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Fischland-Rache

Fischland-Rache

Titel: Fischland-Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Kastner
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ich gerade heute gern pünktlich gewesen.«
    Â»Ach, Kassandra, so was Besonderes ist das hier ja nun auch wieder nicht. Ist doch bloß ein Buch«, sagte Jonas mit todernster Miene, die er aber nicht lange durchhielt, vor allem, weil Mona ihn in die Seite pikste und kicherte.
    Die beiden eines Tages an einem Tisch sitzen zu sehen, hätte Kassandra nicht für möglich gehalten. Ihre langjährige Freundin Mona lebte in Stralsund, war Inhaberin von »Kolbert Colliers«, einer Goldschmiede mit mehreren Filialen in Norddeutschland, und trug auch heute Abend anscheinend alles an sich, was keinen Platz mehr im Nachttresor gefunden hatte. Kassandras Nachbar Jonas, der einen Souvenirshop betrieb und im Sommer auf dem Saaler Bodden, dem flachen Binnengewässer auf der anderen Seite Wustrows, Zeesboot-Touren für Urlauber durchführte, war mehr von der bodenständigen Sorte und hatte nicht viel übrig für Glitzerkram und Mondänes. Aber Mona mochte er erstaunlicherweise.
    Â»Was soll das denn heißen: ›nur ein Buch‹?«, schaltete sich Paul jetzt gespielt empört ein.
    Â»Aber echt, das ist ja wohl unglaublich, wie kannst du so was nur denken, Pauls Roman wird garantiert wieder wochenlang auf sämtlichen Bestsellerlisten stehen, er wird sich vor Lesern kaum retten können, und wenn er endlich mal sein Pseudonym lüften würde, hätte Wustrow ganz offiziell noch eine Berühmtheit!«, bekräftigte Violetta wie gewohnt ohne Punkt und Komma, um anschließend in Monas Kichern einzufallen.
    Â»Lieber nicht, eine reicht vollkommen«, wehrte Paul schmunzelnd ab, bevor er sich an Jonas wandte. »Aber mit dem ersten Teil hat Violetta ganz recht, Jonas, alter Freund. Wenn du nicht bald den gebührenden Respekt an den Tag legst, kannst du deine Rechnung nachher selbst bezahlen. Und das wird nicht billig, wenn ich mir ansehe, was heute als Empfehlung des Tages auf der Karte steht.«
    Jonas machte ein erschrockenes Gesicht. »Verzeihung. Selbstverständlich wirst du den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und den Deutschen Buchpreis obendrauf gewinnen. Mindestens. Zahlst du nun meine Rechnung? Sonst muss ich gleich wieder gehen, ich fürchte nämlich, ich kann mir den Island-Heilbutt in … wie heißt diese Soße? Also, ich kann mir das nicht leisten.«
    Â»Weil du’s bist«, sagte Paul und lachte.
    Â»Jetzt zeig schon endlich«, forderte Mona ihn auf.
    Zögernd legte Paul ein gebundenes Buch, dessen Cover einen von Nebel verhüllten Strand mit Steilküste zeigte, auf den Tisch und sah dabei einen Moment lang aus, als wünschte er sich sehr weit weg. Kassandra konnte sich vorstellen, warum. Es lag ihm überhaupt nicht, Aufheben um sich und das, was er tat, zu machen. So wussten zwar in Wustrow viele, dass er als Alexander Hardenberg mehrere Romane über Menschen und die See geschrieben hatte, die tatsächlich allesamt auf der Bestsellerliste gelandet waren. Über die Grenzen des Fischlandes hinaus dagegen ahnte kaum ein Leser etwas von der wahren Identität Hardenbergs, und das sollte so bleiben, auch wenn Violetta das bedauern mochte. Pauls neues Buch, »Seegeflüster«, war eine Sammlung von Erzählungen, die er während der letzten Jahre verfasst und nun zwischen zwei Bänden einer Roman-Trilogie veröffentlicht hatte. Die heutige Feier dazu war Monas Idee gewesen, und hätte sie bei dem Vorschlag nicht so erwartungsvoll gestrahlt, hätte er ihn rundweg abgelehnt.
    Fast ehrfürchtig begutachtete sie jetzt Pauls neuestes Werk und reichte es dann an Violetta und Jonas weiter.
    Im Gegensatz zu den anderen hatte Kassandra das Buch schon in den Händen gehabt und schaute zu Paul. Er hatte sich zurückgelehnt und ließ seinen Blick durch das Restaurant schweifen. Sie sah, wie er plötzlich die Stirn in Falten legte und kurz darauf erstarrte.
    Â»Paul?«, fragte sie. Er reagierte nicht, und Kassandra war nicht sicher, ob das daran lag, dass es zu laut im Raum war und sie zu leise gesprochen hatte, oder ob er mit den Gedanken ganz woanders war. Unvermittelt fuhr er herum, schaute zur Tür, als würde er jemanden suchen. Kassandra folgte seinem Blick, sah jedoch nur noch den Zipfel eines dunklen Mantels, bevor die Tür endgültig zufiel.
    Â»Paul?«, fragte sie erneut und berührte seinen Arm. »Ist alles in Ordnung?«
    Sehr langsam wandte er sich ihr zu. »Ja.

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