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Felidae 4 - Das Duell

Titel: Felidae 4 - Das Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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oder tränendrüsenstimulierende Hollywood-Melodramen. Nein, die hektischen Bilder entpuppten sich als das Tragischste und Schmerzlichste, was ein menschliches Nervenkostüm auszuhalten vermag: die Börsennachrichten!
    Wall Street, Tokio, London, Frankfurt, all diese wohlklingenden Orte, all diese getäfelten, alt ehrwürdigen Hallen, in denen Menschen vor elektronischen Schautafeln aufgeregt herumhampelten, einander anbrüllten, in Telefone kreischten, sie alle sandten an die lieben Zuschauer vor den heimischen Fernsehgeräten das gleiche Menetekel: Diagramme, deren Kurven brutal und steil nach unten wiesen, Laufbänder am unteren Bildrand mit Zahlenkolonnen, denen allesamt Minuszeichen vorangestellt waren, abwärts zielende, rote Pfeile neben Abkürzungen von Firmennamen – ach, es war ein einziges Massaker! Dem Lautstärkepegel der Heularie nach zu urteilen, hatte Archie inzwischen nicht nur sein bißchen Vermögen verloren, sondern auch jenes, das er nicht besaß, nämlich eigens für dieses Spiel erbettelte Kredite. Daß allerdings ein Trottel wie Archie, der mit Geld etwa so souverän umgehen konnte wie ein Säufer mit einem Schnapslager, je auf die Idee verfallen konnte, ausgerechnet in der Aktienlotterie sein Glück zu versuchen, versetzte der Behauptung, der Mensch sei ein denkendes Wesen, einen empfindlichen Schlag.
    Ich hätte mit dem Faktotum unserer Villa Kunterbunt etwas Mitleid empfinden müssen, sorgte es doch in dem Einerlei des Alltags für ein wenig Amüsement. Archie gehörte, wie man so sagte, zur Familie. Aber statt dessen fühlte ich klammheimliche Freude. Es geschah einem Trendsklaven ganz recht, für seine atemlose Jagd nach jedem neumodischen Furz auch mal im wahrsten Sinne des Wortes die Rechnung präsentiert zu bekommen.
    Archies untröstliche Schluchzer hallten noch durch das dunkle Treppenhaus, als ich die Wohnung bereits verlassen hatte und auf der letzten Stufe vor unserer Wohnung angelangt war. Für weitere Schadenfreude fehlte mir die Lust. Um Schlaf und Erholung kreisten meine Gedanken; Gustavs Globusbauch, mein komfortables Wasserbett, sollte mir den ersehnten Frieden der Nacht bringen. Ich passierte die Klappe in unserer Tür – um zu vernehmen, wie sich die hinter mir liegenden Schluchzer mit neuerlichen vor mir abwechselten.
    Die Diele wurde von dem Lichtstrahl erfaßt, der aus dem Arbeitszimmer fiel und der Leselampe an Gustavs Schreibtisch entströmte. Über den letzteren hatte sich mein gewichtiger Freund halb gebeugt, halb gelegt und fügte mit seinen sturzbachartig flutenden Tränen der Computertastatur irreparablen Schaden zu. Eine Hand bedeckte sein aufgelöstes Gesicht, die andere umklammerte die übriggebliebenen Kopien der Suchanzeige mit meinem Konterfei, die er in den letzten Stunden wohl an jeden auffindbaren Baum in der Gegend genagelt hatte. Gleich neben seinem Kopf eine ausgetrunkene Rotweinflasche (kein s chlechter Jahrgang übrigens), die den Verlustschmerz nicht zu betäuben vermocht hatte.
    »Armer Gustav, hätte ich gewußt, daß mein Verschwinden dich in solch infernalische Pein stürzt, hätte ich mir mit der Heimkehr mehr Zeit gelassen!« schwirrte es mir durch den Kopf. Aber da einen das Alter nicht nur alt macht, sondern erfreulicherweise auch versöhnlich stimmt, ließ ich die Sache mit einem generösen »Schwamm drüber!« auf sich beruhen. Es war jetzt bestimmt vier oder fünf Uhr nachts, und mir war nicht nach Rache zumute. Schlußendlich liebte ich diesen netten Dosenöffner ja wirklich und verzieh ihm seine temporären wie unausrottbaren Schrullen.
    Ich stieß ein leises Miauen aus. Gustav hob den Kopf und erfaßte durch die trunkenen Augen meine Wenigkeit. Sein Gesicht verzog sich zu einer verblüfften Grimasse, als hätte er eine Erscheinung. Er konnte einfach nicht glauben, daß ich tatsächlich vor ihm stand, und rieb sich mit beiden Händen die Augen. Dann, als ihm bewußt wurde, daß es kein Traum war, schoß er vom Stuhl, stieß die Flasche vom Tisch, stürmte polternd auf mich zu, riß mich hoch und preßte mich so fest an seine fülligen Wangen, daß mir die Luft wegblieb.
    Geschenkt! Eine Kalenderweisheit fiel mir dabei ein: »Und mehr Blumen im Leben, denn auf den Gräbern sind sie vergebens.« Und weniger Sport im Diesseits, denn auch der Sportlichste wandert zuletzt krank ins Jenseits! Eine viertel Stunde später lagen wir schon innig umschlungen im Bett und ließen Morpheus seine Arme über uns ausbreiten.
    Allerdings spielte

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