Ferien mit Patricia
daß ihm nie auch nur von fern der Gedanke kam, sie zu betrügen.
Die Uhr zeigte zwei Minuten vor sechs, und die Durstigen begannen sich an der Theke aufzustellen und suchten mit ihren Bemerkungen die Barmixer anzufeuern, die ihnen den Rücken zuwandten. Es waren lauter Jungen, die die Arbeit von Männern verrichteten, und von ihnen allen fühlte Jerry sich am jüngsten.
Er wußte, daß er Manns genug war, ein flügellahmes Flugzeug durch Fliegerabwehr und flammende Messerschmitts zu bringen oder an einer Bar zu stehen, seinen Whisky zu trinken und so seine Rolle zu spielen und die ihm aufgebürdete Verantwortung zu tragen. Aber innerlich fühlte er sich nicht anders, als damals, als er noch in der Westbury-Schulmannschaft mitspielte und mit Catharine tanzen ging, oder in den anderthalb Jahren, die er auf dem Williams-College war, bevor er sich zur Armee meldete.
Ersehnte sich danach, endlich erwachsen und ein Mann zu sein, sich nicht mehr als junger Bursche, sondern als Mann zu fühlen, wobei ihm irgendeine Mischung vorschwebte zwischen dem stürmischen, selbst um den Teufel sich nicht scherenden und derben Lester Harrison dort drüben an seinem Spielautomaten und dem zähen Sam Bognano, dem Hauptmann des Liberator-Bombers, dessen Mannschaft Jerry als Pilot angehörte.
Eben trat Sam durch die Tür und warf einen Blick in die Runde. Er war ein stämmiger Junge mit flacher Nase und leicht vorstehenden Augen. Als er Jerry erblickte, rief er ihm zu:
»He! Was hast du mit dem Arzt ausgemacht? Nichts Dummes, hoffe ich.«
»Bleib mir vom Leibe, ich bin ein kranker Mann«, antwortete Jerry. »Ich habe etwas Schreckliches aufgebrummt bekommen: einen zweiwöchigen Erholungsurlaub. Ich soll nach Schottland fahren und faulenzen...«
Mit einer raschen Bewegung fuhr ihm Sam mit dem Handrücken über den Nacken. »O du glücklicher Starrkopf! Laß mich dich anrühren. Vielleicht ist’s ansteckend...«
»Glücklich? Quatsch! Vermutlich werde ich überschnappen. Himmel! Zwei Wochen soll ich für mich allein herumstapfen!«
»Ja ja«, sagte Bognano voller Mitgefühl, »das ist wirklich schrecklich. Frische Luft, viel Schlaf und nichts, worum man sich kümmern muß. Man hätte dir wohl besser irgendein Pulver gegeben.« Er drehte sich um und winkte Major Harrison: »He, Lester, komm und trink einen mit uns.«
Ohne aufzublicken, zog Lester am Hebel des Automaten und sagte mit seiner trockenen, spöttischen Stimme: »Ich habe hier eine Investierung gemacht. Irgend etwas muß da doch endlich herauskommen...«
Genau um sechs Uhr, als die Barmixer sich zur Theke wandten und fragten: »Was wünschen die Herren...« begann der Automat des Majors zu knacken und zu summen und... klirr... klirr... Schillinge auszuspeien.
Jemand brüllte: »Ho! Dieser glückliche Hund hat’s wieder geschafft! Zum Teufel!«
Jetzt kam Major Harrison herüber, warf ohne jede Erregung seinen Gewinn zwischen Jerry und Sam auf die Theke und sagte: »Ich wußte ja, daß das Ding Feuer fing. Ich zahle. Rasch ‘nen Whisky!«
Der kleine Stich des Neids, den Jerry empfand, galt keineswegs dem Stoß Silbergeld, der da vor ihm auf der Theke aufgehäuft war. Aber seine Bewunderung wuchs noch für den unverwüstlichen Lebenskünstler, der diesem einarmigen Räuberautomaten einen Haufen Geld entlocken konnte, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Das meiste, was Jerry jemals hatte herausholen können, waren drei armselige Münzen gewesen. Er hatte das Gefühl, daß es irgendwie mit dem Wesen des Mannes zusammenhing, mit der besonderen Art des Majors, mit der bloßen Macht der Persönlichkeit, was den Automaten dazu zwang, Schillinge auszuspucken. Frauen, Spiel und Flugzeuge beherrschte Harrison mit einer gleichgültigen Unbekümmertheit, ja, einer sorglosen Härte. Jerry hätte einen Arm dafür hingegeben, wenn er es zu der gleichen Überlegenheit hätte bringen können.
»Gib acht auf meinen Freund da!« sagte Sam. »Er ist in einer höchst heiklen Lage. Der Arzt hat ihm soeben als Pflaster einen zweiwöchigen Erholungsurlaub verschrieben.«
Der Major drehte sich um und blickte ihn wohlwollend an: »Teufel auch! Gott segne die Kampfmüdigkeit! Wo blieben wir ohne sie? Geht’s nach Schottland?«
Mit einem Ruck des Kopfes goß er seinen ganzen Whisky hinunter, knallte dann sein Glas wieder auf die Theke und seufzte in der ihm eigenen Weise.
»Ich denke ja«, sagte Jerry und trank seinen Whisky aus, nicht ohne danach das Knallen des Glases und den Seufzer
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