Fiona
Hand auf Miles’ Schulter. »Wir alle verlieren hin und wieder. Deshalb bist du nicht ein geringerer Mann. Vielleicht haßt dieses Mädchen alle Männer. Mit ihrem Bruder als Vorbild vor Augen… «
Miles schüttelte die Hand ab. »Sie ist verwundet! Tief verwundet! Nicht nur an ihrem Körper, der mit Blutergüssen und Schrammen bedeckt ist, sondern in ihrer Seele, um die sie eine Wand aus Haß und Zorn errichtet hat. «
Sir Guy hatte das Gefühl, als stünde er am Rand einer tiefen Schlucht. »Dieses Mädchen ist eine hochgeborene Lady«, sagte er leise. »Ihr könnt sie nicht gefangenhalten. Der König hat bereits Euren Bruder geächtet. Ihr dürft ihn nicht noch mehr herausfordern. Ihr müßt Lady Fiona ihrem Bruder zurückgeben. «
»Sie zu einem Ort zurückschicken, wo Frauen gemartert wurden? Dort hat sie gelernt zu hassen. Und wenn ich sie zurückgebe — was wird sie von den Montgomerys denken? Wird sie begriffen haben, daß wir nicht so böse wir ihr Bruder sind? «
»Ihr könnt nicht daran denken, sie hierzubehalten! « sagte Sir Guy entsetzt.
Miles schien darüber nachzudenken. »Es wird Tage dauern, bis jemand erfährt, wo sie steckt. Vielleicht kann ich ihr in dieser Zeit beweisen… «
»Und was halten Eure Brüder davon? « unterbrach Sir Guy ihn. »Sie erwarten Euch zu Hause. Es wird nicht lange dauern, bis Gavin herausfindet, daß Ihr Fiona Chatworth gefangenhaltet. « Er hielt inne und senkte die Stimme. »Das Mädchen wird nur Gutes über die Montgomerys sagen können, wenn Ihr sie unbeschädigt zurückgebt. «
Miles’ Augen funkelten. »Ich glaube, Fiona wird behaupten, sie habe mich mit der Axt gezwungen, sie zurückzugeben. « Er lächelte schwach. »Mein Entschluß steht fest. Ich werde sie noch ein Weilchen bei mir behalten - lange genug, um ihr zu beweisen, daß ein Montgomery nicht so ist wie ihr toter Bruder. Und jetzt muß ich zurück ins Zelt, und -« er lächelte breit - »meine kleine schmutzige Gefangene baden. Komm, Guy, schau nicht so finster drein. Es ist nur für ein paar Tage. «
Sir Guy folgte seinem jungen Meister stumm zurück ins Lager, doch er war sehr im Zweifel, daß Fiona Chatworth schon in ein paar Tagen erobert werden konnte.
Sobald Fiona Gewißheit hatte, daß Miles sich vom Zelt entfernte, lief sie zur entlegenen Wand, hob den schweren Stoff und sah Füße von Männern draußen. Sie spionierte nun an allen Wänden des Zeltes, doch da schien es keine Lücke zwischen den Füßen der Wächter zu geben. Es sah so aus, als hielten sie sich bei der Hand, um sich gegen den Angriff einer schwachen Frau zu schützen.
Sie kratzte sich ihren schmutzigen Kopf, als Miles mit zwei Eimern voll dampfend heißem Wasser zurückkam. Sogleich wurde ihr Rückgrat steif, während sie die Arme vor der Brust kreuzte. Als er sich neben sie auf die Koje setzte, sah sie ihn nicht an.
Erst als er ihre Hand nahm und sie mit einem warmen seifigen Lappen abrieb, betrachtete sie ihn. Nach einem kurzen staunenden Blick zuckte sie wieder von ihm weg.
Er faßte sie unter das Kinn und begann, ihr Gesicht zu waschen.
»Ihr werdet Euch viel besser fühlen, wenn Ihr sauber seid«, sagte er sanft.
Sie schlug seine Hand fort. »Ich möchte nicht, daß Ihr mich anfaßt. Entfernt Euch! «
Geduldig faßte er sie wieder unter dem Kinn und fuhr fort, sie zu waschen. »Ihr seid eine wunderschöne Frau, Fiona, und solltet stolz sein auf Euer Aussehen. «
Fiona sah ihn an und dachte, daß sie ihn jetzt hassen würde, wenn sie nicht schon Miles Montgomery verabscheut hätte. Er war ein Mann, der offensichtlich gewohnt schien, daß Frauen sich für ihn die Beine ausrissen. Er dachte, er müsse nur einer Frau unter das Kinn fassen, und schon würde sie vor Begierde nach ihm keuchen. Er sah gut aus, zugegeben, und seine Stimme war süß; doch viele Männer waren noch hübscher und hatten jahrelange Erfahrung mit Frauen - eine Reihe von solchen Männern hatte vergeblich versucht, Fiona zu verführen.
Sie sah in seine Augen, ließ sie schmelzen, und als sie sein kleines zufriedenes Lächeln sah, lächelte sie ebenfalls — und schlug dann ihre Zähne in seine Hand.
Miles war so verblüfft, daß es Sekunden dauerte, ehe er reagierte. Er packte ihr Kinn und grub die Finger so tief in ihre Wangenmuskeln, daß sie gezwungen war, ihren Mund zu öffnen. Offensichtlich noch immer verblüfft, bog er die Finger nach innen und betrachtete die tiefen Zahnmale in seiner Haut. Als er wieder in ihr Gesicht sah,
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