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Feindgebiet

Titel: Feindgebiet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Cole & Chris Bunch
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drohen, handeln Sie sich nur blutige Stümpfe ein.«
    Pastour verstand, was er meinte. Die Tahn würden nicht anders handeln. Vielleicht hatten sie vor vielen Jahren einen falschen Weg eingeschlagen. Das Bild des Imperators in der Öffentlichkeit war das eines freundlichen, besorgten, tatkräftigen und gutaussehenden, jugendlich wirkenden Onkels, dessen durchaus sichtbares Alter eine gehörige Portion Lebensweisheit durchschimmern ließ. Dieses Bild war offensichtlich falsch. Vielleicht war der Imperator den Tahn ähnlicher, als die Tahn selbst es glaubten.
    Pastour fragte sich, wie blutig der Imperator wohl Rache nehmen würde, falls den Gefangenen von Koldyeze – besonders den wichtigen Gefangenen – etwas zustieß. Pastour lief es bei dem Gedanken an sein Volk eiskalt den Rücken hinunter. Er wusste, was er an der Stelle des Imperators tun würde.
    Er rief sich wieder in die Gegenwart zurück. Sten musterte ihn, als könnte er dabei zusehen, wie sich Pastours Gedanken formten, wieder auflösten und neu formten.
    »Sie sind nicht wegen Koldyeze hier«, sagte Pastour Sten auf den Kopf zu.
    »Nein. Das ist nur ein Teil davon.«
    Sten glitt von seinem erhöhten Sitz herunter und ging nachdenklich auf dem Weg auf und ab, wobei er beiläufig einen Blick auf die Pflanzen in ihren hydroponischen Schalen warf. »Der Imperator macht sich Gedanken darüber, was mit Ihrem Volk geschehen soll. Jetzt, wo Fehrle tot ist. Wer tritt seine Nachfolge an? Mit wem wird er verhandeln müssen?«
    »Das kann ich mir denken«, sagte Pastour, ohne seinen Sarkasmus zu verbergen. »Vermutlich glaubt er, wir rollen uns jetzt alle auf den Rücken und spielen toter Mann. Wie in den alten Livies. Der Kriegerhäuptling ist umgekommen. Der Stamm hat keinen Mut zum Kämpfen mehr. Wieder ein Krieg gewonnen und aus.«
    »Wenn Sie das denken«, erwiderte Sten, »dann kennen Sie meinen Boss sehr schlecht. Ich stelle mir eher vor, dass er sich fragt, wie viele von euch er noch töten muss, bevor ihr endlich begreift, dass ihr verloren habt.
    Sie wissen doch, dass Sie verloren haben, oder etwa nicht?«
    Diese Frage überraschte Pastour völlig – hauptsächlich deshalb, weil er sie selbst schon seit geraumer Zeit erfolgreich verdrängt hatte. Jetzt musste er sie beantworten. Es war, als hätte sich direkt über ihm eine große schwarze Gewitterwolke entladen, und jetzt stand er mitten in der Sturmflut. Niederlage. Kapitulation. Erniedrigung. Aber natürlich. Sie hatten verloren. Es war vorbei, doch Pastour konnte nichts unternehmen, um dem Wahnsinn ein Ende zu machen. Er brachte kein Wort heraus und nickte nur.
    »Für Sie heißt es jetzt, darum zu kämpfen, was nach der Kapitulation geschieht«, sagte Sten. »Ehrenhafter Frieden und dieses ganze diplomatische Geschwätz. Was Ihr Volk jetzt dringend braucht, ist ein wirklicher Anführer, der mit dem Imperator verhandeln kann und trotz allem die Ehre der Tahn verteidigt.«
    »Und der Imperator hält mich für diese Person? Unmöglich. Ich habe nicht genügend Stimmen – einmal angenommen, ich wollte es überhaupt tun.«
    »Einmal angenommen, Sie wollen es tun«, stimmte ihm Sten zu. Beiden Männern war bewusst, dass Pastour soeben mit dieser einschränkenden Formulierung die Grenze überschritten hatte.
    »Der Imperator sieht es folgendermaßen«, fuhr Sten fort.
    »Die einzige Führungspersönlichkeit, die so etwas wie Reputation vorweisen kann, ist Lady Atago. Aber sie bat zu viele Feinde im Rat, um eine Abstimmung zu gewinnen.
    Deshalb kommt an zweiter Stelle eine wie auch immer zusammengesetzte Gruppe mehrerer Kompromißkandidaten in Frage. Sagen wir, Atago und jeweils einer aus den stärksten Fraktionen. Ich könnte mir vorstellen, dass Ihr Name garantiert auf solch einer Liste auftaucht.«
    Da war sich Pastour ebenfalls sicher. »Und drittens?«
    »Es gibt kein drittens«, sagte Sten. »Nur diese beiden Möglichkeiten. Wenn Sie mich fragen, ist bei einer Führungsgruppe noch nie etwas Gutes herausgekommen. Das führt allzu schnell zu einem verheerenden Durcheinander. Niemand will die Verantwortung auf sich nehmen, deshalb geschichtlich niemals etwas. Oder es endet im Bürgerkrieg, und dann ist keiner mehr verantwortlich.«
    »Ich stimme Ihnen zu«, sagte Pastour.
    »Dann lautet die einzige logische Möglichkeit Lady Atago«, entgegnete Sten.
    Pastour konnte nicht glauben, was er da hörte. Sten hatte selbstverständlich recht, aber warum sollte der Imperator jemanden unterstützen, der den

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