0432 - Magico
Das menschliche Gesicht mit den schwarzen Haaren, die teuflisch blickenden Augen, der diabolisch verzogene Mund und die beiden Hörner, die aus der Stirn wuchsen, bewiesen Jane Collins, daß sie sich in der Gewalt eines Mächtigen befand. Er hatte ein großes Messer in der Hand und bedrohte sie damit.
Was um sie herum geschah, wußte sie nicht. Sie bekam es einfach nicht mit, denn Traum und Wirklichkeit gingen ineinander über. Der Mann hatte sie nur angestarrt und mit heiserer Stimme geflüstert: »Du bist es, du und keine andere, das schwöre ich dir. Auf dich hat er gewartet, du bist ideal. Er wird dein Inneres rauben und dich zu einer Marionette machen. Du, die ehemalige Hexe!« Jedesmal hatte er gelacht und Janes Angst noch gesteigert.
Er war Mensch und Satan zugleich. Jane erinnerte sich, wie sie von ihm geraubt worden war, aus der alten Templer-Kirche mitten in London hatte er sie weggeholt. Ihre Freunde John Sinclair und Suko hatten es nicht verhindern können.
Sie war in die Kutsche gestiegen und in die Hölle gefahren, wie ihr der Entführer van Akkeren gesagt hatte, doch die Hölle sah anders aus, und dem Teufel war sie bisher auch noch nicht gegenübergetreten.
Nur van Akkeren hatte sie gesehen. Ihn, den Grusel-Star, der sich als der rechtmäßige Nachfolger Baphomets bezeichnete. Er war ein Mensch und gleichzeitig ein Monster. Aus Haß schien er zu bestehen, und Jane war froh, als er sie allein gelassen hatte.
Zusammen mit dem Messer verließ er sie, hatte noch einmal zurückgeschaut und ein paarmal wissend genickt.
Jane war zwar allein geblieben, doch eine andere Gefahr näherte sich ihr lautlos.
Es war rund und nicht größer als ein Tennisball. Er rollte auf sie zu, stoppte plötzlich und zerplatzte, als wäre in seinem Innern eine kleine Bombe detoniert.
Gas drang hervor. Sichtbare Schwaden, die träge in Janes Richtung zogen. Sie konnte die Luft nicht anhalten, spürte, wie sie gegen ihr Gesicht strichen und sie die Gase zwangsläufig einatmete.
Das Bewußtsein wurde ihr genommen!
Sie fiel in den tiefen Schacht und dachte, kurz bevor es soweit war, jetzt können sie mit dir machen, was sie wollen.
Als sie erwachte, war sie woanders Sie lag auf dem Rücken, hatte alle viere von sich gestreckt. Jane wollte sich sofort aufrichten, doch das war nicht mehr möglich, denn man hatte ihre Hände irgendwo angebunden.
Mit den Füßen war das gleiche geschehen Als Jane vergeblich an den Fesseln zerrte, wurde ihr bewußt, daß für Vincent van Akkeren, ihren Entführer, das Spiel noch längst nicht beendet war.
Wo sie sich befand, hatte sie noch immer nicht herausfinden können, obwohl es nicht dunkel war. Die Umgebung war in kaltes, blaues Licht getaucht.
Jane atmete durch den Mund. Sie schmeckte die Luft, die ihr ungewöhnlich sauber vorkam.
Entführt!
Dieses Wort quälte ihre Fantasie, und sie dachte darüber nach, wie wohl ihre Freunde reagierten. John und Suko würden sicherlich alles daransetzen, um sie aus dieser Lage zu befreien.
Aber konnte sie auch gefunden werden?
Van Akkeren war schlau. Er wußte genau, was er tat, und er gehörte zu den Menschen, die keine Rücksicht auf andere nahmen.
Daß er Jane noch nicht getötet hatte, empfand sie nicht einmal als zu positiv. Es konnte durchaus sein, daß er Schrecklicheres mit ihr vorhatte.
Folter vielleicht… Jane wollte nicht daran denken. Erst einmal abwarten.
Van Akkeren schien Zeit zu haben. Er kam auch nicht, um ihr Essen oder Getränke zu bringen. Jane wurde müde, schlief ein, erwachte wieder, weil die Schmerzen in den Armgelenken zugenommen hatten.
Es war eine unnatürliche Haltung, die sie einnahm. Auch an den Fußgelenken spürte sie den Druck der Stricke oder Klammern.
Das blaue Licht brannte auch weiterhin. Die Lampe kam ihr wie ein Auge vor, das sie beobachten sollte. Ihre Kehle war rauh und ausgetrocknet.
Als sie rufen wollte, drang nur ein Flüstern über ihre Lippen.
Sollte sie hier sterben? Wollte man sie vielleicht verhungern oder verdursten lassen?
Eigentlich Unsinn, dann hätte van Akkeren sie nicht erst zu entführen brauchen. Sie ging davon aus, daß er etwas von ihr wollte. Fragte sich nur, was es war und ob er sich irgendwann einmal blicken ließ.
Aus ihrer näheren Umgebung hörte sie nichts. Eine beklemmende Stille lag über ihrem Gefängnis. Nur der eigene Atem war zu vernehmen und manchmal ihr Räuspern.
Ein paarmal fielen ihr wieder die Augen zu. Da überwogen die Schwäche und die Schmerzen. Und aus
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