Fahr doch zur Hoelle
Studienplan kann ich dir helfen, komm doch mit mir ins Theorieseminar, das ist ziemlich gut.“
Stella versuchte, sie loszuwerden, aber die andere folgte ihr hinunter zu den Bänken und begann, in wenigen Sekunden auch Stellas Hippiefreund in ein Gespräch zu verwickeln. Stella kam es vor, als würden sich die beiden schon kennen.
Und am Ende stellt sich raus, sie ist seine Ex oder etwas in der Art.
Von dem Moment an liefen sie sich immer und überall über den Weg: In der alten Krankenstation, im Lamione, auf den Raves und im kleinen Park. Ob es ihr gefiel oder nicht, sie mussten Freundinnen werden.
Zwei
Nach ein paar Stunden treffen sich Tina und Stella vor dem Brunnen auf der Piazza Aldo Moro.
„Wollen wir uns erst mal betrinken, bevor sie die ganzen Bars zumachen?“, fragt Stella.
„Betrinken wir uns, aber ein bisschen magisches Pulver würde bestimmt auch nicht schaden“, antwortet Tina.
Sie überqueren Piazza Umberto und Stella beugt sich hinter jede Palme, jede Zeder, um zu schauen, ob Sabino dort nicht irgendwo herumlungert. Eine Gruppe Punkabbestia am äußersten Ende des Platzes kommen auf sie zu, bitten um eine Spende. Die eine ist dünn wie ein Besenstiel, sie trägt eine Sonnebrille und scheint sich ihren grünen Haarschnitt von Wir Kinder vom Bahnhof Zoo abgeschaut zu haben. Der andere hat ein Piercing in der Wange und seine Augen durchqueren gerade einen fernen Orbit.
Diese neue Mode, sich das Koks zu spritzen, versteh’ ich echt nicht.
Tina zieht Stella mit sich mit, während die noch versucht, die beiden zu fragen, ob sie nicht etwas zu verkaufen haben.
„Methadon“, antwortet das Mädchen mit den grünen Haaren. Ihre Stimme klingt, als käme sie direkt aus dem Jenseits.
„In den Neunzigern war dieser Scheiß noch nicht im Umlauf“, flüstert Tina, während sie sich von den beiden Abgehalfterten entfernen.
Stella schaut sich weiter um, aber keine Spur von Sabino.
Der Einzige, von dem ich ein bisschen was hätte bekommen, ist nicht da. Bevor ich durchdrehe, stelle ich mir besser vor, dass er an einer Überdosis krepiert ist.
Als sie an der verranzten Kneipe in Via Melo ankommen, schallt ihnen schon das kehlige Gejaule von einem Dutzend alter Alkoholiker und Versager entgegen, die Tinas pinkfarbene Strähnen und Stellas Mini- Schottenrock kommentieren.
„Die oder die?“, fragt Stella und deutet auf eine zwei Liter Flasche Lambrusco und einen Tavernello derselben Größe.
„Spinnst du? So ’nen Dreck kipp ich mir nicht rein, ich wäre eher für ’nen harten Wodka Lemon.“
Gesagt getan. Pinky greift sich eine Flasche Wodka und zwei Lemon-Soda und knallt sie auf den Ladentisch. Stella folgt ihr, während sie einen dreisten Fettwanst wegschubst, der versucht ihren Rock anzuheben und dabei vor sich hin brabbelt.
Nichts als Lautmalerei. Übersetzt würde es wohl so viel bedeuten wie: Drehen wir zusammen eine Runde?
Tina und Stella leeren ihre Portemonnaies, beide schwarz, eines mit weißen Totenköpfen, das andere mit gelben Smileys drauf. Zusammen kommen sie auf die nötige Summe. Sie machen sich auf den Rückweg zum Bahnhof, um den berüchtigten Bus zum Zero zu nehmen.
Und wie soll ich’s jetzt anstellen, ihr zu sagen, dass im Zero heute Abend mal absolut gar nicht los ist?
Sie gehen nebeneinander her. Stella beschließt, dass es besser ist, wenn sie erst mal beim Zero ankommen, und dann so zu tun, als sei sie überrascht, dass es heute geschlossen ist. Doch Tina schlägt schon eine Planänderung vor:
„Hör mal, lass uns doch erst mal betrinken, bevor wir dort hinfahren, nicht, dass wir mit den Flaschen im Arm nicht reinkommen.“
Sie hat recht. In letzter Zeit machen sie in den Clubs weniger Stress, wenn du dir im Bad eine Line ziehst, als wenn sie dich mit ’ner selbst mitgebrachten Flasche erwischen.
„Lass uns in den kleinen Park gehen.“
„Der kleine Park“, wiederholt Tina und schließt nostalgisch die Augen, „ich erinner’ mich noch, wie ich mit meinen Punkfreunden immer dorthin gegangen bin, in den Neunzigern, als es noch eine Generation gab mit etwas Grips in der Birne.“
Die Pinke wirft der Blonden einen Blick zu, mit dieser typischen Mischung aus abschätzig und überlegen, die die ältere Generation der nachfolgenden entgegenbringt. In der Tat war Stella in den Neunzigern höchstens zehn Jahre alt, aber sie erinnert sich noch gut, wie der kleine Park in Via de Vito Francesco vor ein paar Jahren war: Immer voller Leute. Junge Leute,
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