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Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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wurden größer und größer, die Riesenzunge schleckte wie wild den Sabber, der ihm die Schnauzenwinkel herunterlief, und er begann uns mit einem immer heimtückischer werdenden Gesichtsausdruck zu taxieren. Während der Ausführungen von Ambrosius, was der Schwarze Ritter mit seinen Opfern anzustellen pflege, schien in ihm eine Bosheit aufzukeimen. Am Schluß, so übersetzte mein Simultandolmetscher, sagte er nur, wir hätten ihn auf eine geniale Idee gebracht. Er schoß hinter den Baumstämmen hervor und stürzte sich fauchend auf uns. Wir sahen zu, daß wir Land gewannen, was zum Glück ohne Komplikationen ablief, da dem Räuber die jugendliche Gelenkigkeit völlig abging.
    Als es Mittag wurde, hatten wir also nur wenig Neues herausbekommen. Allein der Hinweis auf die Höhlen konnte als wirklich wertvoll eingeschätzt werden. Immerhin. Doch in welcher Höhle verbarg sich der Schwarze Ritter exakt, wenn er überhaupt solche Behausungen bevorzugte? Und falls diese Höhlen tatsächlich eine Art Geheimbunker der Natur waren, wie sollte man sie dann finden? Es hatte stark den Anschein, daß die ganze Geschichte noch zu einer anstrengenden Wühlarbeit ausarten würde.
    Einstweilen jedoch plagte uns der Hunger, und Ambrosius schlug freundlicherweise vor, daß wir zum Waldhaus zurückkehren und uns an dem gütlich tun sollten, was Diana aufgetischt haben mochte. Die Frühlingssonne war unterdessen zu Hochform aufgelaufen. Trotz des nagenden Hungergefühls legten wir wegen der Hitze auf halber Strecke ein Päuschen ein und vertieften uns in eine aufwendige Putzzeremonie. Weil wir nämlich wegen unseres Felles nicht schwitzen können, ersetzt der Speichel die Kühlfunktion des Schweißes. Das große Gelecke fand am Fuße eines Hanges statt, den ein Teppich aus wilden Kletterpflanzen und verkrüppelten Büschen bedeckte und der uns ein bißchen Schatten spendete. Schweigend, gänzlich von dem wohligen Klimaanlageneffekt der flinken Zunge in Anspruch genommen, belagerten wir hier einen kleinen, kugeligen, von Blättern und Moos überzogenen Hügel und genossen die einsetzende Kühlung. Dabei saß ich auf der Kuppe der Anhöhe, so daß ich auf Ambrosius niederschauen konnte, der es sich unten gemütlich gemacht hatte. So konnte ich das folgende Ereignis in allen Einzelheiten beobachten.
    Unversehens - ich zweifelte abermals an der Leistungsfähigkeit meiner Augen - spazierte aus dem Bauch des Hügels oder besser gesagt aus einem durch Halme getarnten Spalt ein kleines Kerlchen heraus. Da Ambrosius abseits der Öffnung lag, bemerkte der Ahnungslose ihn nicht und gab sich der Selbstvergessenheit eines Schwachsinnigen hin, der mit lächelndem Antlitz über ein tobendes Schlachtfeld wandelt. Der Somali aber, der den Bruchteil einer Sekunde kürzer verblüfft war als ich, handelte geistesgegenwärtig. Er stürzte sich mit ausgestreckten Pfoten auf den Narren, bekam ihn am Rücken zu fassen und deutete den Genickbiß an.
    »I-I-Ich glaube, wir brauchen nicht mehr nach Hause zurück, Francis. So ein leckeres Mittagsmahl bekomme ich von Diana bestenfalls zu Weihnachten oder wenn sie wieder dieses unsägliche Lied namens ›Memories‹ aus diesem unsäglichen Musical im Radio ge-ge-gehört hat!«
    Die Aufregung ließ allmählich nach, und ich konnte das in den Pfoten des Gelegenheitsjägers zappelnde Geschöpf, das einfach Pech gehabt hatte, endlich identifizieren. Es handelte sich um eine Waldspitzmaus: Oberseite schwarzbraun, Flanken gelb, Unterseite graubraun. Sie besaß eine lange, rüsselförmige Schnauze, winzige Augen und kleine, runde, im Fell fast ganz versteckte Ohren. Den drolligsten Eindruck aber machten ihre mit markanten Krallen ausgestatteten Beinchen, die verglichen mit dem kugeligen Körper überproportional groß geraten waren. Das wahrhaft niedlichste Mittagsmahl, das ich je gesehen hatte! Weil Ambrosius und ich unser Putzwerk in aller Stille verrichtet hatten, war der Unglücklichen wohl die prekäre Situation hier draußen verborgen geblieben.
    »Ich weiß nicht, Ambrosius. Ehrlich gesagt, verschlägt mir so viel Naturnähe den Appetit. Du weißt ja, ich habe diesen Tick mit den Dosen. Obwohl ich mir die urbanen Verwandten dieses Schnuckelchens als Ausgleich zur alltäglichen Tristesse hin und wieder vornehme, ist die Sache nichts weiter als ein Freizeitsport, sagen wir mal das Äquivalent zum Squash bei Menschen. Da fällt mir ein, vielleicht wäre es klug, den Burschen nach dem Schwarzen Ritter

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