Extrem skurril - Heiteres, Unglaubliches und Skurriles aus Alltag, Recht & Co.
über regen Zulauf in ihre Praxis freuen. Nach ihren Abrechnungen verzeichnete die Ärztin enorme Steigerungen in Praxisbesuchen und auch die Zahl der von ihr durchgeführten Hausbesuche hatten Zuwachsraten, von denen andere Branchen nur träumen konnten. Zweistellige Zuwachsraten - Wer träumt nicht davon? Über Jahre hinweg klappte der Ablauf perfekt: Die tüchtige Ärztin reichte regelmäßig die Abrechnungsunterlagen bei den Krankenkassen ein und erhielt kurz darauf die dafür vorgesehene Vergütung nach dem maßgeblichen Katalog.
Es wäre vermutlich auch immer so weiter gegangen, wenn, ja wenn da nicht ein sehr eifriger Mitarbeiter in der Abrechnungsstelle der Krankenkasse gesessen hätte. Denn bei einer Routineprüfung der eingereichten Unterlagen der Ärztin fiel dem Sachbearbeiter in der Abrechnungsstelle auf, dass die Patientenzahlen sehr hoch sind und er machte sich den Spaß und rechnete die abgerechneten Leistungen einmal nach. Nach mehrmaligen Prüfungen kam er immer wieder auf das selbe Ergebnis: Die Zahlen konnten nicht stimmen. Denn gemäß der eingereichten Unterlagen hätte die Ärztin durchschnittlich 26 (!) Stunden am Tag arbeiten und Patienten versorgen müssen. Angesichts der Tatsache, dass auch für die Götter in weiß der Tag nur 24 Stunden hat eine absolute Unmöglichkeit.
Die Krankenkasse sah sich mit einem Abrechnungsbetrug konfrontiert und forderte jetzt von der Ärztin das in ihren Augen zu viel gezahlte Honorar in Höhe von knapp 300.000 D-Mark zurück. Doch wer jetzt denkt, die Ärztin zahlte reumütig die zu viel erhaltenen Honorare zurück, der irrt. Zwar war es erwiesenermaßen unmöglich, täglich mehr als 26 Stunden Tätigkeit für die Kassenpatienten in Rechnung zu stellen (immerhin haben auch für Ärzte die Tage nur 24 Stunden und auch Ärzte müssen hier und da mal schlafen oder ausruhen), doch das hielt die findige Ärztin nicht ab, sich im Recht zu fühlen. So ging sie schnurstracks zu einem verständnisvollen Rechtsanwalt und klagte gegen die Rückforderung. Als Argumentation brachte sie unter Anderem ins Feld, dass sie ja nichts dafür könne, dass ihre Berufskollegen ,so trödelten‘ und für gleiche Tätigkeiten im Dienst an den Patienten deutlich mehr Zeit benötigten als sie. Sie sei eben erheblich tüchtiger und außerdem sehr viel schneller, sodass sie eben auch deutlich mehr Patienten in viel kürzerer Zeit behandeln könne, als es Kollegen ansonsten tun. Deshalb würde die von der Krankenkasse angewandte ,Zeitschablone‘ für die einzelnen Behandlungen bei ihr nicht gelten können.
Auch wenn die Begründung kreativ und äußerst originell war, die Richter von der 26. Kammer des Sozialgerichts in Dortmund, die in diesem Fall unter Aktenzeichen S 26 KA 73/99 zu entscheiden hatten, konnten dem Tag am Ende nicht mehr Stunden geben, als er tatsächlich hatte und gaben der Klage der Ärztin letztendlich nicht statt. Auch wenn eine Ärztin besonders schnell behandeln könne, rechtfertigt das nicht, 26 Stunden tägliche Arbeitszeit dafür in Rechnung stellen...
***
Von Kühen, Gäulen und allerlei Reimkunst
Berüchtigt und vermutlich unter Juristen ein Kopfschütteln hervor rufend ist das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 02. Oktober 1984, welches dort unter dem Aktenzeichen 225 V 356/84 gefällt wurde und als „Bierkutscher Urteil“ in die Geschichte einging. Es mag nicht gerade seriös sein und hier und da einige typisch juristische Wort- und Satzstellungen aufweisen, aber lassen Sie sich daran nicht hindern, es komplett zu lesen, liebe Leser. Dieses Urteil zeigt, wie schnell sich ein Richter von unterschwelliger Ironie hin in die teils derbe Veralberung hinreißen lassen kann und ob Sie es glauben oder nicht, dieses Urteil wurde tatsächlich so gefällt, wie es jetzt in Auszügen wiedergegeben wird. Ein Richter, der Heinz Erhard, Aristoteles, das Telefonbuch, Märchenbücher aus den Dreißigern und sogar „Sponti-Sprüche“ als Urteilsbegründung zitiert mag nicht sonderlich seriös sein und alles andere als der angesehene Vertreter einer ganz besonderen Zunft, aber immerhin hat er Originalität bewiesen. Sie werden sehen, es lohnt sich, auch wenn man ansonsten juristische Texte meidet. Ist der Beginn noch vergleichsweise „trocken“ und vom unterschwelligen Humor (oder Verachtung des Richters an die Adresse des Klägers?) geprägt, so drückt der Richter am Ende unverhohlen seinen Missmut über
Weitere Kostenlose Bücher