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Wolfsfieber - Band 2

Wolfsfieber - Band 2

Titel: Wolfsfieber - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Adelmann
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1. Schwarzes Loch
     
     
    Der Anziehung eines schwarzen Lochs entkommt nichts und niemand. Der dunkle Sog verschlingt sogar das Licht. Mein Licht war ebenso verschwunden. Alles um mich war in Finsternis gehüllt. Wie lange hatte ich so dagelegen? Ich konnte es nicht sagen, nicht mit Sicherheit. Jegliches Gefühl für Zeit war seit Langem verloren gegangen. In diesem spartanischen Hotelzimmer nahm ich nichts wahr. Ich kam hierher vor – wie viel? – zwei oder vielleicht auch drei Tagen, schloss alle Fenster und Rollläden, legte mich auf das Bett und schlief. Koma. Endlos. Nichts. Die Abwesenheit von Leben.
    Als ich zum ersten Mal aufwachte, oder eher zu mir kam, zog ich sofort die Decke über den Kopf und schlief weiter. Ich kehrte freiwillig zurück in die Welt aus Albträumen und Dunkelheit. Die einzige Welt, die ich noch aushalten konnte. Wirklichkeit war unerträglich geworden.
    Versuchte ich mich aus meiner Schlafposition zu bewegen, kamen mir die Geschehnisse meines niederträchtigen Abgangs ins Gedächtnis und ich kehrte abermals zurück unter meine Schutzdecke, die einzige Vertrautheit, die mir noch geblieben war.
    Wie konnte ich ihn nur verlassen? Wieso musste ich zu diesem Monster werden? Ich hatte keine Antworten. Nur diese lähmenden Fragen und dieses flaue, flatternde Gefühl in der Magengrube, das mich jedes Mal quälte, wenn ich an ihn dachte. Tränen flossen keine.
    Diesen Punkt hatte ich längst hinter mir. Jede Träne würde mich ohnehin wieder zu diesem Moment auf der Waldstraße zurückbringen, als er mein gebrochenes Herz sah und ich das Heulen seiner Wolfsseele zu hören bekam. Meine verdiente Strafe.
    Der schlimmste Moment, der unausweichlichste Moment meines Lebens.
    Der andere Grund, wieso ich mich keinen Zentimeter vom Bett wegbewegte, war die unumstößliche Tatsache, dass ich dann sofort nach Hause zu ihm fahren würde. Trotz meiner schmerzhaften Sehnsucht und nagenden Selbstzweifel wusste ich, dass die Zeit noch nicht gekommen war. Ich konnte noch nicht zurück, wie sehr ich es auch wollte. Nicht jetzt. Die bittere Erkenntnis verursachte einen weiteren Knacks in meinem Inneren.
    Wie viele Risse kann eine Mauer haben, bevor sie in sich zusammenfällt? Meine Grundmauern lagen längst in Trümmern. Ich war nur noch ein Wrack, die Überreste meines geflohenen Ichs.
    Plötzlich riss mich ein bekanntes Geräusch aus meiner tauben Lethargie. Der Akku meines Handys war drauf und dran, leer zu werden. Der geläufige Signalton holte mich zurück in die Welt der Gegenstände, die ich tagelang vollkommen ausgeblendet hatte.
    Soweit ich mich erinnern konnte, hatte ich kein Lade-kabel eingepackt. Wollte ich also jemanden anrufen, dann jetzt oder nie.
    Natürlich dachte ich zuerstan ihn . Auch wenn es vollkommen unmöglich war, der Gedanke war da und musste mit Mühe verdrängt werden.
    Vielleicht Serafina? Sie könnte mir sagen, wie es ihm ging. Aber wollte ich das tatsächlich wissen? Wollte ich über die Konsequenzen, die mein Monster hinterlassen hatte, en -détail informiert werden? Konnte ich das in meiner Verfassung ertragen?
    Schwer vorzustellen, dass ich dazu in der Lage wäre.
    Es gab nur einen Menschen, den ich in meinem Zustand in meiner Nähe ertragen konnte. Carla. Ich brauchte meine beste Freundin, dringend. Aber was sollte ich ihr erzählen? Egal. Ich musste ihre Stimme hören. Ich musste mit ihr reden, solange es noch ging.
    Meine Finger wühlten sich aus dem weißen, verschwitzten Laken und tasten blind nach dem Handy. Ich erinnerte mich dunkel daran, es auf das Nachtkästchen abgelegt zu haben. Ob es Tag oder Nacht war, konnte ich nicht sagen. Nach ein paar Fehlgriffen spürte ich die glatte Oberfläche des Telefons und nahm es in die Hand. Mit dem Daumen klappte ich es auseinander und kniff die Augen zusammen, da mir das weiße Licht des Displays schmerzhaft grell vorkam. Es war später Morgen, kurz vor zehn Uhr. Die Chancen standen schlecht, Carla zu Hause zu erwischen. Es war mir egal, ich musste es trotzdem versuchen. Ich holte das Handy zu mir unter meine Decke und rief Carla an. Während ich dem Wählton lauschte, klopfte mein Herz laut. Es war die pure Angst. Angst, sie nicht erreichen zu können, oder Angst, sie zu erwischen und dann keine plausible Erklärung zur Verfügung zu haben. Es schien endlos zu dauern. Eigentlich wollte ich schon aufgeben, da hörte ich plötzlich ein Knacken und dann Carlas leises Hallo.
    „Joe, bist du es? Joe, hörst du mich. Joe?“, fragte

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