Fight Club: Roman (German Edition)
Monate gebraucht, und nach drei Tagen hatte ich das Buch an W. W. Norton verkauft. Der Vorschuss war so winzig, dass ich keinem davon erzählt habe.
Keinem.
Sechstausend Dollar. Von anderen Autoren höre ich jetzt, ein solcher Betrag gelte als Aufforderung, sich nie mehr blicken zu lassen. Der so bezahlte Autor soll beleidigt das Weite suchen. Damit zieht sich der Verleger aus der Klemme, ohne seine Angestellten zu kränken, die das Buch eingekauft haben.
Immerhin sechstausend Dollar. Damit konnte ich ein Jahr lang meine Miete bezahlen. Also nahm ich das Geld. Und im August 1996 erschien die gebundene Ausgabe. Und ich ging auf Tournee durch drei Städte – Seattle, Portland und San Francisco –, wo zu meinen Lesungen nie mehr als drei Leute erschienen. Die Verkaufserlöse deckten nicht einmal ab, was ich im Hotel aus den Minibars trank.
Ein Rezensent stufte das Buch als Science fiction ein. Ein anderer nannte es eine Satire auf Robert Blys Buch über die Männerbewegung. Ein anderer nannte es eine Satire auf die Angestelltenkultur. Einige sprachen von Horror. Niemand sprach von einer Liebesgeschichte.
In Berkeley wurde ich in einem Radiointerview gefragt: »Was können Sie uns, nachdem Sie dieses Buch geschrieben haben, über den Status der amerikanischen Frau in der heutigen Welt sagen?«
In Los Angeles sagte ein Collegeprofessor im Radio, das Buch tauge nichts, weil es das Thema Rassismus ausklammere.
Auf dem Rückflug nach Portland beugte sich ein Flugbegleiter über mich und bat mich, ihm die Wahrheit zu sagen. Er sei der Meinung, in dem Buch gehe es gar nicht ums Kämpfen. In Wirklichkeit gehe es um Schwule, die sich in öffentlichen Dampfbädern beim Ficken zusehen.
Ich antwortete: Ja, klar, was sonst. Und bis zur Landung bekam ich von ihm Gratisdrinks.
Andere Rezensenten fanden das Buch abscheulich. Oder es war ihnen »zu finster«. Zu gewalttätig. Zu grell, zu schrill, zu dogmatisch. Die hätten lieber den »Scheunenbau-Club« gelesen.
Dennoch bekam es 1997 den Pacific Northwest Booksellers Award und den Oregon Book Award in der Sparte Roman. Ein Jahr später trat in der Literaturkneipe KGB in Manhattan eine Frau an mich heran und stellte sich als Leiterin der Jury für die Verleihung des Oregon Award vor. Sie sagte, sie habe mit Zähnen und Klauen gekämpft, um die anderen Juroren zu überzeugen. Gott segne sie.
Dann kamen Brad Pitt und Edward Norton und Helena Bonham. Seither haben mir tausende Menschen geschrieben, die meisten, um mir zu danken. Dafür, dass ich etwas geschrieben habe, das ihren Sohn wieder zum Lesen gebracht habe. Oder ihren Mann. Oder ihre Schüler. Andere schrieben mir ein wenig aufgebracht, die ganze Idee mit den Fight Clubs stamme von ihnen: Sie hätten das erfunden, in militärischen Ausbildungslagern oder in Arbeitslagern zur Zeit der Wirtschaftskrise. Da hätten sie sich betrunken und einander aufgefordert: Schlag mich. So fest, wie du kannst.
Fight Clubs hat es schon immer gegeben, sagen sie. Und es wird immer Fight Clubs geben.
Kellner werden immer in die Suppe pinkeln. Die Leute werden sich immer verlieben.
Heute, sieben Bücher später, werde ich immer noch von Männern gefragt, wo es bei ihnen in der Gegend einen Fight Club gibt.
Und immer noch werde ich von Frauen gefragt, ob es auch einen Club gibt, wo sie sich prügeln können.
Also, Regel Nummer eins des Fight Clubs heißt:
Eine ahnungslose Null aus Oregon hat nicht die geringste Vorstellung davon, was für Milliarden andere längst selbstverständlich ist…
In den Andendörfern Boliviens –übrigens ein Land, in dem das Buch noch nicht erschienen ist, einige tausend Meilen entfernt von dem betrunkenen Cowboy und seiner Spuktunneltour – kommen alljährlich die ärmsten Leute zusammen, um das »Tinku«-Fest zu feiern.
Dabei prügeln sich die
campesino-
Männer bis zum Umfallen. Betrunken und blutüberströmt, schlagen sie mit nackten Fäusten aufeinander ein und singen: »Wir sind Männer. Wir sind Männer. Wir sind Männer…«
Die Männer kämpfen mit Männern. Manchmal kämpfen auch die Frauen miteinander. Sie kämpfen, wie sie es seit Jahrhunderten getan haben. In ihrer Welt – kaum Einkommen, kaum Wohlstand, wenig Besitz, keine Bildung, keine Chance – freuen sie sich das ganze Jahr lang auf dieses Fest.
Wenn sie schließlich nicht mehr können, gehen die Männer und Frauen zur Kirche.
Und heiraten.
Müde sein ist nicht dasselbe wie reich sein, aber oft ist sich beides sehr ähnlich.
Chuck
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