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Fallende Schatten

Titel: Fallende Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gemma O'Connor
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Pförtner nicht gesagt?« Der Gegenstand ihrer eingehenden Prüfung unterbrach sie schroff in ihren Gedanken.
    »Der Pförtner«, setzte Mrs. Gilmore an, »der Pförtner hat mich zu Ihnen geschickt.« Sie lächelte entwaffnend. Miss Irene Spence erlag diesem Lächeln allerdings nicht. Der seltsame Akzent dieser alten Frau mißfiel ihr, sie konnte sich nicht vorstellen, aus welcher Gegend sie kam, und dachte gar nicht daran, sie danach zu fragen. Auf jeden Fall klang er eindeutig ungebildet, dessen war sie sich sicher. Irene (Betonung auf dem zweiten E, wenn’s recht ist) Spence hegte eine eher geringschätzige Meinung vom Organisationstalent der Professoren und hielt sich selber für etwas Besseres. Wenn sie schon nicht das College leitete, so war doch sie diejenige, die alles zusammenhielt. Sie würde sich den neuen Pförtner vorknöpfen. So eine Frechheit, diese laute, aufdringliche Person zu ihr ins Büro zu schicken. Die außerdem viel zu vertraulich tat.
    »Oh, ich habe aber schon vor langer Zeit einen Termin vereinbart«, erklärte Mrs. Gilmore zwar nicht ganz zutreffend, dafür aber mit Überzeugung. Wie sonst sollte sie einen Zeitraum von fünfzig Jahren umschreiben?
    »Dann müßte das in meinem Buch stehen«, verkündete die Sekretärin verdrossen. »Wie ist Ihr Name?« Argwöhnisch sah sie die Besucherin an, schlug einen in Leder gebundenen Terminkalender auf und fuhr mit dem Finger die einzelnen Spalten mehrerer Seiten entlang.
    »Gilmore, Gilmore. Mit dem Bibliothekar, sagten Sie?« fragte sie. »Tut mir leid, hier steht nichts.« Sie klappte das Buch nachdrücklich zu.
    »Entschuldigen Sie, nicht mit dem Bibliothekar. Mit dem Buchbinder«, erklärte Mrs. Gilmore gelassen.
    »Dem Buchbinder? « Die Sekretärin klang eindeutig pikiert. »Buchbinder haben wir hier keinen. Ich vermute, sie meinen einen unserer Konservatoren?« Mrs. Gilmore hatte nicht die leiseste Ahnung, was ein Konservator war. Bei dem Wort mußte sie an das Einwecken von Marmelade denken. Aber sie gab nicht nach.
    »Richtig«, entgegnete sie liebenswürdig.
    »Oh, nun, in diesem Fall haben Sie leider kein Glück. Besuchern ist der Zugang zur Werkstatt untersagt.« Miss Spences Lippen kräuselten sich zu einem höhnischen Lächeln. »Tut mir leid. Außerdem, wenn Sie tatsächlich Mr. Garnier sprechen wollen, kann ich Ihnen nur sagen, er empfängt nie jemanden.« Triumphierend schnaubte sie.
    Diesmal blickte sie nicht auf, und so entging ihr der Ausdruck von Erleichterung, der über Mrs. Gilmores Gesicht huschte.
    »Mich wird er empfangen«, erklärte sie freundlich, aber bestimmt. »Ich habe eine lange Reise auf mich genommen, und es ist wichtig. Wenn Sie mir also einfach den Weg zeigen, schaue ich schnell bei ihm vorbei.«
    »Tut mir leid, Madam, Sie können nicht einfach so durch das College spazieren. Allein«, erwiderte Irene Spence frostig und atmete laut und gequält ein. Sie nahm das Telefon und wählte eine Nummer. »Belegt«, erklärte sie und wandte sich wieder ihrer Schreibmaschine zu.
    Entrüstet richtete Mrs. Gilmore sich auf. »Ich sehe keinen Grund dafür, warum Sie mir gegenüber derart unhöflich sind«, erklärte sie, plötzlich von Ungeduld überwältigt. Sie beugte sich über den Schreibtisch und starrte in zwei verdutzte Augen, die sich auf ihre richteten. »Ich bin ein Gast des Colleges und Ihrer Stadt, also könnten Sie zumindest versuchen, mir das Gefühl zu vermitteln, als sei ich hier willkommen und nicht irgendeine hergelaufene Person.« Sie atmete tief ein und fuhr fort, solange sie die Oberhand hatte. »Also, zeigen Sie mir einfach, in welche Richtung ich gehen muß. Ich bin durchaus in der Lage, den Weg alleine zu finden.«
    Sie richtete sich wieder auf; ihr Gesicht war gerötet, und ihr Hut schwankte gefährlich auf ihrem Kopf. Miss Spence schaute angemessen zerknirscht drein.
    »Ich erledige hier nur meine Arbeit«, murmelte sie. Nach einer kurzen, bedeutungsschwangeren Pause, in der jede versuchte, die andere mit Blicken aus der Fassung zu bringen, gab die glücklose Miss Spence nach.
    »Na schön«, sagte sie unfreundlich. »Gehen Sie durch den ersten Hof und dann hinüber zu Treppenaufgang elf. Er ist mit einem X und einem I markiert.«
    »Was Sie nicht sagen. Nicht mit einem I und einem I?« erkundigte Mrs. Gilmore sich liebenswürdig.
    »Wir verwenden römische Ziffern«, setzte die Sekretärin an, ehe sie den Spott in den Augen der anderen bemerkte. »Gehen Sie schon.« Immerhin hatte sie die

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