Ferien mit Patricia
mit einem bleichen ovalen Gesicht, einer feinen, zarten Haut und grauen Augen, die manchmal bläulich, dann wieder grünlich oder braun schimmerten. Sie hatte gerade, schön verlaufende Augenbrauen, die aber vielleicht etwas zu schwer waren für die kleine Nase, deren Spitze sie hin und her bewegen konnte wie ein Kaninchen, besonders wenn ihr ein aufregender Gedanke durch den Kopf schoß.
Ihr glattes hellbraunes Haar trug sie in einem Knoten im Nacken, so daß es der Mütze der Luftwaffe, die sie schräg auf den Kopf stülpte, nicht in die Quere geriet. Sie besaß ein rundliches und doch festes Kinn, dessen Linien durch einen edlen und schönen Mund etwas gemildert wurden. Die Lieblichkeit und Weichheit ihres Mundes und der merkwürdige Ausdruck, der darüber lag, wenn sich ihre Lippen in innerer Erregung öffneten oder sich in einem verschwiegenen Gedanken zusammenpreßten, waren schuld daran, daß Jerry ein zweites Mal hinschaute, als sie im Arm eines Kameraden vorübertanzte, und daß sich in ihm der Wunsch regte, selber einmal mit ihr zu tanzen.
In ihrem Gesicht lag ein Ausdruck, als ob sie immer etwas ganz besonders Köstliches und Geheimes wüßte oder als ob sie einen unerschöpflichen Schatz an erfreulichen Erinnerungen besäße, auf den sie immer zurückgreifen konnte. Und tatsächlich hatte sie sehr viele: die Geheimnisse einer schönen und behüteten Jugend, Erinnerungen an Rosen- und Irrgärten mit dichten Hecken, an freundliche Kinderfrauen und Abenteuer in verzauberten Frühlingswäldern oder an Abende, wenn der Himmel mit einem goldenen und rosigen Schimmer überzogen war und ihre kindlichen Spielzeuge, eine Puppe und ein Stoffkater, neben ihr schliefen, und an ein richtiges, lebendiges und mutwilliges Kätzchen, mit dem sie endlose Gespräche führen konnte.
Als sie noch ein kleines Kind war und sprechen lernte, war es ihr nicht gelungen, ihren Namen Patricia auszusprechen. Sie lallte Pat, und bei Pat blieb es. Sie hatte von Natur ein warmes, sonniges Gemüt und war von einer offenen Freundlichkeit, wie sie den meisten Leuten eigen ist, die eine glückliche Jugend verbracht haben. Auch war sie voller Possen und unterdrückter Späße, unterdrückt eben, weil die Zeit zur Ausgelassenheit keinen Anlaß bot. Der grausame Krieg hatte seine Schatten über ihr Leben geworfen, und so hatte sie sich denn in ihr Inneres zurückgezogen, wo sie ungestört ihr eigenes Leben leben konnte.
Jerry mochte ihre Gegenwart und ihr Schweigen, weil sie etwas Besänftigendes hatten. Das rührte wohl daher, daß man sich mit einer kleinen Maus, die weder schön noch besonders beliebt war, keine große Mühe zu geben brauchte, unterhaltend zu sein. Sie war da, wenn man es wünschte, und sie zog sich in ihre innere Welt zurück, wenn man diesen Wunsch nicht mehr hatte. Ja, es bereitete einem gar noch Spaß, die inneren Lichter zu betrachten, die plötzlich ihre Augen erleuchteten, oder die überraschenden kleinen Bewegungen ihrer Mundwinkel zu verfolgen. Manchmal brannte Jerry darauf, zu wissen, was in ihr vorging, verborgen unter den einfachen, ungekünstelten Zügen und dem glatten, weichen Haar. Und doch war ihm ihre ganze Persönlichkeit wieder zu wenig anziehend, als daß er die Idee weiter verfolgt hätte. Sie half einem nur prächtig, die Zeit totzuschlagen, bis man wieder nach Hause gehen konnte.
Manchmal trafen sie sich auch außerhalb des Flugstützpunktes, etwa in Kenwoulton, wo sie wohnte. Er konnte sie anrufen, wenn er einen Flug hinter sich hatte, und dann gingen sie ins Kino oder in ein Restaurant, tranken Bier und schauten den Spielern zu. Manchmal sprachen sie über zu Hause und Westbury oder über das Fliegen. Aber nie erwähnte er Catharine. Seine Erziehung verbot es ihm.
Oder sie konnten, wie schon berichtet, einfach dasitzen und lange Zeit überhaupt nicht sprechen, und wenn er Abschied nahm, fühlte er sich dennoch so erfrischt und erwärmt, als ob sie sich miteinander unterhalten hätten. Er wurde sich dessen nicht bewußt, daß mittlerweile eine innere Verbindung zwischen ihnen entstanden war, die vielleicht bloß in einem Blick, im Emporziehen einer Augenbraue, in der Andeutung eines Lächelns sichtbar wurde.
Jerry wurde auch nicht im geringsten gewahr, daß Pat ihn liebte und daß sie ihn mehr und mehr, wenn sie beisammensaßen, in ihre Träume verwob. Wenn sie in Gedanken in die verzauberten Wälder ihrer Jugend flüchtete, unter die Hubertuseiche, dann war er es, dem sie dort begegnete, und
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