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Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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solch einem gründlichen Vollwaschgang versagte. Zwar konnte ich mich noch vage an dieses und jenes außergewöhnliche Gebäude erinnern und mir ein paar wichtige Abzweigungen vergegenwärtigen, doch verschmolzen nun selbst diese wenigen Orientierungsrudimente zu einem einzigen Geknäuel beliebiger Straßenansichten.
    Innerhalb weniger Minuten hatte sich meine euphorische Aufbruchstimmung in nackte Panik verwandelt. Das tosende Gewitter hatte nicht nur den Schmutz von den Alleen fortgespült, sondern auch all die Traumtänzerei über den Wilden Francis, der in Gottes freier Natur aufgenommen werden würde wie in Mutters Schoß. Mein sehnlichster Wunsch war es, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen und zwischen die Rippen der Heizung zu kriechen, und zwar so lange, bis man mich als Schmorbraten zum Mittagsmahl servieren konnte. Mal ehrlich, erwies sich die Sexualität nicht immer wieder als eine verdammt nerven- und kräftezehrende Angelegenheit, die den Aufwand im Vergleich zu der erzielten Wonne nur selten lohnte? Und war die Welt nicht überbevölkert genug? Geschlechtsverkehr gehörte doch eher zum Vergnügungsrepertoire gewöhnlicher Zeitgenossen, die einfach zu blöd und zu faul waren, um ein gescheites Buch zu lesen, und sich statt dessen zwanghaft mit ihren Genitalien und dem daraus entspringenden hirnlosen Amüsement beschäftigten. Ja, so war es, ich würde auf meine Nüsse verzichten und bis an mein Lebensende gescheite Bücher lesen. Und jetzt nichts wie weg hier!
    Ein Blitz, ein Donnerknall, und durch eine Laune des Sturmwindes sah ich im grellen Licht, wie eine Regengardine in der Mitte zerriß und die Sicht auf die Einmündung einer dunklen Gasse mit Kopfsteinpflaster freigab, von der ich gekommen zu sein glaubte. Sie stieß direkt auf eine Kreuzung, ebenso wie die etwas abschüssige Straße, in der ich mich befand. Ich schaute gebannt in Richtung der Gasse, bis das Leuchten des Blitzes erlosch. Es konnte eine Einbildung gewesen sein, doch vermeinte ich tatsächlich einen vertrauten Ort wiedererkannt zu haben. Da die Gasse von meinem Aufenthaltspunkt aus gesehen auf der entgegengesetzten Seite lag, war es das Effektivste, die Straße in einer Diagonalen zu überqueren und dann an der Kreuzung rechts abzubiegen. Hierbei würde ich zwar im pfotentiefen, wie ein flacher Bach den Asphalt herunterfließenden Wasser waten, aber die Mühe würde sich letztendlich lohnen.
    Ich stieg in den schuppenförmig zerfließenden Strom hinein und eilte zur Straßenmitte. Dadurch kam ich zwar endgültig in den Genuß eines Totalbades, aber das spielte bei meinem Zustand auch keine Rolle mehr. Je mehr ich mich dem Ziel näherte, desto deutlicher sah ich im schummerigen Schein der Eckstraßenlaterne, daß im Nabel der Kreuzung der Gullydeckel wie von Geisterhand zum Erzittern gebracht wurde. Die Ablaufroste auf beiden Seiten der Straße schluckten sicherlich keinen geringen Teil der Flut, doch mußten in der Kanalisation bei solch einer gewaltigen Niederschlagsmenge katastrophale Zustände herrschen, so daß hier und da plötzliche Abwassereruptionen drohten und die Kanaldeckel unter dem immensen Druck weggesprengt werden konnten. Es war also ratsam, einen Zahn zuzulegen und die Gasse zu erreichen, bevor ich mit einer derartig unliebsamen Situation konfrontiert wurde. In dem Moment, in dem mir dieser Gedanke durch den Kopf schoß, hörte ich hinter mir ein Brausen und Branden, als wenn der Atlantik höchstpersönlich Einzug in die Stadt halten würde. Ich riß mich herum und hielt Ausschau nach der Ursache des Getöses. Fassungslos sah ich, wie eine die gesamte Straßenbreite einnehmende, zirka einen halben Meter emporragende Hochwasserwelle schäumend und tosend um die Ecke bog und mit rasender Geschwindigkeit auf mich zuwälzte. Verflixt und zugenäht, hatten denn alle Naturkatastrophen dieses Universums nur darauf gewartet, bis ich den ersten Schritt in die Selbständigkeit tat! Nein, nicht alle - einige standen noch bevor. Als ich nämlich den Kopf wieder nach vorne wandte, um die beste Ausweichmöglichkeit abzuchecken, wurde ich voll Entsetzen gewahr, wie der Gullydeckel auf der Kreuzung durch eine Brachialfontäne aus dem Untergrund nach oben geschleudert wurde. Die Lähmung, die diese Schrecksekunden auslösten, wurde zu meinem Verhängnis. Ich hatte mit der Betrachtung des Schauspiels zu viel Zeit vergeudet, und ehe ich mich versah und von der Straßenmitte wegkommen konnte, erwischte mich die Welle von

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