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Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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Wollmütze mit losen Fellklappen, Nickelsonnenbrille auf der Nase: der Jäger! Kein Wunder, daß er mich ins Visier nahm, stand ich doch auf der Anhöhe wie auf einem Präsentierteller. Die anderen konnte er gar nicht sehen, weil sie sich auf der von ihm abgewandten Seite am Fuße des Hügels aufhielten. Rasch zielte er mit dem matt silbern glänzenden Bolzengewehr aufs neue und drückte ab. Während diesmal der ganze Hügel in tausend Erdklumpen explodierte und ich im hohen Bogen durch die Lüfte flog, registrierte ich am Rande, wie Ambrosius von Zaches abließ und sich hinter einem Gebüsch in Deckung begab. Die stark verwundete Waldspitzmaus packte die Gelegenheit beim Schopfe, nutzte das Chaos und trollte sich ebenfalls seitwärts ins undurchsichtige Grün. Nach der Zerstörung des kleinen Hügels war ich also wieder der einzige, der dem Killer ein vortreffliches Ziel bot.
    »Immer ich!« wollte ich aufbegehren, nachdem ich auf der Erde hart aufgeschlagen war, doch glaubte ich kaum, daß der erbarmungslose Schütze sich dadurch von seiner Passion abbringen ließ. Dabei war der Protest durchaus berechtigt. Zunächst schien es unwahrscheinlich, daß er mich erneut für ein Kaninchen hielt. Und außerdem konnte das Erlegen von meinesgleichen selbst in Gebieten, die für die Pirsch freigegeben waren, heutzutage unmöglich rechtens sein. Der Waidmann mußte also ein brennendes Interesse an der Tötung der Felidae haben, um einen vermutlich sehr kostspieligen Gesetzesbruch in Kauf zu nehmen.
    Doch für schlaue Spekulationen hatte ich mir absolut den falschen Zeitpunkt ausgesucht. Aus dem Gebüsch zur Linken lugte Ambrosius' von Panik ergriffenes Gesicht hervor. Hin- und hergerissen zwischen seiner Furcht und dem Bestreben, mir irgendwie helfen zu wollen, tat er einen Schritt nach vorne, um gleich darauf seine mutige Entscheidung in einem Anfall von Muffensausen wieder zu revidieren.
    »F-F-Francis! Francis! Hierher! Na los, mach schon! Schnell!«
    Gar keine schlechte Idee, denn an das Buschwerk schloß sich übergangslos der Wald an. Es war praktisch schon die halbe Miete, wenn ich dort erst einmal hingelangte. Ich deutete eine vage Bewegung in diese Richtung an - genau vor meinen Pfoten schlug die nächste Kugel ein und riß einen tiefen Graben in die Erde. Daraufhin drehte ich mich auf dem Absatz um und rannte wie von Peitschenhieben malträtiert in die entgegengesetzte Richtung, bevor der Jäger Gelegenheit hatte, nachzuladen. Am Ende war ich also wieder einmal zum Kaninchen mutiert, das ich inzwischen schon als meine zweite Haut empfand.
    Die Entscheidung, oder sprechen wir besser von einem Reflex, dieser Reflex also rettete mir das Leben. Zwar ballerte der Jäger nun mit der atemlosen Geschwindigkeit einer Maschinenpistole los, aber ich war den herabregnenden Kugeln im wahrsten Sinne des Wortes stets einen Pfotenabdruck voraus. Mehr noch, jede Kugel, die hinter meinen Pfoten einschlug, spornte mich zu Höchstleistungen an, so daß ich bei dem Tempo sogar in einem Windhundrennen locker den Goldpokal hätte gewinnen können. Schließlich entkam ich unter die verwachsenen Fittiche des Waldes gleichsam wie ein Schauspieler, hinter dem der barocke Theatervorhang fällt. Das war jedoch für den Jägersmann noch lange kein Grund, das Feuer einzustellen. Von Frustrationsteufeln getrieben, schoß er wahl- und ziellos ununterbrochen weiter in den Dschungel hinein, lud fix nach und setzte die gnadenlose Kanonade auf das unschuldige Grün fort. Eine Kugel, zufällig in die richtige Richtung auf die Reise geschickt, hätte mich also allemal noch erwischen können. So rannte und rannte ich impulsiv weiter, bis das Schwirren der Kugeln um mich her allmählich nachließ und die Schüsse nicht mehr zu hören waren.
    Außer Puste und nur mehr trabend, fragte ich mich, weshalb der Kerl so erpicht darauf war, mich in einen Engel zu verwandeln. Oder wollte er alle, die meiner Art angehörten, in den Himmel schicken? Handelte es sich bei ihm um einen unerfahrenen oder skrupellosen Jägerjünger, soweit der Begriff »Skrupel« in der Jägerei überhaupt eine Bedeutung besaß? Oder um einen Psychopathen, der alles wegblies, was ihm vor die Flinte lief? Es war wie verflixt, in letzter Zeit schien es auf meine klugen Fragen keine Antworten zu geben, schon gar keine klugen Antworten. Oder war das wieder zu negativ gedacht? Zaches hatte sehr wohl eingehend Rede und Antwort gestanden. Er beschrieb nicht nur den Schwarzen Ritter in aller

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