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Eva Indra

Eva Indra

Titel: Eva Indra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bis aufs Blut
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Daneben waren trittbrettartige Vorrichtungen angebracht, offensichtlich, damit man beim Urinieren nicht ausrutschte. Zögernd löste Anna ihren erstaunten Blick vom Boden und blickte auf die geschlossene Türe vor sich. Kein Haken! In dieser Notlage hängte sie sich die Schlingen ihrer Handtasche um den Hals. Die anderen zwei Taschen hatte sie auf dem schmutzigen Boden abgestellt, es gab einfach keine andere Möglichkeit. Mit gewissen Schwierigkeiten, denn die Schlingen ihrer Handtasche waren nicht sehr lang und ihr Kinn streifte die Tasche, fischte sie das Corpus Delicti – den Umschlag heraus und klemmte ihn zwischen ihre Zähne. Dann beugte sie sich zu einer ihrer Taschen und nahm das Buch heraus. Schwindlig, der Geruch schien sie zu betäuben, schob sie es zeremoniell in das Kuvert, löste den Klebestreifen und verschloss den Umschlag sorgfältig. Dann steckte sie ihn in ihre Tasche und ein Gefühl der Erleichterung machte sich in ihr breit. Sollte sie jemals heil aus dieser Sache herauskommen, konnte sie das Buch verkaufen und sich mit dem gewonnenen Geld ihr Leben finanzieren. Sie war sich zwar nicht sicher wieviel Geld das Buch bringen würde, aber nach Leonards Angaben gab es nur ein einziges Exemplar dieses Buches auf der Welt.
    Mit einem Lächeln auf den Lippen trat sie aus der Kabine und fand unerwarteter Weise ihr Antlitz in dem verschmierten Spiegel im Vorraum wieder. Ihr Lächeln fror umgehend zu Stein, denn trotz all der Bräune war ihr Gesicht kreidebleich. Die Lippen waren aufgerissen durch das ununterbrochene nervöse Zupfen ihrer Zähne daran und dennoch waren sie so rot wie nie - insbesondere in diesem bleichen Gesicht, das ihr nun entgegen blickte und ihr völlig fremd schien. Es war, als hätten sich ihr Körper und ihre Seele unvermutet getrennt in diesem Fragment eines Blickes in den Spiegel und so fiel es ihr schwer, sich überhaupt von diesem ungewohnten Anblick ihrer selbst loszulösen. Letztendlich zwang sie sich dazu und begann mit einer endlos scheinenden Suche nach einem Stift in ihrer Handtasche. Als sie ihn dann endlich gefunden hatte, schrieb sie in großen Buchstaben die Adresse ihrer Freundin Lisa Koller auf das Kuvert. Lisa war die einzige Freundin, die sie in Wien hatte und obwohl sie schon länger nicht mit ihr gesprochen hatte, konnte sie doch darauf vertrauen, dass sie ihr helfen würde. Dann klebte sie alle Marken auf das Kuvert und steckte es wieder in die Handtasche. Eilig, nicht wegen des schlechten Geruchs – sie war erstaunt, wie schnell man sich auch an schlechte Gerüche gewöhnen konnte - schritt sie aus der Toilette. Die Schwingtüre pendelte immer noch, als sie schon fast beim blauen Postkasten war. Sehr schnell, denn der Postkasten war neben der Zeitschriftenhandlung, versenkte sie das Kuvert in dessen Schlitz, der mit Esterno beschriftet war und atmete erleichtert auf.
    Das Gewitter hatte wohl seinen Lauf genommen; denn mehr und mehr Menschen strömten in den Bahnhof und suchten entweder Unterschlupf oder aber kündigten indirekt die Ankunft eines ankommenden Zuges an. Der Postkasten war strategisch günstig in der Mitte der zwei Bahnsteige platziert. Begierig blickte sie, wie auch manche anderen Wartenden, entlang der Gleise in die Ferne. Einige Blicke hatten sich aber auf sie gerichtet und blieben dort haften wie lästige Kletten und so sehr sie auch versuchte diese zu ignorieren, konnte sie dennoch nicht widerstehen, diesen Blicken standzuhalten. Wussten Sie etwa schon davon? Um unbefangener die Szenerie beobachten zu können hatte sie das Verlangen, ihre Augen zu verdecken, deshalb
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Eva Indra Bis aufs Blut
    kramte sie ungestüm in der Handtasche nach ihrer Sonnenbrille. Dabei senkte sie ihren Kopf so stark seitlich, dass ihr wieder übel wurde. Sie konnte die Brille einfach nicht finden. Eine Zigarettenpackung war auch schon alles, was sie fand. Mit zittrigen Fingern zog sie eine Marlboro Lights aus dem Päckchen und heftete sie sich zwischen die zerschundenen Lippen. Erneut in der Tasche nach einem Feuerzeug kramend, trat ein Italiener auf sie zu und gab ihr Feuer. Anna zuckte erschreckt zusammen. Sie hatte den Mann neben sich bisher nicht bemerkt und das machte sie nervös. „Grazie!“, sagte sie dann so unbefangen wie nur möglich und wandte sich von ihm ab. Ihre unfassbare Schönheit machte es fast unmöglich, unentdeckt zu bleiben. Frauen und Männer konnten einfach den Blick nicht von ihr lassen und das war in der momentanen Situation nicht gerade

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