Fatales Geheimnis: D.C. Affairs 1 (German Edition)
1. KAPITEL
Zuerst schlug ihm der Geruch entgegen.
„Uh, was zur Hölle ist das?“ Nick Cappuano ließ die Schlüssel in seine Manteltasche fallen und betrat das geräumige, gut ausgestattete Apartment im Watergate-Komplex, das sein Boss, Senator John O‘Connor, von seinem Vater geerbt hatte.
„Senator!“ Nick versuchte, den üblen metallischen Geruch zu identifizieren.
Er ging durch das Wohnzimmer, wo er einzelne Kleidungsstücke auf Sofas und Sesseln verstreut liegen sah. Die Sachen bildeten einen Pfad Richtung Schlafzimmer. John hatte sich gestern Abend auf dem Heimweg von einem Dinner mit der Führungsriege der Demokratischen Partei Virginias noch bei Nick gemeldet. Dabei hatte Nick seinen sechsunddreißigjährigen Boss daran erinnert, die Alarmanlage einzuschalten.
„Senator?“
John hasste es, wenn Nick ihn so nannte, doch Nick fand, die Leute sollten ihm so viel Respekt entgegenbringen.
Der eigenartige Geruch, der sich in der ganzen Wohnung ausgebreitet hatte, führte dazu, dass sich Nicks Nackenhaare aufstellten. „John?“
Er schritt ins Schlafzimmer - und schnappte nach Luft. John saß blutüberströmt aufrecht in seinem Bett, die Augen offen, der Blick jedoch leer. Ein Messer steckte in seinem Hals und heftete ihn an das Kopfteil des Bettes. Seine Hände lagen in einer Blutlache im Schoß.
Nick würgte. Das Letzte, was er wahrnahm, ehe er ins Bad stürzte, um sich zu übergeben, war, dass etwas aus Johns Mund hing.
Nachdem das heftige Würgen endlich aufgehört hatte, richtete Nick sich mit zitternden Beinen auf, wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab und lehnte sich an die Frisierkommode. Er wartete, ob noch mehr kommen würde. Sein Handy klingelte. Als er nicht ranging, vibrierte sein Pager. Nick brachte nicht die Kraft auf, sich zu melden und die Worte auszusprechen, die alles verändern würden. Der Senator ist tot. John wurde ermordet . Er wollte zu dem Moment zurückkehren, in dem er wütend im Auto gesessen und geglaubt hatte, sein ärgstes Problem an diesem Tag wäre, dass dieses große Kind wieder einmal verschlafen hatte.
Erinnerungen, die bis zu ihrer ersten Begegnung als Studienanfänger im Geschichtsseminar in Harvard zurückreichten, tauchten vor seinem inneren Auge auf, Hunderte Schnipsel an eine fast zwanzigjährige Freundschaft. Wie um sich davon zu überzeugen, dass das, was er gesehen hatte, Wirklichkeit war, spähte er ins Schlafzimmer. Beim Anblick seines besten Freundes, erstochen und blutbesudelt, zuckte er zusammen.
Tränen brannten ihm in den Augen, er riss sich allerdings zusammen. Nicht jetzt. Vielleicht später, aber nicht jetzt. Sein Handy klingelte erneut. Diesmal schaute er aufs Display. Es war Christina, seine stellvertretende Stabschefin. Doch er meldete sich nicht. Stattdessen wählte er die Nummer der Polizei.
Er atmete tief durch, damit er sich nicht hysterisch anhören würde. „Ich muss einen Mord melden“, sagte er und gab die Adresse durch. Anschließend stolperte er ins Wohnzimmer, wo er auf das Eintreffen der Polizei wartete. Das Bild seines toten Freundes würde ihn auf ewig verfolgen.
Zwanzig Minuten später trafen zwei Officer ein. Sie warfen einen kurzen Blick ins Schlafzimmer und forderten per Funk Verstärkung an. Nick war überzeugt, dass keiner der beiden das Opfer erkannte.
Er fühlte sich wie von einer riesigen Welle überrollt, die ihn immer weiter vom sicheren Ufer wegtrug, bis das Atmen mühsam wurde. Er schilderte den Cops genau, was passiert war - dass sein Boss nicht zur Arbeit erschienen und er daraufhin zu ihm gefahren war, weil er nach ihn sehen wollte, und ihn tot aufgefunden hatte.
„Der Name Ihres Chefs?“, fragte einer der Polizisten.
„United States Senator John O‘Connor.“ Nick beobachtete, wie die beiden jungen Polizisten blass wurden und sofort mit mehr Nachdruck Verstärkung anforderten.
„Ein weiterer Skandal im Watergate“, hörte er einen von ihnen murmeln.
Schon wieder ging Nicks Handy. Diesmal nahm er ab.
„Ja?“, sagte er leise.
„Nick!“, schrie Christina. „Wo zur Hölle steckt ihr? Trevor dreht durch!“ Das bezog sich auf den Kommunikationschef, der für diesen Vormittag eine Reihe von Interviewterminen mit dem Senator anberaumt hatte.
„Er ist tot, Chris.“
„Wer ist tot? Wovon redest du?“
„John.“
Ihr leises Weinen brach ihm das Herz. „Nein!“ Nick war bekannt, dass sie heimlich in John verliebt war, jedoch Profi genug, um sich niemals von diesen Gefühlen
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