Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fesseln der Sehnsucht

Fesseln der Sehnsucht

Titel: Fesseln der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
Vom Netzwerk:
tatsächlich, Sie könnten das, was gestern geschehen ist, geheim halten?«
    »Ich muss wohl. Ich hätte große Schwierigkeiten mit meinem Vater … und mit Daniel … Daniel würde einen fürchterlichen Streit mit Ihnen anfangen!«
    »Glauben Sie, er ist mir überlegen?«, fragte Heath versonnen.
    Das bezweifelte sie, wollte es ihm allerdings nicht eingestehen. »Mit Sicherheit. Er ist ein Kriegsheld, war Scharfschütze und hat einen ganzen Schrank voller Tapferkeitsorden.«
    »Ach.« Heath legte eine nachdenkliche Pause ein. »Wenn das so ist, sollten wir tatsächlich versuchen, unser Geheimnis zu wahren.«
    »Sie sind nicht im Geringsten um meinen Ruf besorgt. Ihnen ist nur daran gelegen, Ihre Haut zu retten!«
    »Ich fürchte, Sie haben Recht. Darum bemühe ich mich seit Jahren«, entgegnete er mit einem schiefen Lächeln, das Lucy zaghaft erwiderte, wobei sie ihn zum ersten Mal eingehender musterte. Er unterschied sich sehr von den Männern ihres Bekanntenkreises, sah zweifellos gut aus, strahlte jedoch etwas Ungezähmtes, Ursprüngliches aus, eine Wildheit, die seine tadellos geschneiderte, offensichtlich kostspielige Kleidung nicht zu verbergen vermochte.
    Er war sehr hoch gewachsen, unter dem weißen Hemd spannten sich breite Schultern. Seine eng geschnittenen grauen Flanellhosen ließen schmale Hüften und muskulöse Schenkel erkennen, als er in lässiger Haltung vor ihr saß.
    Schuldbewusst errötend wanderte Lucys Blick von seinen Schenkeln nach oben über seine Brust und Schultern zu seinem Gesicht. Zu ihrem Schreck las sie in seinem trägen Lächeln, dass ihm ihre indiskrete Musterung nicht entgangen war, die einer wohlerzogenen jungen Dame schlecht anstand.
    Seine Augen hoben sich lebhaft blau, ins Türkis spielend von seinem gebräunten Gesicht ab. Über seine linke Schläfe zog sich eine dünne Narbe bis zum Augenwinkel, wo sie in einem Faltenkranz verschwand, der sich vertiefte, wenn er lächelte. Diese Narbe unterstrich sein verwegenes Piraten Aussehen nur noch. Lucy wandte sich verlegen ab und rückte sich das Kopfkissen bequemer zurecht. Sofort war Heath zur Stelle und griff über sie hinweg nach dem zweiten Kopfkissen. »Hier. Ich stecke es Ihnen in den Rücken …«
    »Nein, das kann ich selbst.«
    »Sie rühren keinen Finger, haben Sie verstanden?«
    Er schob ihr einen Arm in den Rücken, hob sie mit sanftem Druck ein wenig hoch und schob ihr das Kissen unter.
    Lucy war sich sekundenlang seiner männlichen Kraft bewusst, wie lächerlich leicht es ihm fiel, sie hochzuheben.
    Ein angenehmer Duft entströmte seiner Haut und seiner Kleidung, ein frischer Duft nach Sauberkeit, Gesundheit und Vitalität. Ausgesprochen angenehm. Natürlich roch er nicht so gut wie Daniel, korrigierte sie sich augenblicklich in Gedanken, der sich sein Eau de Cologne aus New York kommen ließ.
    Nachdem Heath sie in die Kissen zurückgelegt und selbst wieder auf dem Stuhl Platz genommen hatte, wurde Lucy schlagartig bewusst, was ihn so gründlich von den Männern aus der Gegend unterschied. Er war glatt rasiert. Lucy war an Männergesichter mit Koteletten, Vollbart oder Oberlippenbärtchen gewohnt. An schmale, sorgfältig ausrasierte Schnurrbärte, wie Daniel ihn trug, oder Schnauzer mit gezwirbelten und gewachsten Spitzen, Kinnbärte oder Backenbärte, die von Kavallerieoffizieren bevorzugt wurden. Dieser Mann verzichtete auf jeglichen Gesichtsschmuck und bot dem Betrachter glatt rasierte Wangen und schön geschwungene Lippen. Der verräterische Gedanke schoss ihr durch den Kopf, wie es sich anfühlen würde, von einem Mann ohne kratzenden Schnurrbart geküsst zu werden. Du solltest dich schämen, Lucy Caldwell! schalt sie sich.
    »Gefällt Ihnen etwas besonders an mir?«, erkundigte Heath sich gedehnt.
    Plötzlich hatte sie keine Angst mehr vor ihm. »Sie sehen aus wie alle lang aufgeschossenen Südstaatler, soweit ich sehen kann.«
    »Wir im Süden sind eben hoch gewachsen. Ihr mickrigen Bewohner von Neuengland haltet euch zu viel in geschlossenen Räumen auf. Und ihr ernährt euch schlecht …«
    »Das stimmt nicht!«
    »Wenn man Fisch und Mehlsuppen gutes Essen nennt. In Virginia häufen wir uns richtige Portionen auf den Teller, nicht kleine Kleckse eingefärbter Paste, was ihr hier eine Mahlzeit nennt. Ein Häppchen hier, ein Häppchen da … Da muss ein gestandener Mann tagelang essen, ehe er von dem Zeug satt wird.«
    »Wie lange leben Sie bereits im Norden?«
    »Seit fast einem Jahr.«
    »Sie sehen nicht

Weitere Kostenlose Bücher