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Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Titel: Final Cut - Etzold, V: Final Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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Wortlaut der Mail kam ihr in den Sinn.
    Ich bin mehr als all die dummen kleinen Kriminellen, die ihr jagt und irgendwann fasst. Diese naiven, schwanzgesteuerten Triebtäter laufen früher oder später in eure plumpen Fallen, weil sie nichts weiter sind als hirntotes, zuckendes Protoplasma. Ich aber bin mehr, ich bin größer, ich bin überall. Ich bin es, der euch die Fallen stellt.
    Er hatte ihr tatsächlich eine Falle gestellt, vielleicht sogar eine tödliche.
    »Der gute Ingo machte einen sehr gewöhnlichen Eindruck«, wiederholte der Mann. »Aber ich versichere Ihnen – das, was er mir erzählt hat, war selbst für meine Ohren ungewöhnlich. «
    Er ging ein paar Schritte auf Clara zu und blieb in der Mitte des Raumes stehen. »Wir sind alle nicht besonders gut darin, unsere Schuld zu bekennen. Wir sagen gerne, dass wir schuldig gewesen sind, aber wir sagen selten alles. Sie auch nicht – stimmt’s, Frau Vidalis? Oder haben Sie am letzten Mittwoch in der Sankt-Hedwigs-Kathedrale alles gesagt?«
    Er schaute sie erwartungsvoll an, während es Clara eiskalt durchfuhr. Die Beichte! Woher wusste dieser Kerl davon?
    » Wissen Sie noch, was ich zu Ihnen gesagt habe?«, fragte er. »Am Mittwoch vor der Marienstatue? Ich sagte, dass wahre Schönheit immer unnahbar sei.« Er nickte. »Und so ist es auch.«
    In diesem Moment traf Clara die Erinnerung mit der gleißenden Helligkeit einer Atomexplosion. Der große Mann, der mit ihr an der Marienstatue in der Sankt-Hedwigs-Kathedrale gestanden hatte. Das metallische Geräusch der Münze, die neben Clara in den Opferstock gefallen war. Seine Bewegungen, seine Geschmeidigkeit – genau wie bei diesem Mann. Die Haare blond und kurz geschnitten. Eine Brille aus mattem Edelstahl.
    Das kann nicht wahr sein, dachte Clara.
    Ingo M. hatte am Tag der Beerdigung ihrer Schwester neben ihr gestanden.
    Und dieser Mann hatte am Todestag ihrer Schwester, an dem sie, Clara, gebeichtet hatte, neben ihr gestanden.
    An dem Tag, an dem sie abends die Snuff-CD bekommen hatte.
    Von ihm.
    Dem Namenlosen.
    » Sie haben Ihre Schuld gebeichtet«, sagte er, »aber ich bin sicher, auch Sie haben nicht alles gesagt.« Er ging wieder ein paar Schritte zurück. »Wie Ingo M.« Er hob dozierend den Finger. Clara ertappte sich dabei, dass er sie ein wenig an MacDeath erinnerte. »Ingo M.«, fuhr er fort, »war ein Sadist, der seine Monstrosität zur Normalität gemacht hatte, aber vor der Welt verborgen hielt, sodass seine perversen Triebe in seinem Inneren vor sich hin faulten, bis sie irgendwann freigelassen wurden und die Umgebung mit ihrer Leichenfäulnis verpesteten.« Er schaute sie an. »Je schlimmer die Taten wurden, die er mir beichten sollte, desto härtere Maßnahmen musste ich ergreifen, damit er diese Taten auch wirklich bekannte. Denn ich wusste, sie waren da.« Er faltete seine großen Hände und ließ die Gelenke knacken. »Dass er von den Grabsteinen seiner Opfer Fotos aufgenommen hat, vor denen er zu Hause onanierte, hat er mir erst anvertraut, als ich ihn mit einer Kneifzange und einem Lötkolben ein bisschen gesprächiger gemacht habe.« Wieder ging er ein paar Schritte vor. »Doch ich wusste, da war noch etwas, tief in seinem Inneren, das herausmusste. Und erst nachdem ich seine Amalgamplomben unter Strom gesetzt habe, hat er mir erzählt, dass er Ihre kleine Schwester wieder ausgegraben hat. Und dass er Sex mit der Leiche hatte. Mehrmals.«
    Ein kurzes Lächeln des Namenlosen, so kalt wie das Ende des Universums.
    »Doch wir müssen es zu Ende bringen, Frau Vidalis«, sagte er und ließ Clara keine Zeit, über all das nachzudenken, während ein Chaos von Gedanken durch ihren Kopf wirbelte. »Sie sind meine Zuschauerin und Richterin, wie Sie vielleicht schon vermutet haben, aber ich werde nicht zulassen, dass Sie mein letztes heiliges Opfer stören. In fünfzehn Minuten werde ich Andira töten. Dann ist mein Werk vollendet.«
    Er blickte Clara fest in die Augen und verbeugte sich.
    »Ich werde Sie nicht töten«, fuhr er fort. »Aber ich werde auch nicht zulassen, dass Sie mir bei meinem heiligen Opfer in die Quere kommen. Sie hätten nicht herkommen dürfen, so wie ich es Ihnen geschrieben habe. ›Ihr wolltet mich fangen und werdet von mir gefangen. Und wenn ihr mich töten wollt, werdet ihr getötet.‹« Er ging zwei Schritte zurück. »Bei Ihnen wird es so sein wie bei Ingo. Ich selbst werde Sie nicht töten, sondern das Feuer. Das hier, Sie haben es vielleicht schon gerochen«, er

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