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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
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Gras jetzt dem Untergang geweiht war, würden sie mit aller Macht einen Zufluchtsort suchen, bis es soweit war.
    Wenn so etwas geschähe, würden unsere kleinen Inseln von Flüchtlingen überschwemmt, unsere Vorräte würden keine Woche mehr reichen, und wir würden alle zusammen vernichtet.
    Aber so rätselhaft wie alle Gerüchte verbreitete die Nachricht sich auf der Insel und richtete ihre Bewohner auf. Sie waren schon immer entschlossen gewesen, das Gras zu bekämpfen – wenn nötig, wie die Chinesen gekämpft hatten, bis sie überwältigt worden waren –, denn welchen anderen Weg konnten sie schon einschlagen? Aber jetzt brauchten sie es nur in Schach zu halten, bis die neue Entdeckung anwendbar war. Und die Chancen standen gut, daß sie eingesetzt wurde, bevor das Gras den Rhein überschritten hatte.
93.

    Jetzt, da wir kurz vor dem Durchbruch standen, stieg mein Interesse am Fortschritt der wissenschaftlichen Tests so sehr, daß ich darauf bestand, bei jedem Feldversuch dabeizusein. Aus irgendeinem Grund war Miss Francis nicht begeistert davon und versuchte, es mir auszureden, und zwar sowohl durch ihr unfreundliches Verhalten (ihre Exzentrizität – Verrücktheit wäre zweifellos ein exakterer Begriff – nahm täglich zu), als auch durch ihre Versicherung, es gäbe dort nichts, was meine Aufmerksamkeit fesseln könnte. Aber natürlich setzte ich mich durch und ließ keinen einzigen dieser faszinierenden, wenn auch manchmal enttäuschenden Versuche aus.
    Ich erinnere mich lebhaft an den ersten. Sie hatte wieder und wieder betont, es gäbe nichts zu sehen – selbst im besten Falle würden keine spektakulären Ergebnisse erwartet –, aber ich rückte mit aus. Der Schauplatz war ein besonders düsterer Teil Dartmoors, und aus irgendeinem Grund, den wahrscheinlich sie allein kannte, hatte sie das Morgengrauen als Zeitpunkt gewählt. Fröstelnd trafen wir in zwei Salonwagen ein; der zweite enthielt mehrere lange Zylinder, die den Oxygen- oder Acetylen-Tanks ähnelten, die in der amerikanischen Industrie gewöhnlich verwendet wurden.
    Zwischen Miss Francis und ihren Assistenten fanden viele rätselhafte Besprechungen statt, unterbrochen von rituellen Probeentnahmen der Vegetation und des Erdbodens. Als diese Zeremonien beendet waren, holten sie vier Pfähle und einen Holzhammer hervor und steckten ein Quadrat, vielleicht sechzig mal sechzig Meter, ab. Die Zylinder wurden abgeladen und an den Seiten des Quadrats in gleichmäßigen Abständen aufgestellt; an ihnen wurden Sperrhähne und verlängerte Sprühdüsen angebracht, dann wurden die Ventile geöffnet.
    Ein feiner Nebel kam heraus und legte sich sanft über den abgepflockten Bereich. Miss Francis, selbstvergessen auf dem Zahnstocher kauend, stand in verzückter Betrachtung dabei. Nach dreißig Minuten wurde die Sprühaktion beendet, und die Behälter wurden zum Waggon zurückgerollt. Bis auf den künstlichen Tau sah das Moor genau wie vorher aus.
    „Nun, Weener, wollen Sie die nächsten vierundzwanzig Stunden hier stehen und gaffen, oder kommen Sie mit uns zurück?“
    An ihren Gesichtsausdrücken konnte ich sehen, wie entsetzt ihre Assistenten über ihre Grobheit waren, an die ich mich so gewöhnt hatte, daß ich sie gar nicht mehr bemerkte. „Also kein Erfolg?“ fragte ich.
    „Wie zum Teufel, soll ich das wissen? Ich habe keine Kristallkugel, um in die Zukunft zu sehen. Und selbst wenn das Mittel auf diesem Mischgewächs hier wirkt, habe ich noch nicht die leiseste Vorstellung, wie das Gras darauf reagieren wird. Das ist nur ein erster Auftakt, wie ich Ihnen schon vorher gesagt habe, und warum Sie uns mit Ihren neugierigen Fragen belagern, geht über meinen Horizont.“
    „Sie kommen also morgen zurück?“
    „Natürlich. Dachten Sie, wir haben das hier nur zum Spaß gemacht – um dann wegzugehen und es zu vergessen? Weener, ich habe schon immer gewußt, daß die Leute, die Geld machen, nicht sonderlich intelligent sind, aber sind Sie nicht auch für einen Milliardär ein bißchen zurückgeblieben?“
    Es gab keinen Zweifel, daß sie diesen lümmelhaften Unhöflichkeiten nur frönte, um ihrem eigenen Ego, welches sehr gelitten haben mußte, Mut zuzusprechen. Sie verließ sich auf ihr Geschlecht und meine Toleranz, und mich, von dem sie auf Gedeih und Verderb abhängig war, zu reizen, bereitete ihr das gleiche Vergnügen wie es ein Terrier hat, der einen Bernhardiner ärgert und dabei genau weiß, daß die Ritterlichkeit des großen Hundes den

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