Exodus
verdächtigen Posten auf, die Tag und Nacht in der Nähe der Souterrain-Wohnung standen. Sie fotografierten sie mit einem Teleobjektiv und identifizierten zwei der Wachtposten als bekannte Mitglieder der Makkabäer. Während sie
Jagd auf Schmuggler machten, waren sie rein zufällig auf ein Versteck der Makkabäer gestoßen. Auf Grund ihrer langjährigen Erfahrung mit den Makkabäern schien es ihnen geraten, das Nest sofort auszuheben. Sie organisierten die Sache in aller Eile und griffen völlig überraschend zu. Dabei hatten sie noch gar keine Ahnung, daß es sich bei dem verdächtigen Unternehmen sogar um das Hauptquartier der Makkabäer handelte.
Dov saß in einem der drei Zimmer der Souterrain-Wohnung, damit beschäftigt, einen Paß des Staates Salvador zu fälschen. Außer ihm war nur Akiba anwesend. Nachum ben Ami und Ben Mosche waren fortgegangen, um sich mit Seew Gilboa, dem Verbindungsmann zwischen der Hagana und den Makkabäern, zu treffen. Akiba kam in das Zimmer, in dem Dov arbeitete.
»Nun verrat mir doch mal, Kleiner Giora«, sagte Akiba, »wie hast du es bloß fertiggebracht, Ben Mosche einzureden, dich heute mitzunehmen?«
»Ich muß diesen Paß fertig machen«, brummte Dov.
Akiba sah auf seine Uhr und streckte sich dann auf dem Feldbett aus, das hinter Dov stand. »Sie müßten bald wieder da sein«, sagte er.
»Ich traue den Leuten von der Hagana nicht«, sagte Dov.
»Es bleibt uns im Augenblick nichts anderes übrig, als ihnen zu trauen«, sagte der alte Mann.
Dov hielt den Paß gegen die Lampe, um zu prüfen, ob man anhand des Wasserzeichens und des Stempels erkennen konnte, wo er radiert hatte. Es war eine gute Arbeit. Nicht einmal ein Fachmann konnte feststellen, wo er den Namen und die Beschreibung des früheren Paßinhabers verändert hatte. Dov beugte sich dicht über den Paß und ahmte die Unterschrift eines Paßbeamten des Staates Salvador nach. Dann legte er die Feder hin, stand auf und ging unruhig in dem engen Raum hin und her, sah immer wieder einmal nach, ob die Tinte schon getrocknet war, und nahm danach seine ruhelose Wanderung wieder auf, hin und her, hin und her.
»Sei nicht so ungeduldig, Kleiner Giora. Du wirst noch lernen, daß Warten das Schlimmste ist, wenn man illegal leben muß. Das Warten
— worauf eigentlich, frage ich mich oft?«
»Ich kenne diese Art zu leben schon von früher«, sagte Dov. »Richtig, richtig«, sagte Akiba. Er richtete sich auf und reckte sich. »Warten, warten, warten. Du bist noch sehr jung, Dov. Du solltest lernen, nicht ganz so ernst und nicht ganz so verbissen zu sein. Das
war immer mein Fehler. Ich war immer viel zu intensiv. Habe nie an mich gedacht, sondern Tag und Nacht nur für die Sache gearbeitet.« »Das klingt seltsam aus dem Munde von Akiba«, sagte Dov.
»Wenn man alt wird, dann wird einem vieles klar. Wir warten — warten auf eine Möglichkeit, weiter zu warten. Wenn sie uns erwischen, können wir bestenfalls damit rechnen, daß man uns des Landes verweist oder für lebenslänglich ins Gefängnis steckt. Doch heutzutage ist das Übliche, daß man jeden, den man erwischt, aufhängt. Das ist es ja, weshalb ich dir den guten Rat gebe: sei nicht so tierisch ernst. Unter den Makkabäern gibt es viele hübsche Mädchen, die es wunderbar fänden, wenn sie unseren Kleinen Giora kennenlernen könnten. Genieße dein Leben, solange dazu noch Gelegenheit ist.«
»Interessiert mich nicht«, sagte Dov mit Entschiedenheit.
»Ach, wirklich«, sagte der Alte mit freundlichem Spott. »Vielleicht hast du schon eine Freundin, die du uns verschwiegen hast.«
»Ich war früher mal mit einem Mädchen befreundet«, sagte Dov, »aber jetzt nicht mehr.«
»Ich muß Ben Mosche sagen, daß er ein Mädchen für dich ausfindig macht; dann sollst du mit ihr ausgehen und dich amüsieren.«
»Ich will kein Mädchen haben, ich will hier im Hauptquartier bleiben. Das ist wichtiger als alles andere.«
Der alte Mann streckte sich wieder auf das Feldbett aus und versank in Gedanken. Schließlich fing er an zu sprechen. »Du irrst dich, Kleiner Giora. Du irrst dich sehr. Das Wichtigste, was es gibt, das ist, morgens aufzuwachen und aus dem Fenster auf dein Land zu sehen, und dann hinauszugehen, dieses Land zu bearbeiten — und am Abend nach Haus zu kommen zu einem Menschen, den du liebst und der dich liebt.«
Der Alte wird wieder einmal sentimental, dachte Dov. Er untersuchte den Paß und stellte fest, daß die Tinte getrocknet war. Er klebte das
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