Fesseln der Sehnsucht
bringen und sprang in einen halb zugefrorenen Weiher. Die Hölle ist nicht siedend heiß, Süße. Sie ist verdammt kalt.«
»Sie haben gegen … uns gekämpft.«
Als sie die Lider aufschlug, sah sie, dass er sie aufmerksam betrachtete. In seinen verblüffend blauen Augen las sie Mitleid und etwas, das sie nicht zu deuten wusste. »ja. Ich komme aus Virginia.«
»Und warum sind Sie … hier?«
Er blieb ihr die Antwort schuldig, wandte lediglich den Blick und starrte ins Feuer. Seine Arme festigten sich um ihren bebenden Körper. Lucy dachte, wenn ihr Zustand nicht so kläglich gewesen wäre, wäre sie vor Scham und Entsetzen gestorben. Noch nie hatte ein Südstaatler sie angefasst, geschweige denn sie in den Armen gehalten.
Aber einerlei, wer er auch sein mochte, es war wohltuend, in seinen Armen zu liegen, beschützt und geborgen vor der Kälte.
»Schon besser?«, fragte er schließlich.
»Nein. Ich bin … innerlich eingefroren Knochen.«
Heath verlagerte sie ein wenig, griff in die Innentasche seiner Weste und zog eine verbeulte silberne Taschenflasche hervor, die im Feuerschein matt schimmerte. »Ein Schluck davon wird Ihnen gut tun.«
»Was ist das?«
Er schraubte den Deckel ab und der scharfe Geruch von Schnaps stieg ihr in die Nase.
»Nein, ich kann nicht!« Ihre Augen weiteten sich vor Schreck. Sie war nach strengen Grundsätzen erzogen, die den Genuss von Alkohol verdammten, der zu unmoralischem Lebenswandel verleitete, wovon Frauen besonders gefährdet waren. Ihr Vater und Reverend Grindall Reynolds hatten immer wieder beschwörend darauf hingewiesen.
»Der dringt bis in die Knochen und wärmt Sie, Lucinda. Machen Sie den Mund auf.«
»Nein, bitte nicht!« Sie hätte sich ihm entwunden, wäre sie nicht so fest in die Decken gewickelt gewesen. Heath schob ihr die Flaschenöffnung zwischen die Lippen und hob die Flasche ein wenig an. Ihr Mund füllte sich mit dem Teufelsgebräu Whiskey. Sie schluckte, fürchtete zu ersticken, schluckte wieder und dann glaubte sie, ihre Eingeweide stünden in Flammen. Er nahm die Flasche weg. Lucy rang nach Luft, hustete und starrte wütend zu ihm auf. Nachdem sie sich ein wenig erholt hatte, öffnete sie den Mund, um sich zu beschweren, doch abermals setzte er ihr die Flasche an die Lippen. Diesmal lief ihr der Schnaps nicht mehr so brennend in den Magen. Sie schluckte hilflos, ihr Kopf war in seiner Armbeuge gefangen. Mit einem angeekelten Laut wandte sie das Gesicht und barg es an seiner Schulter, als er die Flasche entfernte. Nie im Leben war sie so grob behandelt worden. Sie würde ihrem Vater davon erzählen, sobald sie dazu imstande war. Heath schien zu ahnen, was in ihr vorging, und grinste schadenfroh. Mit einem Finger wischte er ein paar Tropfen Whiskey von ihrer Wange.
»Sie sollten sich schämen … die Nase über einen guten Südstaaten-Whiskey zu rümpfen. Der ist bei weitem besser als das Zeug, das man hier oben trinkt.«
»Bitte nicht«, flüsterte sie und zuckte vor seiner Berührung zurück. Zu ihrem Erstaunen schien er von ihrer Zurückweisung nicht gekränkt. Er lachte nur leise.
»Ich kann Sie beruhigen. Ich werde Ihren hilflosen Zustand nicht ausnutzen, obwohl Sie so niedlich aussehen wie ein kleines Kätzchen.«
»Reden Sie kein dummes Zeug«,. widersprach sie schwach und leicht benebelt. »Ich sehe aus wie etwas, das … Sie aus dem Wasser gezogen haben … was ja auch stimmt.«
»Sie sind das entzückendste Mädchen, das ich je in den Armen gehalten habe. Wie ich sehe, glauben Sie mir nicht.
Haben Sie kein Vertrauen zu mir?«
»Sie sind ein Südstaatler«, erwiderte Lucy mit schwerer Zunge. In ihrem Kopf drehte sich alles vom Whiskey, der ihr Inneres wohlig erwärmte.
»Vor dem Krieg war ich Verfechter der Union«, erklärte er freundlich. »Vielleicht stimmt Sie das versöhnlicher.«
»Nein.«
Er lächelte über ihren kleinen Schwips, der etwas Farbe in ihre Wangen zurückgebracht hatte. »Sie sind bezaubernd«, meinte er mit rauchiger Stimme. »Armes, kleines Yankeemädchen.«
Die Art, wie er mit ihr sprach, mit diesem leichten Südstaaten Singsang, irritierte und faszinierte sie gleichermaßen.
Er behandelte sie wie ein hilfloses Wesen. Nicht einmal Daniel hatte sie je so herablassend und gönnerhaft behandelt. Die Lider wurden ihr schwer, sie schloss die Augen gegen den flackernden Feuerschein und seufzte müde. Der Schmerz war dumpfer und erträglicher geworden.
»Bringen Sie mich bald nach Hause«, murmelte sie an
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