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Faust: Der Tragödie erster Teil

Faust: Der Tragödie erster Teil

Titel: Faust: Der Tragödie erster Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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dem Busen quillen.
  Aber warum muß der Strom so bald versiegen,
  Und wir wieder im Durste liegen?
  Davon hab ich so viel Erfahrung.
  Doch dieser Mangel läßt sich ersetzen,
  Wir lernen das Überirdische schätzen,
  Wir sehnen uns nach Offenbarung,
  Die nirgends würd'ger und schöner brennt
  Als in dem Neuen Testament.
  Mich drängt's, den Grundtext aufzuschlagen,
  Mit redlichem Gefühl einmal
  Das heilige Original
  In mein geliebtes Deutsch zu übertragen,
  (Er schlägt ein Volum auf und schickt sich an.)
      Geschrieben steht: "Im Anfang war das Wort!"
  Hier stock ich schon! Wer hilft mir weiter fort?
  Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen,
  Ich muß es anders übersetzen,
  Wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin.
  Geschrieben steht: Im Anfang war der Sinn.
  Bedenke wohl die erste Zeile,
  Daß deine Feder sich nicht übereile!
  Ist es der Sinn, der alles wirkt und schafft?
  Es sollte stehn: Im Anfang war die Kraft!
  Doch, auch indem ich dieses niederschreibe,
  Schon warnt mich was, daß ich dabei nicht bleibe.
  Mir hilft der Geist! Auf einmal seh ich Rat
  Und schreibe getrost: Im Anfang war die Tat!
      Soll ich mit dir das Zimmer teilen,
  Pudel, so laß das Heulen,
  So laß das Bellen!
  Solch einen störenden Gesellen
  Mag ich nicht in der Nähe leiden.
  Einer von uns beiden
  Muß die Zelle meiden.
  Ungern heb ich das Gastrecht auf,
  Die Tür ist offen, hast freien Lauf.
  Aber was muß ich sehen!
  Kann das natürlich geschehen?
  Ist es Schatten? ist's Wirklichkeit?
  Wie wird mein Pudel lang und breit!
  Er hebt sich mit Gewalt,
  Das ist nicht eines Hundes Gestalt!
  Welch ein Gespenst bracht ich ins Haus!
  Schon sieht er wie ein Nilpferd aus,
  Mit feurigen Augen, schrecklichem Gebiß.
  Oh! du bist mir gewiß!
  Für solche halbe Höllenbrut
  Ist Salomonis Schlüssel gut.
  GEISTER (auf dem Gange):
  Drinnen gefangen ist einer!
  Bleibet haußen, folg ihm keiner!
  Wie im Eisen der Fuchs,
  Zagt ein alter Höllenluchs.
  Aber gebt acht!
  Schwebet hin, schwebet wider,
  Auf und nieder,
  Und er hat sich losgemacht.
  Könnt ihr ihm nützen,
  Laßt ihn nicht sitzen!
  Denn er tat uns allen
  Schon viel zu Gefallen.
      FAUST:
  Erst zu begegnen dem Tiere,
  Brauch ich den Spruch der Viere: Salamander soll glühen,
  Undene sich winden,
  Sylphe verschwinden,
  Kobold sich mühen. Wer sie nicht kennte
  Die Elemente,
  Ihre Kraft
  Und Eigenschaft,
  Wäre kein Meister
  Über die Geister. Verschwind in Flammen,
  Salamander!
  Rauschend fließe zusammen,
  Undene!
  Leucht in Meteoren-Schöne,
  Sylphe!
  Bring häusliche Hülfe,
  Incubus! Incubus!
  Tritt hervor und mache den Schluß! Keines der Viere
  Steckt in dem Tiere.
  Es liegt ganz ruhig und grinst mich an;
  Ich hab ihm noch nicht weh getan.
  Du sollst mich hören
  Stärker beschwören. Bist du, Geselle
  Ein Flüchtling der Hölle?
  So sieh dies Zeichen
  Dem sie sich beugen,
  Die schwarzen Scharen! Schon schwillt es auf mit borstigen Haaren.
  Verworfnes Wesen!
  Kannst du ihn lesen?
  Den nie Entsproßnen,
  Unausgesprochnen,
  Durch alle Himmel Gegoßnen,
  Freventlich Durchstochnen? Hinter den Ofen gebannt,
  Schwillt es wie ein Elefant
  Den ganzen Raum füllt es an,
  Es will zum Nebel zerfließen.
  Steige nicht zur Decke hinan!
  Lege dich zu des Meisters Füßen!
  Du siehst, daß ich nicht vergebens drohe.
  Ich versenge dich mit heiliger Lohe!
  Erwarte nicht
  Das dreimal glühende Licht!
  Erwarte nicht
  Die stärkste von meinen Künsten!
  (Mephistopheles tritt, indem der Nebel fällt, gekleidet wie ein
  fahrender Scholastikus, hinter dem Ofen hervor.)
      MEPHISTOPHELES:
  Wozu der Lärm? was steht dem Herrn zu Diensten?
      FAUST:
  Das also war des Pudels Kern!
  Ein fahrender Skolast? Der Kasus macht mich lachen.
      MEPHISTOPHELES:
  Ich salutiere den gelehrten Herrn!
  Ihr habt mich weidlich schwitzen machen.
      FAUST:
  Wie nennst du dich?
      MEPHISTOPHELES:
  Die Frage scheint mir klein Für einen, der das Wort so sehr verachtet,
  Der, weit entfernt von allem Schein,
  Nur in der Wesen Tiefe trachtet.
      FAUST:
  Bei euch, ihr Herrn, kann man das Wesen
  Gewöhnlich aus dem Namen lesen,
  Wo es sich allzu deutlich weist,
  Wenn

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