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Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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Offenkundig hatte das kostbare Stück nur noch notdürftig an einer zerbissenen Sehne gehangen. Über all diesem Fleischmatsch lag der Geruch, dessen Analyse ich rückblickend unbewußt verweigert hatte, weil neuer Schrecken nicht zu meinem Schlafbedürfnis paßte.
    Bevor ich vor Fassungslosigkeit den Verstand verlor, drehte ich mich weg und würgte die halbverdauten Reste der in der Kanalisation verspeisten Ratte auf die Pflastersteine. Taumelnd entfernte ich mich sodann von meiner ersten Begegnung der rustikalen Art und schwankte zu dem rücklings auf dem Faß liegenden Burschen, nicht weil ich mir irgendwelche Illusionen bezüglich seines Zustandes machte, sondern weil ich es als meine verdammte Pflicht ansah, die grausamen Dinge peinlich genau zu untersuchen, damit ich später einige schlaue Schlüsse ziehen konnte. Safran hatte mich richtig eingeschätzt. Entweder ich oder keiner würde mit diesem bestialischen Fall fertig werden. Nur Gott allein wußte wie.
    Doch als ich am Weinfaß angelangt war, gab es nicht mehr viel zu untersuchen. Den unscheinbaren Fliegenschwarm über dem Unglücklichen hatte ich bereits von weitem wahrgenommen. Jetzt sah ich, was ich befürchtet hatte. Der Kopf des Buntgescheckten baumelte keineswegs über den Rand des Fasses, sondern lag wie eine verschmähte Delikatesse dahinter auf dem Boden. Ich hatte kein besonderes Verlangen mehr, hochzuspringen und das ganze Ausmaß der Abscheulichkeit unter die Lupe zu nehmen. Denn das Bild, das sich mir böte, würde genau wie bei der anderen Leiche aussehen. Der Gemarterte schien mich mit seinen in den Himmel zielenden Pfoten darauf hinzuweisen, daß seine Seele genau dort angekommen war. Und in der Tat konnte man seiner elenden Lage nur einen einzigen erfreulichen Aspekt abgewinnen: Er hatte es hinter sich.
    Von Trauer überwältigt begann ich zu weinen. Verflucht sei eine Natur, die solch namenloses Grauen hervorbringt, rebellierte ich. Das neue Leben, das ich vor ein paar Stunden zu beginnen beabsichtigt hatte, entpuppte sich als dasselbe alte eitrige Gewebe, das diesmal nur mit einem grünen Anstrich daherkam. Und wie vorher hatte es auch nicht lange gedauert, bis das erste Geschwür aufgeplatzt war. Unschuld, gleichgültig in welcher Gestalt, war eine Erfindung von Vollidioten oder von notorischen Lügnern, das Böse dagegen die exakte mathematische Formel allen Seins, die Wahrheit schlechthin. Der blaue Planet war in Wirklichkeit ein schwarzer, barbarischer Stern, krank, erbarmungslos und gemeingefährlich; wir merkten es nur nicht, weil wir uns von den verführerisch schönen Trugbildern narren ließen.
    Während mir die Tränen das Gesichtsfell überschwemmten wie das Blut den Pelz der Toten, taumelte ich wie ein verwundeter, doch tapferer Soldat zu dem letzten Opfer des sinnlosen Wütens hinter dem rechterpfote befindlichen Schuppen. Als ich aber um den Eckpfosten bog, machte ich die Erfahrung, daß das Gruseln nicht allein eine Sache der Qualität, sondern auch der Quantität sein kann. Der Unglückliche selber war eigentlich gar nicht der Gegenstand der Schocksteigerung. Mit seinem von gierigen Bissen zerstückelten Körper stellte er lediglich eine Wiederholung der vorangegangenen Schaurigkeiten dar. Nicht einmal sein abgerissener Schädel vermochte mich zu erschrecken, weil er nirgends auffindbar war. Vermutlich hatte ihn der Mörder als Andenken mitgenommen, um sich daraus einen Aschenbecher oder etwas Ähnliches zu basteln. Was dem abgebrühten Inspektor vor Bestürzung die Kehle zuschnürte, war der Blick hinunter zum verträumt dahinfließenden Bach. Eine Greuelspur von Kadavern meiner Art, vielleicht zwölf Brüder und Schwestern, zog sich wie die zurückgelassene Komposition eines Teufelsanbeters bis hin zum Wasser, an dessen Ufer gewissermaßen als makabrer Schlußpunkt der Kopf eines Säuglings mit rotem Flaumfell von den sanften Wellen umspült wurde. Allesamt waren sie auf die gleiche Art und Weise massakriert worden, also furchtbar verstümmelt.
    Ich riß das Maul weit auf, um Trauer und Haß gleichermaßen hinauszuschreien, ich wollte ein markerschütterndes »Aaaaaiiiiihhhhh!« anstimmen, das das gesamte Universum erzittern lassen sollte. Doch da spürte ich plötzlich etwas in meiner unmittelbaren Nähe wie den Hauch aus einer anderen, fremdartigen Welt. Ich drehte mich blitzschnell herum und konnte noch sehen, wie der riesengroße Schatten einer Kreatur an der schmutzigen Flankenmauer des Bauernhauses

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