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Felidae

Felidae

Titel: Felidae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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Gebäudes, dort, wo sich die Kellerfenster befanden und ein schmaler Kiesweg zur Straße hinführte. Überperfekt, wie es seine Art war, hatte Pascals Besitzer für die Gewährleistung der Bewegungsfreiheit seines Lieblings eine ideale Lösung gefunden. Ganz unten an der Mauer war nämlich ein speziell für unsere Art entworfener Eingang angebracht, der selbstverständlich vortrefflich zum hochmodischen Interieur pa ß te. Er bestand aus einem tellergroßen Loch, das von einem silbern glänzenden Stahlring eingefasst war. Als Tür dienten fächerförmig angeordnete Plastiklamellen. Man brauchte nur leicht mit dem Kopf dagegenzustoßen, damit sie sich wie die Blenden eines Fotoapparates automatisch öffneten und, sobald man das Loch passiert hatte, wieder schlossen.
    Ich marschierte schnurstracks zum Arbeitszimmer, doch anstelle von Pascal saß diesmal der Hausherr persönlich vor dem Computer. Es reizte mich nicht schlecht, diesen am Hinterkopf Karl-Lagerfeld-bezopften Trendjunkie genauer unter die Lupe zu nehmen. Aber zur Zeit hatte ich weiß Gott andere Probleme.
    Pascal fand ich schließlich in dem fast leeren Wohnzimmer mit den beiden Genitalgemälden an den Wänden. Er döste auf einem großen, scharlachroten Samtkissen mit goldfarbenen Zierkordeln und an jeder Kante majestätisch herunterbaumelnden Troddeln. Der ganze Raum wurde allein von drei winzigen, in die Decke eingelassenen Halogen-Strahlern beleuchtet, die enge Lichtkegel auf den Parkettboden warfen.
    Der Anblick von Pascal ließ in mir spontan die Assoziation zu einem greisen, tragischen König aus einem Stück von Shakespeare auftauchen. Und in der Tat, Pascal führte unter dem Schutz seines liebevoll besorgten und mit viel Geld ausgestatteten Herrchens ein königliches Leben. Unwillkürlich mu ß te ich an all die geschundenen, getretenen und gequälten Kreaturen in dieser Welt denken, denen nicht so viel Glück zuteilwurde wie ihm. Kreaturen, die von Menschen nur aus Spaß gefoltert wurden; Kreaturen, die Menschen sich als Spielzeuge anschafften, um ein bi ß chen mit ihnen zu spielen, ihrer dann überdrüssig wurden und sie wegschmissen; Kreaturen, die vor den Augen gutgenährter Menschen verhungerten; Kreaturen, die brutal getötet wurden, weil man aus ihren Fellen Mäntel oder Handtaschen schneidern wollte; Kreaturen, die die Menschen bei lebendigem Leibe kochten, weil sie dies für den Gipfel der kulinarischen Genüsse hielten; Kreaturen, die unter den Lasten, die sie tagtäglich schleppen mu ß ten, zusammenbrachen; Kreaturen, die ihr Leben lang nichts anderes gekannt hatten, als aus engen Käfigen grimassierenden Menschenvisagen entgegenzublicken oder irgendwelche schwachsinnigen, ganz und gar nicht artgerechten Kunststückchen vorzuführen; Kreaturen, die homosexuell wurden, vergewaltigten, zwanghaft onanierten, sich selbst verstümmelten, ihre Kinder fraßen, in Apathie und Depression verfielen, ihre Artgenossen töteten und schließlich und endlich Selbstmord begingen, weil sie in einem Gefängnis mit dem romantisch klingenden Namen Zoo saßen, wo man sie bestaunte und bestaunte und bestaunte, bis sie aus Verzweiflung diese schrecklichen Dinge taten; Kreaturen, die von heute auf morgen ihres natürlichen Lebensraums beraubt wurden, weil die Menschen immer mehr Naturschätze brauchten. Zugegeben, es gab auch Privilegierte wie Pascal, die unter von Menschen geschaffenen Bedingungen ein geradezu paradiesisches Leben führten. Doch diese Einsicht tröstete mich nur schlecht über die weltweite Tragödie hinweg. Das einzige, was mir etwas Mut machte, war die trügerische Hoffnung, da ß sich die Menschen eines fernen Tages an den verstaubten Vertrag erinnern würden, den sie vor Urzeiten mit uns unterzeichnet, dann jedoch schändlich gebrochen hatten. Sie würden ihre Fehler einsehen und uns um Verzeihung bitten. Natürlich würde nichts, was jemals sein würde, so gut sein, wie das, was hätte sein können. Aber wir waren zum Verzeihen bereit, würden akzeptieren, alle unsere ihretwegen geweinten Tränen nicht in Rechnung zu stellen. Es war der Traum eines Narren, doch ich wollte diesen Traum bis an mein Lebensende w eiterträumen, weil ich felsenfest davon überzeugt war, da ß einzig und allein Träume über die dreckige Wahrheit zu siegen vermögen.
    Pascal erwachte allmählich aus seinem Dämmerzustand. Als er mich erkannte, ri ß er seine alten Augen verblüfft auf.
    »Francis! Das ist aber eine Überraschung. Warum hast du mir durch

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