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Fight Club: Roman (German Edition)

Fight Club: Roman (German Edition)

Titel: Fight Club: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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normalerweise weine. Weinen ist leicht in der stickigen Dunkelheit, in den Armen eines anderen, wenn du siehst, dass alles, was du jemals erreichen kannst, als Abfall enden wird.
    Alles, worauf du stolz bist, wird auf den Müll wandern. Und ich verschwinde unter Bob.
    Seit einer Woche kommt das hier dem Schlaf am nächsten. So habe ich Marla Singer kennen gelernt.
    Bob weint, weil man ihm vor sechs Monaten die Hoden entfernt hat. Dann Hormontherapie. Bob hat Titten, weil seine Testosterondosis zu hoch ist. Wenn du den Testosteronspiegel zu sehr anhebst, erhöht dein Körper den Östrogenausstoß, um ein Gleichgewicht herzustellen.
    An diesem Punkt weine ich normalerweise, weil sich genau hier dein Leben auf ein Nichts reduziert, noch nicht mal ein Nichts, Vergessenheit.
    Zu viel Östrogen, und du kriegst Weibertitten.
    Es ist leicht, zu weinen, wenn dir klar wird, dass alle, die du liebst, dich zurückweisen oder sterben werden. Auf einer Zeitskala, die lang genug ist, fällt die Überlebensquote für jeden auf null.
    Bob liebt mich, weil er glaubt, dass man mir ebenfalls die Hoden entfernt hat.
    Mit uns im Kellerraum der Kirche Trinity Episcopal mit seinen Plüschsofas aus dem Wohlfahrtsladen befinden sich vielleicht zwanzig Männer und nur eine Frau, die alle paarweise aneinander hängen, und die meisten weinen. Manche Paare sind nach vorne gebeugt, die Köpfe Ohr auf Ohr aneinandergedrückt, so wie Ringer ineinander verhakt dastehen. Der Mann mit der einzigen Frau hat seine Ellbogen auf ihre Schultern gestützt, je einen zu beiden Seiten ihres Kopfes, ihren Kopf zwischen den Händen, und er weint an ihrem Hals. Die Frau dreht den Kopf zur Seite, und ihre Hand führt eine Zigarette zum Mund.
    Ich spähe unter Bobs Achselhöhle hervor.
    »Mein ganzes Leben«, weint Bob. »Warum ich überhaupt noch irgendwas tue, weiß ich auch nicht.«
    Die einzige Frau hier bei »Wir bleiben Männer«, der Selbsthilfegruppe für Hodenkrebs, diese Frau raucht ihre Zigarette unter der Last eines Fremden, und unsere Blicke treffen sich. Schwindler. Schwindler. Schwindler. Kurzes schwarzes Strubbelhaar, große Augen wie in japanischen Zeichentrickfilmen, magermilchdünn, blässlich wie Buttermilch, in dem Kleid mit dem Tapetenmuster aus dunklen Rosen: So war diese Frau auch am Freitagabend in meiner Tuberkulose-Gruppe. Sie war in meinem Hautkrebs-Gesprächskreis am Mittwoch. Montagabend war sie bei »In festem Glauben«, meiner Diskussionsgruppe für Leukämie. Der Scheitel in ihrer Haarmitte ist ein krummer Blitzstrahl weißer Haut.
    Wenn du dir diese Selbsthilfegruppen ansiehst, haben sie alle unbestimmt optimistische Namen. Meine Gruppe für Blutparasiten am Donnerstagabend nennt sich »Frei und klar«.
    Die Gruppe, in die ich wegen Gehirnparasitismus gehe, heißt »Nach oben und weiter«.
    Und Sonntagnachmittag, bei »Wir bleiben Männer« im Keller von Trinity Episcopal, ist diese Frau wieder da.
    Und was noch schlimmer ist: Ich kann nicht weinen, wenn sie mich beobachtet.
    Das wäre eigentlich jetzt meine Lieblingsstelle, von Bob gehalten zu werden und bar jeder Hoffnung mit ihm zu weinen.
    Wir arbeiten alle die ganze Zeit so schwer. Das hier ist der einzige Ort, an dem ich mich wirklich entspanne und fallen lasse.
    Das hier ist mein Urlaub.
    Zu meiner ersten Selbsthilfegruppe bin ich vor zwei Jahren gegangen, nachdem ich wieder einmal wegen meiner Schlaflosigkeit beim Arzt gewesen war.
    Seit drei Wochen hatte ich nicht geschlafen. Drei Wochen ohne Schlaf, da wird alles zu einer Erfahrung außerhalb deines Körpers. Mein Arzt sagte: »Schlaflosigkeit ist nur das Symptom von etwas tiefer liegendem. Finden Sie heraus, was tatsächlich nicht stimmt bei Ihnen. Horchen Sie auf Ihren Körper.«
    Ich wollte einfach nur schlafen. Ich wollte keine blaue Amytal-Sodium-Kapseln, die Zweihundert-Milligramm-Packung, ich wollte rot-blaue Tuinalkapseln, lippenstiftrote Seconal.
    Mein Arzt sagte, ich solle Baldrianwurzel kauen und mich mehr bewegen, irgendwann würde ich schon einschlafen.
    Mein Gesicht war angelaufen und verschrumpelt wie eine alte Frucht, man hätte mich für tot halten können.
    Mein Arzt sagte, wenn ich echtes Leid sehen wolle, sollte ich an einem Dienstagabend in First Eucharist vorbeischauen. Mir die Gehirnparasiten ansehen. Die degenerativen Knochenerkrankungen. Die organischen Gehirnstörungen. Mir ansehen, wie die Krebspatienten zurechtkommen.
    Also ging ich hin.
    In der ersten Gruppe, in die ich ging, gab es eine

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