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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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… Er …« Er schluckte. Ein Klicken war in seiner Kehle zu hören. Seine Augen wurden plötzlich riesengroß. »Oh! O nein …! «
    »Bill?«, schrie Beverly erschrocken. »Bill, was ist los? Was …«
    »N-N-Nehmt meine H-Hände!«, rief Bill. »Sch-Sch-Schnell!«
    Richie ließ das Streichholz fallen und griff nach Bills einer Hand, Beverly nach der anderen. Sie streckte ihre freie Hand aus, und Eddie umfasste sie schwach mit der Hand seines gebrochenen Armes. Ben packte seine andere Hand und schloss den Kreis, indem er Richie die Hand reichte.
    »Verleih ihm unsere Kraft!«, rief Bill mit jener eigenartigen tiefen Stimme. »Verleih ihm unsere Kraft, wer immer du auch sein magst, verleih ihm unsere Kraft! Jetzt! Jetzt! Jetzt!«
    Beverly spürte, wie etwas von ihnen ausging, auf Mike überging. Ihr Kopf rollte in einer Art Ekstase von einer Seite zur anderen, und das raue Pfeifen von Eddies Atem vermischte sich mit dem tosenden Brausen des Wassers in den Kanalrohren.

12
     
    »Jetzt«, sagte Mark Lamonica leise. Er seufzte wie ein Mann, der fühlt, dass er gleich einen Orgasmus haben wird.
    Mike drückte immer und immer wieder auf die Klingel in seiner Hand. Er hörte sie im Zimmer der Krankenschwestern am Ende des Gangs läuten, aber niemand kam. In einer Art Vision erkannte er, dass die Schwestern dort herumsaßen, die Morgenzeitung lasen und Kaffee tranken; sie hörten sein Klingeln, und hörten es doch nicht; sie hörten es, reagierten aber nicht darauf; sie würden erst später in sein Zimmer kommen, wenn alles vorbei war, denn so lief das in Derry. In Derry übersah oder überhörte man manche Dinge besser … bis sie vorüber waren.
    Mike ließ den Klingelknopf los.
    Mark beugte sich über ihn; die Nadel der Spritze funkelte. Sein Christophorus-Amulett baumelte hypnotisch hin und her, während er die Decke zurückzog.
    »Genau hier«, flüsterte Mark. »Das Brustbein.« Und seufzte wieder.
    Mike spürte plötzlich, wie eine Welle von Kraft ihn erfüllte – eine enorme Kraft, die wie ein Stromstoß durch seinen Körper schoss. Er versteifte sich, und seine Finger spreizten sich wie im Krampf. Er riss die Augen weit auf, stieß eine Art Grunzen aus, und jenes schreckliche Gefühl der Lähmung fiel mit einem Schlag von ihm ab.
    Seine rechte Hand schoss auf den Nachttisch zu, wo ein Plastikkrug und ein schweres Cafeteria-Wasserglas standen. Seine Finger schlossen sich um das Glas. Lamonica spürte die Veränderung; jenes verträumte, befriedigte Licht in seinen Augen machte einer plötzlichen wachsamen Verwirrung Platz. Er wich ein Stück zurück, und Mike stieß ihm das Glas mit aller Kraft ins Gesicht.
    Lamonica schrie auf und taumelte rückwärts; die Spritze fiel ihm aus der Hand. Er griff sich ans blutende Gesicht; das Blut lief ihm über die Handgelenke und spritzte auf seinen weißen Kittel.
    Die Kraft verließ Mike so plötzlich, wie sie gekommen war. Er starrte dumpf auf die Glasscherben auf seinem Bett und seinem Krankenhaushemd und auf seine eigene blutende Hand. Er hörte auf dem Gang eilige Schritte, leises Quietschen von Kreppsohlen.
    Jetzt kommen sie, dachte er. O ja, jetzt kommen sie. Und wer wird hier auftauchen, wenn sie wieder gegangen sind? Wer kommt als Nächstes?
    Als sie in sein Zimmer stürzten – die Krankenschwestern, die ruhig sitzen geblieben waren, als er verzweifelt geklingelt hatte -, schloss Mike die Augen und betete, es möge vorüber sein. Er betete darum, dass seine Freunde jetzt irgendwo unter der Stadt waren, dass ihnen nichts passierte, und dass sie ihr Werk vollenden würden.
    Er wusste nicht genau, zu wem er eigentlich betete … aber er betete dennoch.

13
     
    Unter der Stadt, 6.54 Uhr
     
    »Ihm ist n-n-nichts p-passiert«, sagte Bill augenblicklich.
    Ben wusste nicht, wie lange sie in der Dunkelheit gestanden und sich bei den Händen gehalten hatten. Es kam ihm so vor, als wäre von ihnen, von ihrem Kreis, etwas ausgegangen und dann wieder zurückgekommen. Aber er wusste nicht, wohin dieses Etwas – wenn es überhaupt existierte – verströmt war, was es bewirkt hatte.
    »Bist du dir sicher, Big Bill?«, fragte Richie.
    »J-J-Ja.« Bill ließ Richies und Beverlys Hände los. »Aber w-wir m-m-müssen die S-S-Sache so sch-schnell wie m-m-möglich zu Ende bringen. K-K-Kommt.«
    Sie gingen weiter; Richie oder Bill zündeten von Zeit zu Zeit Streichhölzer an. Wir haben nicht einmal ein Blasrohr dabei, dachte Ben. Aber auch das muss wohl so sein, nicht wahr? Chüd.

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