Exodus
Mach mir und dir bitte nicht vor, daß das etwa keine riskante Sache wäre.«
»Du machst mich krank«, sagte Jakob heftig. »Also gut, Yossi, mach nur so weiter und erschließe das Land unter der großmütigen Protektion dieser Halsabschneider, der Beduinen. Bitte sehr. Ich werde unsern Leuten sagen, mein Bruder befände sich in tiefer Meditation. Jedenfalls, ob mit dir oder ohne dich, die Wachmannschaften werden aufgestellt. Der Trupp, den du übernehmen solltest, begibt sich nächste Woche zu unserem Stützpunkt.«
»Und wo ist der?«
»Auf dem Berge Kanaan.«
Yossi schlug das Herz. Auf dem Berge Kanaan! Seine Lippen zitterten, aber er versuchte, seine Erregung zu verbergen. »Ich werde es mir überlegen«, sagte er.
Yossi überlegte es sich. Er war es leid, Land für die SchumannStiftung aufzukaufen und weitere Siedlungen zu errichten, die von Spenden leben mußten.
Ein Dutzend bewaffneter Juden, die ebensolche Hitzköpfe waren wie Jakob, konnten allerhand Ärger und Schwierigkeiten machen. Für eine bewaffnete Wachmannschaft benötigte man Klugheit und Zurückhaltung. Doch der Gedanke, in der Umgebung des Berges Kanaan zu leben und die Möglichkeit zu haben, von Zeit zu Zeit in das Hule-Tal zu kommen, war allzu verlockend.
Yossi trennte sich von der Schumann-Stiftung und stieß zu der neuen Gruppe, als diese am Berge Kanaan anlangte. Sie nannten sich Haschomer: die Wächter.
Das Gebiet, das Yossi mit seinem Trupp zu sichern hatte, erstreckte sich vom Berg Kanaan in einem kreisförmigen Bogen, der von Rösch Pina aus bis nach Safed und Meron führte. Yossi war sich darüber klar, daß es über kurz oder lang Ärger geben mußte. Die Beduinen würden zweifellos zurückschlagen, wenn sie erfuhren, daß sie ihren einträglichen Posten verloren hatten.
Yossi ersann einen Plan, der die Absicht verfolgte, die zu erwartenden Schwierigkeiten zu verhüten. Der bedrohlichste der Beduinenstämme in diesem Gebiet wurde von einem alten Renegaten und Schmuggler namens Suleiman angeführt, der sein Lager meist in den Bergen oberhalb von Abu Yesha aufschlug. Suleiman erpreßte als Lohn für seinen »Schutz« den vierten Teil dessen, was in Rösch Pina geerntet wurde. Am Tag nach seiner Ankunft, noch ehe die Araber etwas von der Anwesenheit der Wachmannschaften wußten, ritt Yossi allein und unbewaffnet los, um Suleimans Lager zu suchen.
Spät am Abend fand er es, jenseits von Abu Yesha, in der Nähe von Tel Chaj an der Grenze zum Libanon. Die mit Ziegenfell bespannten Zelte des Lagers standen unregelmäßig verstreut auf dem braunverwitterten Erdreich der Hügel. Diese ewigen Nomaden betrachteten sich als die reinsten und freiesten aller Araber und sahen mit Verachtung auf die ärmlichen Fellachen und auf die Bewohner der Städte herab. Das Leben des Beduinen war hart, doch er war ein freier Mann. Er war ein Kämpfer, der alle anderen Araber an Wildheit, und ein Händler, der alle anderen Araber an Gerissenheit übertraf.
Das Erscheinen des riesenhaften Fremden mit dem roten Bart verursachte allgemeinen Alarm. Die Frauen, in den schwarzen Gewändern der Beduinen, die Gesichter verhängt durch Ketten aus Münzen, brachten sich eilig in Sicherheit, als Yossi herangeritten kam.
Als er in der Mitte des Lagers angekommen war, kam ein negroider Araber auf ihn zu, offensichtlich ein Mann aus dem Sudan. Der Sudanese stellte sich als Suleimans Leibsklave vor und führte Yossi zu dem größten der Zelte, in dessen Nähe eine große Ziegenherde weidete.
Der alte Brigant kam aus seinem Zelt heraus. Er trug ein schwarzes Gewand und ein schwarzes Kopftuch. An seinem Gürtel hingen zwei reichverzierte silberne Dolche. Er war auf einem Auge blind, und sein Gesicht war von den Narben vieler Kämpfe bedeckt, zerfetzt von den Krallen der Frauen und den Messern der Männer.
Suleiman und Yossi musterten einander mit raschen Blicken, und der Besucher wurde in das Zelt geführt. Die Erde am Boden des Zeltes war mit Matten und Kissen bedeckt. Die beiden Männer ließen sich nieder. Suleiman befahl seinem Sklaven, Obst und Kaffee für den Gast zu bringen. Die beiden Männer rauchten gemeinsam aus einer langstieligen Wasserpfeife und tauschten eine halbe Stunde lang inhaltslose Höflichkeiten aus. Der Sklave brachte Reis mit Lammfleisch, und als Nachtisch gab es Melonen, während sie eine weitere Stunde lang Konversation machten. Suleiman war sich darüber klar, daß Yossi kein gewöhnlicher Jude sei und auch nicht in einer gewöhnlichen
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