näher trat, aber ich hatte das seltsame Gefühl, daß es eine angelernte Bewegung war und keine, die von innen heraus kam.
    „Sind Sie schon lange hier, guter Mann?“ fragte ich. Ich versuchte noch immer, ihn unterzubringen.
    „Nein, Sir“, antwortete er, „vielleicht zwei Wochen.“
    „Komisch. Ich bin fast sicher, Sie vorher schon gesehen zu haben.“
    Er schüttelte den Kopf und machte eine zögernde Bewegung mit der Hacke oder dem Rechen oder was immer er in der Hand hatte, so als wollte er jetzt, wenn ich es erlaubte, seine Arbeit fortsetzen.
    „Wie heißen Sie?“ fragte ich, nicht weil ich glaubte, er würde mein Gedächtnis auffrischen, sondern aus einer natürlichen Höflichkeit gegenüber Untergebenen, die sich durch soviel Aufmerksamkeit immer geschmeichelt fühlen.
    „Dinkman“, murmelte er. „Adam Dinkman.“
    … Jener unglaublich heruntergekommene Vorgartenrasen, mit Teufelsgras bewachsen und mit kahlen Flecken übersät. Mrs. Dinkmans schnödes Feilschen mit einem müden Mann, der nichts als seinen Lebensunterhalt verdienen wollte, und ihre spätere hochtrabende Grobheit gegen jemanden, der in keiner Weise für das Unglück, das ihr widerfuhr, verantwortlich war. Ich fragte mich, ob sie noch lebte oder ihr Leben als Klientin der öffentlichen Fürsorge im Gras verloren hatte. Wirklich, eine kleine Welt, dachte ich, und wie weit wir beide doch gekommen sind, seit ich mich selbst erniedrigte, um etwas Essen in den Magen zu bekommen und ein Dach über dem Kopf zu haben.
    „Danke, Dinkman“, sagte ich und wandte mich ab.
    Hin warmes Gefühl für einen Landsmann veranlaßte mich, meinen Hausmeister hereinzurufen und ihn zu beauftragen, Dinkman 100 Pfund zu geben für einen Gartengehilfen ein kleines Vermögen – und ihn zu entlassen. Auch wenn es ihm nicht sofort klar sein sollte, so tat ich ihm doch einen großen Gefallen, denn ein Amerikaner mit 100 Pfund war in England besser beraten, irgendein kleines Geschäft aufzumachen, als in untergeordneter Stellung zu arbeiten.
    Auf diese viel zu kurze Zeil der Ruhe und Zufriedenheit zurückblickend, entfährt mir unwillkürlich ein Seufzer, weil sie vorüberging. Sie ragt in meinem Leben wie ein unglaubhafter Moment hervor, ein sanfter Traum, während ihr Perioden der Turbulenz und Belastung vorangingen und folgten. Vielleicht war ein gewisses Gefühl des Alieinseins ein leichter Mangel, so gering, daß er fast nicht zu bemerken war; gewiß eine unvermeidliche Begleiterscheinung meiner Position, aber doch kaum spürbar, so daß ich es nicht einmal als Einsamkeit definieren konnte – und wie so viele andere Mängel erhöhte es nur den Zauber des Ganzen.
    Ich besaß Vermögen, Macht, den Respekt der Welt. Die unvermeidbaren Angriffe des Pöbels wurden mir durch simple Vergnügungen erleichtert. Mein Anwesen war ein steter Quell der Freude, die altmodischen Überbleibsel des Feudalismus unter den Pächtern amüsierten mich, und obwohl ich mich nicht überwinden konnte, Interesse an der absurden Leidenschaft der Fuchsjagd vorzugeben, wurde ich von den vornehmen Leuten freundlich empfangen. Ihre Abgeschlossenheit und Reserviertheit fand ich

Weitere Kostenlose Bücher