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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
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verbreitet sein mußten, weiß ich nicht, aber in jener Nacht packte mich eine heftige Erkältung; ich hatte Kopfschmerzen und ein trockenes, entkräftendes Fieber. Ich ließ den Arzt rufen und ging zu Bett, und es dauerte eine ganze Woche, bis ich wieder soweit bei mir war, das zu erkennen, was um mich herum vorging.
    Während meiner Krankheit hatte ich Fieberträume, und ich bin sicher, ich gab meinen Krankenschwestern häufig Gelegenheit, über die Phantasien eines Mannes zu kichern, der hilflos und krank ans Bett gefesselt war. „Papier und Bleistift verlangen Sie die gansse Sseit, Mr. Weener – und sind so ’ilflos, daß Sie nicht einmal die ’And ’eben können. Sie sagten, Sie müßten ein Buch schreiben – die Geschichte von der Gras. Um sich ssu reinigen, sagten Sie.“
    Mit psychologischen Theorien habe ich mich nie lange aufgehalten – sie erinnern zu sehr an Glaubensbekenntnisse und Katechismus. Aber soweit ich verstanden habe, soll so etwas wie ein Unterbewußtsein existieren – ein Reservoir aller möglichen Gedanken, die hinter dem bewußten Verstand lauern. Die Wünsche dieses Unterbewußtseins sind sehr stark und kommen immer dann zum Ausdruck, wenn das Bewußtsein nicht wachsam ist. Ob diese metaphysische Konstruktion neu begründet war oder nicht, mir schien, so etwas hatte stattgefunden, während ich krank war, und mein Unterbewußtsein, oder was auch immer es war, hatte eine sehr vernünftige Absicht angedeutet. Es gab keinen Grund, warum ich eine solche Geschichte nicht schreiben sollte, sobald ich die Zeit erübrigen konnte. Sicherlich hatte ich das Talent dafür, und ich glaubte, es würde mir eine gewisse Befriedigung geben.
    Meine angenehmen Überlegungen und Pläne für dieses literarische Unternehmen wurden, wie auch mein Genesungsprozeß, durch den Verlust der Sahara-Depots unterbrochen. Als ich die Nachricht erhielt, galt meine erste Sorge nicht dem unberechenbaren Schaden für Consolidated Pemmican. Meine spontane Reaktion war Verwunderung darüber, daß das Gras fähig war, sich so schnell über eine sterile, wasserlose Wüste hinwegzubewegen. In den Jahren seit seinem ersten Auftauchen hatte es sich tatsächlich an jedes Klima, jede Höhe und alle äußeren Bedingungen angepaßt. Einige Monate zuvor hätte die Katastrophe mich in tiefe Depressionen gestürzt; jetzt, da die Spannkraft meiner Gesundung noch um die Wirkung von Miss Francis’ Zusicherung ergänzt worden war, war sie nur ein weiterer Rückschlag, den wir bald überwinden würden.
    Die letzte Front des Grases stand vom Senegal, nahe beim Zentrum der großen afrikanischen Landmasse, über Tunis am Nordrand des Kontinents bis hinauf nach Sardinien und Korsika. Es hatte den größten Teil Italiens besetzt und stieg die Alpen hoch, um die Ostecke der Schweiz zu verschlingen. Es nahm Bayern und den Rest Deutschlands jenseits der Weser ein. Nur die Niederlande, Belgien, Frankreich, Spanien und Portugal – ein geographischer Purist hätte vielleicht noch Luxemburg, Andorra und Monaco genannt – blieben auf dem Kontinent unberührt. Auf diesem unbedeutenden Territorium und den britischen Inseln waren die Menschen zusammengepfercht, die von der Zwei-Milliarden-Bevölkerung der Welt übriggeblieben waren: eine verblendete, hungernde, von Entsetzen in den Wahnsinn getriebene Masse. Wie viele es waren, die sich im verzweifelten Kampf um eine Existenz von fragwürdiger Qualität dort drängten und wanden, sich plagten und starben, konnte niemand berechnen; genausowenig wie die Zahl derer zu schätzen war, die unter dem Gras begraben waren, das jetzt ungehindert über neun Zehntel des Erdballs in seiner Gewalt hatte.
    Die Art, in der Wächter an der englischen Küste postiert wurden, erinnerte mich an 1940. Ich weiß nicht genau, welchen Wert ein möglicher Alarm gehabt hätte; trotzdem starrten Tag und Nacht angestrengte Augenpaare durch Ferngläser und Teleskope und suchten den Horizont nach Anzeichen des einzigartigen Grüns ab oder spähten nach dem ersten Samen, der durchschlüpfte und es sich auf der Inselerde heimisch machte.
    Miss Francis’ optimistische Nachricht war an die Behörden weitergeleitet worden, nicht aber an BBC. Das war eine eindeutige Vorsichtsmaßnahme gegen eine Welle konzentrierter Einwanderung durch die angstbesessene Horde auf der anderen Seite des Kanals. Sie mochten unsere Barrieren respektieren, solange die Überlebenschance nur vage war, aber wenn sie die Information aufschnappten, daß das

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