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Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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meinem Kopf, kein besonders vertrauenerweckender Bursche. Hier ist deine Chance! Es war schwer zu sagen, ob er das ernst meinte oder im geheimen vor Lachen losprustete. Dir ist hoffentlich klar, daß du dann, vorsichtig ausgedrückt, deine Freßgewohnheiten etwas ändern müßtest, schaltete sich daraufhin der Pessimist ein. Vor allem, was die Menge der Nahrung angeht - gesetzt den Fall, du findest überhaupt welche! Dieser Kerl wirkte extrem seriös, doch haftete ihm etwas Apathisches, ja Behäbiges an, als ließe er die Dinge am besten, wie sie sind.
    Bevor in der Diskussion das Problem einmal mehr zerredet zu werden drohte, blinkte vor mir das Porträt meiner bedrohlichen Nußknackerin im scharlachroten Chirurgenoutfit auf, und die Entscheidung fiel mir leicht. Die Schläge des Schicksals mußte man entweder einstecken, oder man mußte für den Abwehrpanzer einiges auf dem Altar der Bequemlichkeit opfern, einschließlich sich selbst. »Es gibt nur einen angeborenen Irrtum, und es ist der, daß wir da sind, um glücklich zu sein.« Wer hatte das noch einmal gesagt? Na wer wohl!
    Ein letzter Blick voll Sehnsucht in die Wohnung zurück, in der man künftig auf mein Schnurren würde verzichten müssen, eine letzte Abschiedsmeditation über meinen geliebten Edelstahlnäpfen, die mir bisweilen verheißungsvoller erschienen waren als die Zitzen meiner nie gekannten Mutter, und ein letztes Ade im Geist an den grandiosen Einfaltspinsel Gustav (an den Gustav vor der Gehirnwäsche), und los ging's mit der Flucht. Ich wischte mir mit der rechten Vorderpfote die Tränen vom Gesichtsfell, unterdrückte das Schluchzen und tat den ersten Schritt in die Freiheit ( 4 ).
    Meine Exkursion ins Herz der Finsternis begann mit einem simplen Sprung. Ich ließ mich vom Fenster auf den Balkon und von dort auf das niedriggelegene Terrassengeländer fallen. Über Zickzackrennpisten oberhalb der Mauern und geheime, nur mir bekannte Löcher in den Eingrenzungen der Gärten gelangte ich schnell in den gepflegten Dschungel aus Rhododendronsträuchern und Zierstauden. Von hier aus fand ich wie im Schlaf den über eine Baulücke führenden Weg auf die Straße. Ein kleiner Sprint auf dem Bürgersteig parallel zu der Strecke, die ich eben über den Umweg der Gärten genommen hatte, und schon stand ich innerhalb von Sekunden wieder vor dem Haus, das ich soeben verlassen hatte. Menschen sind auf Türen, Stufen und gerade Wege angewiesen, da ihr Knochenbau und ihre Muskulatur, die auf einer bedauernswerten Flexibilitätsstufe zurückgeblieben sind, ihnen scheinbar nur die Möglichkeit lassen, sich wie eine vorsintflutliche, unter ihrem Gewicht ächzende Lokomotive auf geregelten Bahnen zu bewegen. Hochpeinlich wird die ganze Angelegenheit allerdings, wenn sie ihr athletisches Unvermögen auf den vielen Olympiaden dieser Welt mittels modernster Meßinstrumente akribisch registrieren, ja sogar live im Fernsehen übertragen und schließlich die kläglichen Ergebnisse mit Pokalen und Medaillen prämieren. Wenn ich's mir recht überlege, sind wir ihnen eigentlich nur in einer Disziplin unterlegen, nämlich in der Ausdauer. Aber wahrscheinlich braucht man die, um so viel Versagen im Bereich der Physis zu ertragen.
    Durch den immer stärker werdenden Regen war ich inzwischen ganz schön naß geworden. Als ich den Kopf zu der Hochparterrewohnung des Altbaus streckte, stellte ich erstaunt fest, daß bereits jetzt eine Entfremdung stattgefunden hatte. Denn wie das mächtige Gebäude in der Finsternis so gen grollenden Himmel ragte, der Fassadenanstrich wie die Haut eines Verwesten bis zum fleckigen Grau der Steine abgeblättert, die Giebelfenster wie ausgestochene Augen in einem ausgemergelten Kopf, da empfand ich kein Gefühl der Vertrautheit mehr. Es war, als hätte ich nie in diesem Haus gewohnt, nie einen Freund darin gehabt, nie Freud und Leid mit ihm geteilt. Plötzlich war es ein oller Kasten wie jeder andere, der nach einer Luxussanierung lechzte. Gut so, denn nun brauchte ich nicht auch noch den wunderbaren Zwiebelerkern und den unter dem Kranzgesims wachsenden und garantiert alle bösen Geister dieser Welt fernhaltenden Dämonenköpfen aus Basalt eine Träne nachzuweinen. Offenkundig hatte ich die Bude und mein spießiges Leben darin sowieso satt gehabt.
    Ich trippelte auf dem Trottoir weiter, einfach geradeaus, während der Frühlingsregen mir einen ersten Vorgeschmack auf ein sommerliches Geplansche gab. Es stimmt nämlich keineswegs, daß wir

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