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Felidae 4 - Das Duell

Titel: Felidae 4 - Das Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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wunderschönen Panoramablick auf das vom Schneegestöber heimgesuchte Viertel boten. Ganz in der Ferne leuchtete Adrians Glasbleibe wie eine lodernde Fackel unter Hunderten von Kerzen hervor.
    Es schien für ein Unternehmen wirtschaftlich kaum sinnvoll, für ein simples Büro einen derart kostspieligen Umbau zu veranstalten, zumal es im Stadtzentrum Gewerbeobjekte in Hülle und Fülle gab. Es sei denn, es handelte sich um ein Unternehmen, bei dem Geld überhaupt keine Rolle spielte, also um einen mächtigen Konzern. Ich hielt es für ratsam, die Einrichtung und das Personal unter die Lupe zu nehmen. Ich staunte nicht schlecht: Bis auf einen Bruchteil der Fläche stand der Bau vollkommen leer, was ihm einen gewissen Turnhallencharakter verlieh. Weit hinten auf der rechten Seite saßen vier alte Bekannte an einem Holztisch und spielten Karten. Es waren die Skimaskenmänner, die mich in den Schlaf gepiekst hatten. Die Masken hatten sie inzwischen abgestreift, aber sie steckten immer noch in ihren weißen Overalls. Sie wirkten überhaupt nicht wie Handlanger einer finsteren Macht, bullig und bärtig und mit Narben übersät, sondern eher wie Eierköpfe frisch von der Universität. Sie hatten lange Haare, die sie sich hinten zusammengebunden hatten, pickelige Haut und unregelmäßigen Bartwuchs. Dazu trugen sie Brillen mit zentimeterdicken Gläsern. Als sie mich bemerkten, stießen sie sich gegenseitig mit dem Ellbogen an, warfen einander wissende Blicke zu und grinsten.
    Das Inventar, das sie umgab, war da schon beängstigender. Hinter ihnen stapelten sich zahlreiche leere Käfige jenes Typs, in dem ich noch vor kurzem gesteckt hatte. Ein Käfig darunter besaß solche Ausmaße, daß sogar ein Mensch hineingepaßt hätte. Und nicht genug damit, er trug über der Tür eine, wie es schien, echt goldene Plakette, in die in geschwungener Schrift MAX eingraviert war. Links von den Blasrohrschützen erstreckte sich eine Kombination aus Labor und Operationssaal. Zwar wirkte alles ein bißchen improvisiert, doch schienen die chromglänzenden Operationsleuchten und Tische, Röntgengeräte, Zentrifugen, Überwachungsanlagen und andere medizinische Apparaturen auf dem neusten Stand der Technik. Wenn ich mich nicht irrte, befanden sich sogar ein Elektronenmikroskop und ein Kernspintomograph darunter. Man hätte hier locker eine geschlagene Armee verarzten können.
    Ich wandte mich in die entgegengesetzte Richtung und wurde abermals überrascht. Der in die Mauer eingelassene ehemalige Brennofen war der Längsseite nach aufgeschnitten und in einen Kamin von der Dimension eines Kleinlasters verwandelt worden. Darin loderten deshalb auch keine mickrigen Hölzer, sondern komplette Baumstämme! Es war ein grandioser Anblick, geradeso, als sei man auf Ameisenniveau geschrumpft und betrachte die Welt in Großformat.
    Ein paar Schritte vom Gigakamin entfernt hatte sich vor einem der Rundbogenfenster ein Mann aufgebaut, dessen Anblick mir sofort kalte Schauer über den Rücken jagte. Der mit grüblerischer Miene unser Viertel beäugende alte Herr, der einen bis zum Boden reichenden scharlachroten, samtenen Morgenrock trug, besaß eine frappante Ähnlichkeit mit dem vergreisten Dressman aus meinem Traum. Die Schneeflocken hinter dem Fenster korrespondierten mit seiner silbernen Mähne und erhellten sein von tiefen Falten gezeichnetes Gesicht. Seine Augen glühten nicht so außergewöhnlich hell wie die des Phantoms in meinem Traum. Im Gegenteil, das einstige Blau war einer undefinierbaren Farbe gewichen. Dennoch schimmerte darin eine vitale Energie, wie von Bernstein umschlossen und konserviert. Er schien da draußen etwas ganz Bestimmtes zu beobachten, nach dem grimmigen Ausdruck zu urteilen nichts Erfreuliches. Wie er so dastand, glich er einem in die Jahre gekommenen König, der besorgt auf sein Reich blickte.
    Unweit des Meisters, und es gab keinen Zweifel, daß er einer war, stand inmitten der Leere des Raums sein Schreibtisch. Ein marmornes, mindestens eine Tonne wiegendes Ungetüm mit einer Fläche, auf welcher gut und gerne fünf herkömmliche Schreibtische Platz gefunden hätten. Doch meine Aufmerksamkeit wurde nicht von der hypermodernen Kommunikationstechnik aus Laptops, Telefonanlagen und winzigen Kameraaugen für Videokonferenzen gefesselt, die sich darauf befand, sondern von dem eigenwilligen Schreibtischschmuck. Es handelte sich um ausgestopfte Tiere – um äußerst absonderliche ausgestopfte Tiere.
    Die sogenannten Wolpertinger

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